Akademiker und Kommunisten?

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Naja, der entscheidende Faktor für deine Klassenzugehörigkeit im Marxismus ist eigentlich nicht dein Einkommen, sondern der Modus in dem du dieses Einkommen generierst.

Bourgeois und petit Bourgeois: Wer sein Einkommen durch den Besitz von Produktionsmitteln oder Finanzkapital und damit direkt oder indirekt durch die Ausbeutung von Lohnarbeitern generiert.

Proletariat: Wer sein Einkommen durch Lohnarbeit bzw. Eigenleistung generiert.

Akademiker generieren ihr Einkommen durch Eigenleistung, ergo Arbeiterklasse.

Du kannst im Übrigen gerne Nachfragen, falls ich was näher ausführen soll.


8775chris  11.07.2024, 18:55

Diese linken pseudokapitalisten diese intellektuelken und professoren sind einfach ekelhafte parasiten. Soe widersprechen igrer eigenen sozialistischen philosophie, indem sie nur auf kosten der allgemeinheit in institutionen sitzen und grosses gehalt abkassieren, das marktwirtschaftler verdient haben. Merkst du das nicht?

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IanGaepit  19.08.2023, 19:53

Danke für den Stern.

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Wootbuerger 
Beitragsersteller
 18.08.2023, 21:31

von dem ansatz hab ich auch gelesen.
die "neue ausrichtung" der arbeiterklasse als arbeitnehmer.

das problem das ich halt sehe ist diese gigantische schere zwischen reich und arm.
nehmen wir mal einen studierten ITler der ja eigentlich open end beim gehalt hat und eine frisörin die sich kaum eine wohnung in einer großstadt leisten könnte.

in dem fall wär doch der ITler dennoch fein raus, trotz arbeiterklasse.

wie verhält sich das denn mit teamleitern oder abteilungsleitern?
das sind ja im grunde auch arbeitnehmer, die aber ihre angestellten "nutzen" um umsatz zu generieren und arbeit deligieren.

oder gilt der begriff bourgeoisie tatsächlich nur für unternehmer bzw. firmeneigner die irgendwas produzieren?

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IanGaepit  19.08.2023, 08:32
@Wootbuerger
die "neue ausrichtung" der arbeiterklasse als arbeitnehmer.

Nun, neu ist diese Ausrichtung jetzt nicht unbedingt. Wie gesagt, schon Marx selbst Teilt die Klassen so ein. Lediglich der Aspekt mit dem Finanzkapital den ich auch erwähne kam von späteren Theoretikern (Hilferding, Lenin.)

Hier Beispielsweise spricht Lenin über die russische Intelligenzija:

Die intellektuellen Kräfte der Arbeiter und Bauern wachsen im Kampf gegen die Bourgeoisie und ihre Helfershelfer, die so genannten Intellektuellen, die Lakaien des Kapitals, die sich als Gehirn der Nation wähnen. In Wirklichkeit sind sie doch nur der Unrat der Nation

Ist natürlich aus dem russischen übersetzt, aber er bezeichnet die Intellektuellen klar als Helfershelfer und Lakaien, nicht selbst als Bourgeois.

nehmen wir mal einen studierten ITler der ja eigentlich open end beim gehalt hat und eine frisörin die sich kaum eine wohnung in einer großstadt leisten könnte.
in dem fall wär doch der ITler dennoch fein raus, trotz arbeiterklasse.

Nun, dafür gibt es einen eigenen Begriff. Die sogenannte Klassenkollaboration. Durch den höheren materielle Stand der im Beispiel dem ITler zugestanden wird, wird der ITler zwar nicht selbst Bourgeois, aber er neigt dazu, anstatt die Klasseninteressen die er mit der Friseurin Teilt zu vertreten, sich auf die Seite der Bourgeoisie zu schlagen. Eine ähnliche Situation haben wir z.B. auch mit Polizisten, aber ja auch in der Akademik.

Nur trifft der Begriff Klassenkollaborateur zumindest im Individualfall offensichtlich nicht auf einen marxistischen Akademiker zu. Dieser handelt ja trotz gutem Gehalt im Interesse seiner eigenen, der Arbeiterklasse.

wie verhält sich das denn mit teamleitern oder abteilungsleitern?
das sind ja im grunde auch arbeitnehmer, die aber ihre angestellten "nutzen" um umsatz zu generieren und arbeit deligieren.

Nun ist gibt den modernen Ansatz, dass sich heutzutage zwischen der Arbeiterklasse und Bourgeoisie ein weitere sogenannte "Managementklasse" entwickelt hätte, die ihre eigenen Klasseninteressen verfolgt, meist aber mit der Bourgeoisie alliiert ist. Ich weiß persönlich zu wenig über diesen Ansatz um ihn zu akzeptieren oder zu verwerfen.

