Autistische Freundin lieben?

anakinskyflyer  02.06.2024, 11:48

Woher weißt Du, dass sie sich im Spektrum befindet? Hat sie bestimmte Verhaltensweisen, ist zwar sehr individuell, aber man erkennt Besonderheiten

Simon6235 
Beitragsersteller
 02.06.2024, 12:04

Das weiß ich von ihrer Mutter. Sie selber zeigt bei mir kaum Auffälligkeiten. Allerdings reagiert sie etwas auf fremde Menschen sehr schüchtern, traut sich nicht zu reden usw..

anakinskyflyer  02.06.2024, 11:49

Wie habt ihr euch kennengelernt und wie alt seid ihr?

Simon6235 
Beitragsersteller
 02.06.2024, 12:05

Wir hatten uns übers Internet vor einem Jahr kennen gelernt. Treffen uns aber seit über 2 Monaten regelmässig. Haben auch schon einiges Unternommen. Ich 26, sie 21.

5 Antworten

Wenn ihr mindestens 24 Stunden zusammen seid, braucht sie danach diese Pause zur Erholung.

Soziale Kontakte sind für uns Autisten anstrengend, was sich sehr viele Neurotypische kaum bis gar nicht vorstellen können.

Ihre Sendepause hat also weniger mit dir als ihrem Bedürfnis nach "den Overload reduzieren" zu tun.
Gut möglich, dass sie dann einen Meltdown hat, den sie die ganze Zeit zurückhält, während ihr zusammen seid.

Es gibt "neurotypische" Fragen, die für uns Autisten nur schwer greifbar sind, weil zu abstrakt.
Was sollen wir darauf antworten?
Selbst wenn wir eine entsprechende Antwort darauf wüssten, könnte es passieren, dass diese eher auf der emotionalen Ebene wahrgenommen werden, obwohl es sachlich gemeint war.

Ergänzung:

Sie benimmt sich in deiner Gegenwart normal - verleugnet also praktisch ihr autistisches Ich.
Betreibt Masking - wahrscheinlich unter großen Anstrengungen - und du fragst dich, ob sie es ernstmeint, weil sie sich dann einige Tage nicht meldet.

Vielleicht solltest du sie besser dazu ermutigen, sie selbst zu sein.
Dann könnte es gut möglich sein, dass sie auch wieder die Kraft hat, zwischendurch auf dich zu reagieren.

Wieviel und vor allem was weißt du über Autismus?

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – ASS-Diagnose mit 50 / über 20 Jahren im Thema
Die Sache ist, sobald ich weggehe, ist zwischen uns Funkstille. Sie ist dann nicht mehr für mich erreichbar. Weder per Nachrichten noch per Telefon. Ich kann Sie so oft anrufen oder ihr schreiben, sie reagiert nicht.
die darauffolgende Funkstille treibt mich manchmal etwas an die nervliche Belastungsgrenze. 

Dann besprich das mit ihr beim nächsten Treffen.

Es kann sein, dass ihr das selber noch gar nicht aufgefallen ist, oder sie nach dem Treffen einfach Zeit und Ruhe für sich selber braucht, weil Autisten Reize anders verarbeiten als neurologisch normale Menschen. Autisten neigen zur Überreizung und zu Problemen bezüglich korrekter Interpretation und angemessener Verhaltensweisen bei der sozialen Interaktion.


Simon6235 
Beitragsersteller
 02.06.2024, 12:11

Danke für die Antwort. Ich hatte es bei unserem letzten Treffen mit ihr ganz langsam und ruhig besprochen. Ich habe ihr erklärt wie ich mich fühle und was ich denke und dass ich es toll finden würde wenn sie einfach nur mal einen lieben guten Morgen da lässt. Sie hat gesagt, dass sie das machen wird. Ich habe ihr auch gesagt, dass sie nur sagen soll, dass sie es machen möchte, wenn sie das auch tatsächlich macht und auch möchte. Sie hat gesagt, dass sie es versteht und das auch so macht und es okay für sie ist.
So, jetzt sind halt wieder zwei Tage vorbei und es erst Funkstille.

