Ausbildung trotz Abitur. Bin ich jetzt weniger wert?
Ich habe mein Studium abgebrochen (Kommunikationswissenschaften), da mir das Studium zu theoretisch war. Bin jetzt schon 21 und will jetzt natürlich etwas machen und auch abschließen. Als Studienfächer würde mich noch Literatur, Buchwissenschaften oder Theaterwissenschaften interessieren, jedoch habe ich Angst, dass mir diese Fächer dann auch nicht so gefallen, wie ich es mir vorgestellt habe. Vielleicht ist ja das Studieren an sich nichts für mich; das wissenschaftliche Arbeiten, keine Praxis etc.
Ich könnte dieses Jahr eine Ausbildung zur Krankenschwester machen, habe schon eine Zusage aber noch nichts unterschrieben. Hab das meiner Freundin erzählt, die nur meinte "Eine Ausbildung? Magst du nichts höheres machen, du hast doch Abitur." Der Satz hat mich erstmal richtig ins Stocken gebracht, sie selbst studiert Geschichte im Master.
Damit hat sie meine Zweifel schon angeschnitten. Auf der einen Seite, hat mir das Studium (Fach, Studium irgendwie an sich oder eben die Kombination aus beidem) nicht gefallen und mich würde die Krankenpflege auch interessieren aber auf der anderen Seite wollte ich doch schon immer studieren und erfolgreich sein, viel erleben und nicht immer in einer Situation verharren. Das war immer mein Ziel und ich bin dabei gescheitert. Jetzt einen Beruf zu erlernen, der solche schlechten Bedingungen hat (Pflegenotstand, 7 oder mehr Tage am Stück arbeiten..) erscheint mir zum einen vernünftig, da ich denke, dass ich eine Ausbildung besserdurchziehen kann, aber auch echt erschreckend. Denn dann hätte ich meinen Traum zu studieren, nie erfüllt und wer studiert denn schon nach einer Ausbildung? Da wäre ich 25 und man mag doch dann auch selbst für sich sorgen können, mit dem Freund zusammen ziehen und nicht nochmal was neues anfangen.
Soll ich mich noch für die Uni bewerben, Theater hat mir in der Schule schon immer am meisten gefallen, oder soll ich realistischer an die Sache rangehen?
Was meint ihr? Definiert, was ich mache, mich so sehr? Oder nur wie ich bin?
Antworten, wie auch Umfrage ist beides gerne erwünscht :)
24 Stimmen
18 Antworten
Geh halt zu einer Fachhochschule. Da hast du mehr Praxis. Unis sind in den meisten Fällen überbewertet. Jeder meint, nach dem Abitur müsste man zur altbewährten Universität, wenn eine FH je nach Person sogar die wesentlich bessere Entscheidung wäre. Dort kann man auch Bachelor und Master machen.
Entscheide *du* für *dich*. Der Spruch, man müsse zwingend studieren, weil man Abi hat, ist völlig unsinnig und auch fern der Realität.
Die Grenzen zwischen Ausbildung und Studium verschwimmen zunehmend. Mit "erfolgreich sein" hat dies auch nichts zu tun. Man kann mit einem Studium oder einem Beruf erfolgreich sein - oder eben auch nicht.
Es gibt hochanspruchsvolle Berufsausbildungen, in die man teilweise ohne mindestens Fachhochschulreife oder gar Abitur gar nicht hineinkommt. Man kann sich auch über den Beruf fort- und weiterbilden, sich zu spezialisieren, teilweise auch nebenberuflich studieren - gerade als Krankenschwester gibt es doch einige Möglichkeiten.
Mit der Ausbildung hast du jedenfalls einen sicheren, krisenfesten Job - das wäre bei Buch- oder Theaterwissenschaften sicher nicht der Fall. Und auch hier: Das wird ein theoretisches Studium sein, mit "Theaterspielen" oder "Bücher lesen" hat dies nur wenig zu tun. Schau dir auf jeden Fall die Modulpläne an.
Hast du mal deine Freundin gefragt, was sie mit "Geschichte im Master" anfangen will? Die Stellen mit Fachbezug sind da sehr rar gesäht.
Es kann gut sein, dass sie auch nur einen Sachbearbeiterjob bekommt, den jemand mit "nur" einer Ausbildung ebenso gut (und vielleicht aufgrund der Praxiserfahrung sogar besser) ausfüllen könnte.
Hast du ein Praktikum im Krankenhaus gemacht? Das fände ich *auf jeden Fall* sinnvoll.
Da du ja schon einen Ausbildungsplatz so gut wie sicher hast, würde ich diese Chance nutzen. In der Zeit entwickelst du dich ja auch wieder weiter und hast dann immer noch die Möglichkeit zu studieren, wenn es dann immer noch dein Weg ist.
Gruß
Deine Freundin geht ja mal gar nicht.
Natürlich solltest Du die Ausbildung machen. Das bringt Dir Null Nachteile und jede Menge Vorteile:
- Du kannst (bei der Berufswahl) davon ausgehen, dass Du nach der Ausbildung übernommen wirst und hast somit bereits einen Job.
- Du hast als Krankenschwester jede Menge Fortbildungsmöglichkeiten, du kannst also weiter an Dir arbeiten
- selbst ein berufsbegleitendes Studium im medizinischen Bereich ist möglich (wenn auch nicht einfach), Dein Abitur ist ja nicht weg
- und wenn Du nach der Ausbildung doch studieren willst, dann mach es halt, auch die Ausbildung ist dann ja nicht 'gelöscht' und gibt Dir vielleicht die Möglichkeit besser bezahlte Jobs in den Semesterferien zu bekommen
mein abschliessender Rat; trage für 2039 (in 20 Jahren) schon mal einen Termin in Deinen Kalender und vergleiche dann wo Du stehst mit dem was Deine Freundin dann macht.
Vorsicht! Du musst vom Beruf her denken: Was willst du mit Literatur oder Theaterwissenschaften anfangen??? Du müsstest zu den absoluten Spitzenleuten gehören, damit da VIELLEICHT eine akademische Karriere möglich wäre, aber selbst da gibt es SEHR wenige Stellen. Auch die Freundin muss schauen, was sie mit Geschichte anfängt. Außerhalb Lehramt: Da gibt es so gut wie NICHTS!
Diese Fächer sind wunderbar, glaube mir, ich liebe sie. Aber ohne konkrete Berufsperspektive würde ich abraten, sie ins Blaue hinein zu studieren. Buchwissenschaften? Wenn, dann gleich Richtung Bibliothekarin gehen!