Arm und Reich - Klasse 5

3 Antworten

Hallo kosmopolit,

warum zeigst Du nicht armes und reiches Kind aus Deutschland?
Warum gibt es in diesem reichen Land auch arme Kinder?
Hat das nur mit der finanziellen Lage der Eltern zu tun oder auch mit ihrer Einstellung zum Leben?
Warum reicht das Geld für Schnaps und Zigaretten, aber nicht für das Pausenbrot des Kindes?
Warum bekommen so viele Kinder keine Liebe, obwohl die ganz umsonst ist?
Ich weiß nicht ob das in Dein Thema passt, ich finde nur, daß man für "Arm und Reich" erst mal vor der eigenen Haustür kehren sollte. ((-:

Ich würde es nur nicht auf solche "Einzelfälle" beschränken sondern auch das strukturelle dahinter, dessen Ergebnisse solche "Einzelfälle" sind.
Denn diese Zustände herrschen nicht in kindlicher simplistischer Logik wie 'weil Menschen "böse" sind', sondern weil das in der Natur unseres Systems liegt.

Vor kurzem kam auch diese Studie der Oxfam heraus nach der die reichsten 85 Leute das gleiche Vermögen wie die ärmsten 40% der Welt besitzen: http://www.oxfam.org/en/policy/working-for-the-few-economic-inequality
Und dass etwa 1 Billionen Menschen hungern & 2,5 millionen Kinder pro Jahr an Hunger sterben: en.wikipedia.org/wiki/Hunger


Diedda  03.02.2014, 22:45

*meinte natürlich 1 Milliarde (billion ist englisch)

0

Das Thema „arm und reich“ ist so alt wie die Menschheit. Schon vor 2000 Jahren wurde es thematisiert und die Frage, wie damit umzugehen ist. Dazu empfehle ich die Bibel (NT). Da gibt es eine Stelle, die nicht gerne gelesen wird, weil die Worte des Welterlösers Jesus geradezu desillusionierend sind. Mit dem Thema, dass wir in dieser Welt (nicht im neuen Jerusalem) IMMER ARME UM UNS HABEN WERDEN, macht Jesus seine Ansicht deutlich, dass Armut ein nicht zu lösender Bestandteil dieser unerlösten Welt ist. Hier der Auszug aus Markus – Kapitel 14:

"Der Plan der Hohenpriester und Schriftgelehrten*

1 Und nach zwei Tagen war Ostern (wörtlich: Passa. Luther hat im Neuen Testament Passa mit Ostern wiedergegeben) und die Tage der süßen Brote. Und die Hohenpriester und Schriftgelehrten suchten, wie sie ihn mit List griffen und töteten. 2 Sie sprachen aber: Ja nicht auf das Fest, daß nicht ein Aufruhr im Volk werde!

Die Salbung in Betanien

3 Und da er zu Bethanien war in Simons, des Aussätzigen, Hause und saß zu Tische, da kam ein Weib, die hatte ein Glas mit ungefälschtem und köstlichem Nardenwasser, und sie zerbrach das Glas und goß es auf sein Haupt. (Johannes 12.1-8) 4 Da waren etliche, die wurden unwillig und sprachen: Was soll doch diese Vergeudung? 5 Man könnte das Wasser um mehr denn dreihundert Groschen verkauft haben und es den Armen geben. Und murrten über sie.

6 Jesus aber sprach: Laßt sie mit Frieden! Was bekümmert ihr sie? Sie hat ein gutes Werk an mir getan. 7 Ihr habt allezeit Arme bei euch, und wenn ihr wollt, könnt ihr ihnen Gutes tun; mich aber habt ihr nicht allezeit. (5. Mose 15.11) 8 Sie hat getan, was sie konnte; sie ist zuvorgekommen, meinen Leib zu salben zu meinem Begräbnis. 9 Wahrlich, ich sage euch: Wo dies Evangelium gepredigt wird in aller Welt, da wird man auch das sagen zu ihrem Gedächtnis, was sie jetzt getan hat.