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orangade  02.06.2024, 12:46
@Simon6235

Keine Ahnung. Vielleicht hat sie die Absprache einfach vergessen.

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Simon6235 
Beitragsersteller
 02.06.2024, 17:32
@orangade

Kann sein, aber denke ich nicht. Sie ist ja nicht dumm oder geistig zurück geblieben. Und ich habe sie immer wieder darauf angesprochen, ob sie das macht und okay für sie ist. Aber das ist für Sie (orangade) sicher auch schwer einzuschätzen. Trotzdem vielen Dank für Ihre Hilfe. Und wenn Sie noch Ideen, Tipps oder Ratschläge haben, freue ich mich sehr von Ihnen zu lesen.

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Da kommt eben der Autismus raus wenn ihr euch verabschiedet . Da kannst ihr höchstens schreiben zB bin wieder gut zuhause angekommen oder so . Denke mal das sie wegen ihrem Autismus nicht antwortet, damit muß man sich eben auseinandersetzen.


Simon6235 
Beitragsersteller
 02.06.2024, 12:41

Das mach ich, aber da kommt nie was zurück. Sie ließt allerdings auch nicht die Nachrichten. Zumindest werden mir diese als ungelesen Angezeigt.
Das was mich stört ist, dass sie ihren „Freunden“ oft und meistens sofort schreibt/antwortet. Nur bei mir kommt nichts. Das ist höchst frustrierend.

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Lieber Simon,

kennst Du eine Autistin kennst Du nur eine Autistin!

Nach einem Treffen wird oft Ruhe benötigt, das kenne ich auch so. Es müssen nach einem Treffen keine Meltdowns oder Shutdowns auftreten, das passiert nur bei absoluter Reizüberflutung und Überforderung, dann sollte Ursachenforschung betrieben werden, gibt es Dinge die sie nicht handeln kann während der Treffen?

Allerdings kenne ich es so: es wird gefragt ob der/die Freund/in gut zu Hause angekommen ist, weil man sonst keine Ruhe hat bis Gewissheit herrscht (kommt auch auf die individuellen Ängste an, -- Ängste gehören u.a. zu den zahlreichen Comorbiditäten). Auch von sich selbst aus wird nach Treffen gefragt, sich auf Nachrichten gemeldet, aber da kann es zu Verzögerungen kommen von einigen Stunden bis Tagen, manchmal wird es dann auch ohne Böswilligkeit ganz vergessen, kommt vor, dann einfachnoch einmalhöflichnachfragen. Oder es ist umgekehrt und wird zu konkret und zu detailreich nanachgefragt. Auch kann es vorkommen, dass die Grenzen des anderen nicht eingeschätzt werden können und sich darum als Überkompensation entweder zu viel oder lieber gar nicht gemeldet wird, bevor man dann doch wieder zu viel für die andere Person ist!

Aber wie ich Dich verstehe, nimmt sie keinerlei Kontakt auf, mich wundert, wie es dann möglich war den Erstkontakt aufzubauen und wie weitere Treffen zustande kamen, irgendwann wird sie sich ja dann offensichtlich doch gemeldet haben?

Wie tritt sie mit ihren anderen "Freunden " in Kontakt?

Also, außer, dass Du noch einmal mit ihr sprichst, fällt mir wenig ein was ich Dir ganz konkret raten könnte.

Ohne Dir und ihr jetzt zu nahe treten zu wollen oder Dich verletzen zu wollen, drängt sich mir anhand Deiner Beschreibung ihres Umgangs mit ihren "Freunden" und auch mit Dir, die Frage auf, ob sie den Kontakt mit Dir weiterhin wünscht, wenn sie sich so ambivalent verhält? Es könnte doch sein, dass sie so eingeschüchtert ist, Dich nicht verletzen will, dass sie sich nicht traut das zu kommunizieren? Aber, natürlich sind das nur Vermutungen meinerseits.

