Begriff 'exempla' bei Livius?

2 Antworten

Vom Beitragsersteller als hilfreich ausgezeichnet

In diesem Zusammenhang bedeutet lateinisch exemplum: Exempel, Probe, Beispiel, Muster, Modell, Vorbild (gutes Beispiel).

»Vorbild« bedeutet exemplum (Neutrum; Plural: exempla) aber nicht immer, sondern nur bei guten Beispielen, die nachahmenswert sind.

Es gibt auch schlechte Exempel. Sie können als warnende Beispiele dienen. Es wird dann dargestellt, was gemieden werden soll. 

Die Exempla-Literatur ist nicht eine auschließliche Darstellung von Vorbildern. Zwar enthält sie viele vorbildhafte Beispiele guter Einstellung, guten Verhaltens und Vorgehens, aber es kommt auch schlechte Einstellung, schlechtes Verhalten und Vorgehen vor.

Ein erhaltenes Werk der Exempla-Literatur ist Valerius Maximus, Facta et dicta memorabilia. Die Beispeile sind handbuchartig in Rubriken angeordnet. Dazu gehören z. B. auch Grausamkeit (crudelitas; Valerius Maximus, Facta et dicta memorabilia 9, 2) und Habgier (avaritia; Valerius Maximus, Facta et dicta memorabilia 9, 4).

Ein ähnlicher Begriff der griechischen Sprache wie exemplum in der lateinischen Sprache ist παράδειγμα (paradeigma).

vitia sind Fehler/Misstände/Untugenden/Laster. In einer Entgegensetzung dazu geht es bei exempla um Vorbilder/gute Bespiele.

Aufgrund der Wertschätzung der Tradition in der antiken römischen Gesellschaft sind mit den exempla maiorum Vorbilder gemeint. mos maiorum (Sitte/Brauch der Vorfahren) war ein wichtiger Bezugspunkt.

Bei Livius ist seine Absicht (Intention) in der Geschichtsschreibung vor allem moralisch und didaktisch (belehrend).

Für die Beurteilung sind Lebensführung, sittliches Verhalten und die Fähigkeit zu den Staat voranbringenden Leistungen maßgebend. Die römische Geschichte teilt er in einen Aufstieg zum Weltreich (imperium) durch militärische und moralische Stärke und einen durch sittlichen Verfall bedingten Niedergang (zunächst allmählich, dann ein jäher Sturz zur Krise der Gegenwart) ein. Dies ist typisch für eine moralische Geschichtschreibung. Die Gegenwart ist ein Tiefpunkt, in dem die Römer weder ihre Fehler/Misstände noch die Heilmittel dagegen ertragen können (nec vitia nostra nec remedia pati possumus).

Livius hält an der Geschichtsschreibung für besonders heilsam und nützlich, lehrreiche Beispiele (exempla) für gutes und schlechtes Handeln vorzuführen (die einen nachahmenswert, die anderen zu vermeiden). Die römische Geschichte zeichnet sich seiner Meinung durch einen besonders großen Vorrat an guten Beispielen und eine erst sehr späte Ausbreitung von Untugenden aus. Die Intention ist eine Handlungsorientierung, die von einer Rückbesinnung auf Tugenden und die Sitte der Vorfahren ausgeht.

Titus Livius, Ab urbe condita, praefatio 10:

hoc illud est praecipue in cognitione rerum salubre ac frugiferum, omnis te exempli documenta in inlustri posita monumento intueri; inde tibi tuaeque rei publicae quod imitere capias, inde foedum inceptu foedum exitu quod vites.

„Dies ist vor allem beim Erkennen der Dinge heilsam und fruchtbringend, dass du Dokumente/Lehren/ProbenZeugnisse jedes Exempels/Beispiels/Musters auf einem im Licht stehenden/in die Augen fallenden Monument/Erinnerungszeichen/Denkmal hingestellt anschaust; von dort kannst du für dich und deinen Staat fassen/ergreifen/entnehmen, was du nachahmen sollst, von dort, was du als häßlich/scheußlich/abscheulich in seinem Anfang und häßlich/scheußlich/abscheulich in seinem Ende/Ausgang meiden sollst.“

Livius meint also offenkundig nicht nur gute Beispiele (Vorbilder), sondern auch schlechte Beispiele, die zeigen, was gemieden werden soll.

Wenn z. B. Lucretia und Brutus in ihrer Einstellung und ihrem Verhalten vorbildhafte Beispiele geben, sind Lucius Tarquinius Superbus und Sextus Tarquinius schlimme Beispiele Gute Beispiele sind z. B. auch Horatius Cocles, Cloelia und Gaius Mucius Scaevola. Ein schlimmes Beispiel gibt Appius Claudius in seinem Verhalten gegenüber Verginia (Titus Livius, Ab urbe condita 3, 44 – 58).

Livius gehörte zu den moralisierenden Geschichtsschreibern.

D.h. die meisten historischen Prozesse führte er ursächlich auf moralische Entwicklungen zurück. Und diese belegte er an ausgewählten "historischen" Personen, deren Charaktereigenschaften exemplarisch für den von ihm beobachteten Prozess standen.

Bekannte Exempla:

  • Brutus
  • Lucretia
  • Romulus und Remus
  • Aeneas
  • ...

Exempla = Personen, deren Verhalten beispielhaft (positiv) war.

Hilft dir das weiter?