Der Verrat des Judas

10 Und Judas Ischariot, einer von den Zwölfen, ging hin zu den Hohenpriestern, daß er ihn verriete. 11 Da sie das hörten, wurden sie froh und verhießen, ihm Geld zu geben. Und er suchte, wie er ihn füglich verriete.*"

Jetzt steht die Story mit dem Weib und ihrem teuren Nardenwasser genau am Anfang der Passionsgeschichte! Damit machte in der Antike ein Schriftsteller deutlich, das das eine Schlüsselstelle zum Verständnis des Leidens und Sterbens ist und somit der „göttlichen Erlösung“. Wenn man sich den Text daraufhin genau durchliest, entdeckt man, dass da zwei Gruppen sind, die gegen die Verschwendung des „Weibes“ mosern.

Da sind einmal die Tempeloberen, die Jesus an den Kragen wollen. Unter der „politischen Maske der Sorge um die Armen“ wollen sie moralisch emotionalisiert die Menschen gegen Jesus aufbringen. Tatsächlich aber ist das moralische Getue nur Tarnung, Jesus politisch aus dem Weg zu räumen. Selbst sind diese Herrschaften ja nicht arm und sie trifft Jesu Wort: Wenn ihr euch so moralisch gebt, dann habt ihr jederzeit Gelegenheit, von eurem Reichtum zu teilen. Das geht gegen die, die ironisch bemerken: Man muss ja nicht arm sein, um gegen Armut zu sein (Lafontaine).

Doch das ist nicht die ernsthafteste Warnung. Wir wissen ja, dass zur Jüngerschaft Jesu auch ehemalige? Zeloten (jüdisch-religiöse Befreiungsbewegung) gehörten (Simon der Zelot, die Gewaltbereiten unter den Zeloten, die Terroristen, waren die SIKARIER (Dolchmörder), wovon sich wahrscheinlich der Name ISKARIOT ableitet), die davon träumten, dass die Erlösung der Welt durch Jesus jetzt und mit Gewalt geschieht. Für sie ist Armut das äußere Zeichen der Unerlöstheit dieser Welt. Das ist die zweite Gruppe, denen Jesu Passivität gewaltig gegen den Strich geht. Und siehe da, diese unscheinbare Geschichte ist die Eingangsstory und Begründung, dass direkt danach Judas Iskariot, der Verräter zu den Tempelgewaltigen läuft, um seinen Verrat anzubieten. Wollte er durch diese Tat etwa Jesus dazu zwingen, „Farbe zu bekennen“ und auf die Gewalt der Römer und Tempeloberen mit der gewaltsamen Erlösung zu beginnen? Was sagt uns diese seltsame Aufeinanderfolge der Geschichten?

Ich interpretiere diese Abfolge, dass, wer in der unerlösten Welt als Mensch mit Gewalt die Erlösung (einschließlich der Befreiung von Armut) herbeizwingen will, Gottes Heilsplan durchkreuzt. Armut ist das Ergebnis „nicht erlöster Menschen“ – sagt die Bibel. Darum hat man die ersten Christen offensichtlich als „Erlöste“ daran erkannt, dass sie alles geteilt haben (was aber nicht lange durchzuhalten war). Was kann man auch als „Nicht-Gläubiger“ aus dieser sehr alten Geschichte herauslesen?


berkersheim  01.02.2014, 12:52

Fortsetzung:

Wir können gerne von unserem „Reichtum“ in Europa (vorausgesetzt, es gäbe hier keine Armut) nach Afrika spenden. Doch die die Armut begründenden zwischenmenschlichen Beziehungen (politische, ökonomische, stammesgeschichtliche) in Afrika ändern wir dadurch nicht. Wir haben nicht mal die Kontrolle darüber, dass sich die Reichen in Afrika die Spenden für die Armen unter den Nagel reißen und bei Schweizer Banken anlegen. Und wenn wir dann guten Willens noch alte Klamotten nach Afrika spenden, verschenken wir zwar Verwendbares, aber ruinieren die Wirtschaftsgrundlage der Kleidererzeugenden Handwerker. Und wenn wir hier nur nach den billigsten Jeans schauen, fördern wir den Umsatz von Unternehmen, die in Afrika für‘ n Appel und Ei die Jeans zusammennähen lassen. Die meisten – auch relativ armen – Verbraucher hier in Europa ahnen doch gar nicht, welche Konsequenzen ihre „Billigheimerei“ im Rest der Welt nach sich zieht.

0