Stelle ihr konkret die Frage, ob ihr den Kontakt aufrecht erhalten sollt, dass Du nicht böse sein wirst, wenn sie das nicht möchte und sie dann auch in Ruhe lassen wirst. Eine klare Antwort auf eine klare Frage und Du wirst am ehesten Gewissheit bekommen! Eventuell fürchtet sie auch die weiteren Erwartungen, welche eine konventionelle Liebesbeziehung konkret an sie stellen könnte.

Falls sie den Kontakt möchte, dann musst Du mit ihr im Detail ausmachen, wie ein sich bei einander melden aussehen sollte, das sie nicvt stresst. Manche Autistinnen brauchen da eine ganz klare Struktur (andere nicht) um es in ihren mitunter strikten Tagesablauf integrieren zu können. Meldest Du Dich zu unterschiedlichen Uhrzeiten oder wenn schon ein anderes Ritual auf ihrem Plan steht, stört das u.U. ihre Struktur. Viele Autistinnen mindern den Druck der ständigen Reizüberflutung durch eine rigide Alltagsroutine: z.B.: 9Uhr Aufstehen, zuerst Zähne putzen, dann wird der Rollo hoch gezogen bevor man unter die Dusche geht, weil man dann das Licht besser ertragen kann, wenn man schon etwas länger wach ist und das darum immer so macht.....12Uhr Mittagesssen, an Dienstagen gibt es immer Bratkartoffeln mit Salat und Ei, das Ei darf nicht zu sehr verrührt sein, weil die Konsitenz eventuellProblememacvt bei zu fester oder zu flüssiger Struktur....Manche autistische Menschen essen nur weisse Lebensmittel (oder eine andere Farbe, egal, meist im Kleinkindalter aber manche behalten Sowas bei, das ist jetzt wieder ein Einzelfall und zugegeben ein Extrembeispiel aber ich möchte damit nur die Individualität und ebenso die Besonderheiten in manchen Bereichen heraus streichen!)....etc. Es gibt Autistinnen die brauchen mehr Routinen als andere. Es kommt auch darauf an wie weit sie im Spektrum ist. Manche Autistinnen lernen nicht sprechen, nicht weil sie nicht intelligent wären, sondern weil sie in jedem gesprochenen Wort eine Abweichung hören zu dem selben Wort das kurz davor ausgesprochen wurde (versteht man was ich meine?),sie reden nicht weil sie können also nicht perfekt genug sein, also lassen sie es gleich ganz bleiben, auch das ein Extrem aber realistisch.Es gibt einen autistischen Mann der per Helikopterflug danach ganze Städte aus seinem Kopf zeichnen kann, nur weil er sie von oben sah, in allen Details...das zeigt wie stark die Wahrnehmung sein kann, in dem Fall nennt man das Inselbehabung, das hat nicht jede Autistin, aber manche und die Begabungen sind sehr individuell. Andere Autistinnen sind so hochgunktionell, dass sie keine Diagnose haben und sich unerkannt in Deinem Freundes und Bekanntenkreis befinden können!

Deine größte Hilfe könnte also zum einen ihre Mutter sein und zum anderen sehr klare Gespräche in denen ihr Deine Bedürfnisse klar gemacht werden und sie weiß, dass ihr freier Wille geäußert werden darf (also ihre Bedürfnisse die selbe Wichtigkeit haben) und sie die Situation jederzeit kontrollieren kann ohne negative Konsequenzen befürchten zu müssen. Der Aufbau von Vertrauen kann dauern. Ihre Mutter kann Dir helfen Struktur in die Kommunikation zu bringen: z.B.: wir melden uns bei einander jeden 2. Abend nach den Nachrichten, um 20:10Uhr 5 Minuten lang und beenden die Kommunikation nach 5 Minuten, vor dem Spielfilm um 20:15Uhr.....(auch wieder nur als Beispiel, bitte , es soll sich niemand angegriffen fühlen!)