Aber unter diesem würden Team- und Abteilungsleiter in diese "eigene Klasse" fallen.

oder gilt der begriff bourgeoisie tatsächlich nur für unternehmer bzw. firmeneigner die irgendwas produzieren?

Mehr oder weniger ja. Er schließt allerdings auch z.B. Bänker usw. mit ein.

Es gibt dann noch die Unterkategorie der petit Bourgeoisie. Unter diesen Fallen z.B. Restaurantbesitzer, die Angestellte haben, oder Vermieter.

Neben der "Managementklasse" wird auch das Beamtentum manchmal als eigene Klasse verstanden, die über eigene Interessen verfügt.

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Studiert zu haben ist nicht gleichzusetzen mit Gutverdiener zu sein. Vor 100 Jahren war höhere Bildung tatsächlich weitghend ein Privileg der adeligen und bürgerlichen Eliten, und die Studenten waren deshalb auch die Speerspitze der Reaktion, z.B. als sie massenhaft den frühfaschistischen Freikorps zuliefen, die nach dem ersten Weltkrieg die Novemberrevolution und andere Aufstände niederschlugen.

Schon damals gab es aber die Tendenz, dass Aufgaben in der Verwaltung, Entwicklung und Forschung an Bedeutung zunahmen und es deshalb immer mehr studierte Kopfarbeiter gab, während die Handarbeit in Industrie und Handwerk langsam an Bedeutung verlor. Heute ist diese Entwicklung bereits sehr weit vorangeschritten. Kopfarbeiter werden zwar generell besser bezahlt als die meisten Handarbeiter, auch unter Kopfarbeitern gibt es aber Arbeitlosigkeit, schlechte Arbeitsbedingungen und prekäre Arbeitsverträge.

Davon abgesehen haben Akademiker auch die Möglichkeit, sich über gesellschaftliche Zusammenhänge zu informieren und über Ungerechtigkeiten zu empören, ohne selbst am schlimmsten von ihnen betroffen zu sein. Viele Wissenschaftler, Künstler und Schriftsteller sympathisierten schon immer mit dem Sozialismus, auch wenn für sie wegen ihrer kleinbürgerlichen Klassenzugehörigkeit individualistische und anarchistische Ideen oftmals naheliegender waren als marxistische und kommunistische.

Zuletzt muss man auch noch den Generationenaspekt beachten. Wer am Ende des 20. Jahrhunderts geboren wurde, hat sein Leben lang nur Krisen, Entfremdung, Wohnungsnot und wirtschaftliche Unsicherheit erlebt und ist deshalb offener für antikapitalistische Ideen als die Nachrkriegsgenerationen, die tatsächlich noch eine Chance auf sozialen Aufstieg hatten und soziale Absicherungen hatten.

Trotz alledem sind junge Leute und Akademiker nicht zwangsläufig links eingestellt und auch die akademische Linke ist größtenteils nicht marxistisch orientiert, sondern oft linksliberal und postmodern. Postmoderne Theorien schüren die Vorstellung, dass Ungerechtigkeit durch individuelle Selbstverbesserung und Sprachkritik überwunden werden kann und bietet keine gesellschaftliche Perspektive oder kollektive Handlungsmöglichkeiten. Da sie deshalb im Gegensatz zum Marxismus keine Bedrohung für den Kapitalismus darstellen, werden sie zunehmend in die herrschende Ideologie integriert und postmoderne Lehrstühle und Studiengänge werden gefördert, während man Marxismus an den meisten Hochschulen vergeblich sucht.

Außerdem ist es auch gewagt, von der Zugehörigkeit zur Partei die Linke auf eine kommunistische Gesinnung zu schließen. Die Linke ist den Inhalten nach eine sozialdemokratische Partei, die ebenso wie die SPD und die Reformkommunisten vor ihr ihre Ideale der Realpolitik geopfert hat.


8775chris  11.07.2024, 18:58

Anarchismus ist ebenfalls eine linke ideologie, man kann anarchis,us auch als version, spielart des sozialismus sehen. Eigentlich sind alle linken ideologien progressivismusformen. Wollen den jetzzustand dauernt verändern und in ihren augen verbessern optimieren... was denkst du? Warum tust du so, als wäre anarchismus etwas völlig anderes als sozialismus? Ist er gar nicht ...

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Wootbuerger 
Beitragsersteller
 21.08.2023, 13:18

jo klar, es gibt natürlich auch studiengänge bei denen nicht das große geld winkt und sicherlich ist auch nicht jeder akademiker eher links (burschenschaften *hust*). das kann man bei der menge an studenten auch kaum genau feststellen. dennoch gabs ja die 68er bewegung und ich kann mir vorstellen in so manchen studiengängen sind linke eher vertreten als rechte oder konservative etc.

ich persönlich bin halt arbeiter, so wie meine eltern und großeltern. abitur gabs nicht in meiner familie und jedes mal wenn ich unter nem hauffen studenten sitze und ich gefragt werde was ich mache fühl ich mich hart verarscht wenn mir ein "ach toll! ausbildungen gemacht und fleissig am arbeiten!" höre während die herren bis anfang 30 lernen. :D
da fängt eben meine skepsis an inwiefern solche leute sich mit den problemen eines arbeiters ernsthaft identifizieren können. ich hab so das gefühl die linke politik konzentriert sich nicht mehr auf das wesentliche sondern debattiert über das korrekte pronomen. :S
aber das nur so nebenbei, wie ich persönlich die sache sehe. das hat jetzt wenig mit der frage an sich zu tun.

in meinem bekanntenkreis hab ich auch so manche kommunisten, die die linke wählen weil damit die besten chancen verbunden werden.
ungefähr so wie ehemalige NPDler mittlerweile AFD wählen, weil die AFD eben wesentlich mehr erfolg hat.
letztes jahr war ich auch mal auf einer weihnachtsfeier (oder jahresabschlussfeier?) der linken (in einem parteibüro) und da wurde dann eben mal "auf auf zum kampf" gesungen und der rosa luxemburg die hand gereicht, die ja immerhin die KPD gegründet hat.
auch werden parteinahe organisationen vom verfassungsschutz beobachtet.

so heissts z.b. vom VV ba-wü: "Innerhalb der Partei nehmen mehrere offen extremistische Strömungen und Zusammenschlüsse Einfluss auf politisch-programmatische Entscheidungen sowie auf die Zusammensetzung des Bundesvorstands. Sie verfolgen das Ziel, die bestehende Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung durch ein sozialistisches bzw. kommunistisches System zu ersetzen. Aus diesem Spektrum sind in Baden-Württemberg insbesondere der Jugendverband „Linksjugend [’solid]“ und der „Sozialistisch-Demokratische Studierendenverband“ (DIE LINKE.SDS) aktiv."

oder das hier von der rosa luxemburg konferenz (offensichtlicher name?) von 2011: "Wir stellen uns hinter die Parteivorsitzende und begrüßen ihren positiven Bezug auf den Kommunismus als Fernziel der Partei. Denn es entspricht auch unserem langfristigen Ziel: eine demokratische Weltgesellschaft ohne Klassen und Staaten, ohne jede Form von Ausbeutung und Unterdrückung – eine kommunistische Gesellschaft eben."

also wenn ich sowas alles unter den tisch kehre dann gibts auch keinen rechten flügel in der AFD. :D

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Lies dir mal Ted Kaczynkis Manifest durch; da heißt es, dass linker Aktivismus im Grunde nur eine Sinnsuche (Surrogate Activity) ist. Dass gerade reiche Leute sich einen eigenen Sinn im Leben machen müssen, weil es ihnen an nichts fehlt, und sie damit bei Aktivismus landen, durch den sie sich so fühlen können, als würden sie etwas im Leben erreichen, ergibt für mich total Sinn.

Arme Leute haben keine Zeit, sich für eine Änderung der Gesellschaftsform einzusetzen und Parolen zu rufen, weil sie mit ihren persönlichen Hürden zu kämpfen haben. Sprich, sie brauchen keine seltgemachte Surrogate Activity für ihr Leben.


8775chris  11.07.2024, 19:01

Hat das leben einen sinn? Woher weisst du das? Welchem sinn hat denn dein Leben als Atomhaufen? Als zufallsprodukt einer rehe von unfällen? Du weisst schon, aus darwinischer-nihilistischer-evolutionistischer Perspektive... die Natur selbst kennt keinen Sinn und Zweck und keine Absicht.

Ausser, es gibt einen Natur-Macher, aber ...

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Nur weil man Akademiker ist heißt das nicht, dass man sich selbst für etwas besseres hält. Einige Akademiker wollen keine Klassengesellschaft haben weil sie studiert haben um einen bestimmten Beruf ergreifen zu können und nicht um zu einer besseren Klasse zu gehören.


8775chris  11.07.2024, 19:01

Es ist erwiesemn, dass studierte stark zu linken sozialistischen philosophien tendieren. Das ist keine meinung.

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