Unterbrechungen von Routinen können Ängste auslösen. Eine Autismustherapie und eine systemische Therapie könnten unterstützend wirken. Eventuell sind Medikamente (Antidepressiva, Amphetamine o.ä.) notwendig. Aber das sollten Ärzte in einem Zentrum für seelische Gesundheit beurteilen oder ein guter Neuropsychiater.

Ich verstehe nicht, warum die Eltern oder Betreuer den Kontakt zu ihren destruktiven Freunden zulassen. Aber wie gesagt, ich kann nur anhand dessen urteilen, was Du schreibst und das ist zu wenig um die Komplexität der Situation in Gänze erfassen zu können.

Rede mit ihr, hol die Familie als Unterstützung mit ins Boot und stelle sicher, dass sich Deine Freundin auch wohl fühlt mit alledem!

Alles Gute

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Hast du bereits probiert einfach mit ihr Termine mal auszumachen an denen ihr miteinander redet wenn du nicht da bist?

Quasi klar mit ihr absprechen das ihr z.b. dienstags und donnerstags um 18 Uhr eine Stunde oder ne halbe oder so telefoniert.

So kann sie sich darauf einstellen und dann klappt das ggf auch schlichtweg besser.

Oder sie konkret nach einer lösung fragen. Marke: ich möchte mit dir unter der Woche kommunizieren. Wie können wir dieses Ziel erreichen?

Wie kommst du darauf das ihre Freunde problematisch sind? Was sind nach deiner Ansicht Hinweise darauf?


Simon6235 
Beitragsersteller
 02.06.2024, 12:38

Termine sind bei ihr schwierig, da sie sobald ich weg bin, nicht erreichbare ist. So etwas ähnlich hatte ich mal versucht. Ich war der einzige, der gewartet hatte.

Ich werde das aber nochmal mit ihr bei unserem nächsten Treffen besprechen und sie direkt nach einer Lösung fragen.

Ihre Freunde sind in meinen Augen problematisch, da sie nur ihre Zeit und Hilflosigkeit ausnutzen, ohne sie zu unterstützen. Die „Freunde“ nutzen sie als „Lückenfüller“, wenn ihnen langweilig ist. Da sie noch keinen Job hat (ich helfe ihr gerade das zu ändern) und sie sich auf die Jobsuche nicht wirklich fokussiert, ist sie im Prinzip den ganzen Tag unterwegs um sich mit Leuten zu treffen und irgendetwas Sinnloses zu machen. Ihre Mutter will sie in einem Monat aus der Wohnung raushaben. Soweit ich weiß, wissen alle, über ihre Situation, Zustand etc bescheid, trotzdem unterstützt oder ermutig sie keiner. Auch erzählt sie ab und zu von Freuden, die höchst unangemessene und gerade zu perverse Nachrichten versenden.

Auch wenn diese Freunde sie mal wohin einladen, muss sie Eintritt etc oft selber bezahlen. Erst laden sie sie ein und dann muss sie ohne Job, den Eintritt selber zahlen. Sie haben ihr schon paar mal den Ausweis geklaut, um sie zu erpressen, Einkäufe zu bezahlen usw. Durch ihre Krankheit ist sie leider in diesen Momenten so eingeschüchtert/verängstigt, dass sie dann beigibt, um der unangenehmen Situation zu entkommen. Einen verbalen Schlagabtausch hält sie nicht stand und körperlich wird nicht. Das nenne ich doch mal nette Freunde oder wie sehen Sie das?

Und so zieht sich das durch den ganzen Freundeskreis. Persönlich kenne ich nur einen, leider. Dieser ist eine widerwärtige Person, dumm, laut, faul und im höchsten Maße egoistisch.

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anakinskyflyer  06.06.2024, 17:51
@Simon6235

Autismus ist eine Neurodiversität und stellt eine gewisse Behinderung dar, weil die Barrierefreiheit nicht gegeben ist in unserer Gesellschaftsstruktur. Aber es ist keine Erkrankung sondern eine veränderte Hirnstruktur, die auch Vorteile haben kann 😊

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