Eure Diskussion über Wölfe

10 Antworten

Wie denkt ihr über die Wölfe, in unserer Landschaft in Deutschland?
Sind sie eine Gefahr, oder gibt es Lösungen, um ein mögliches Leben für beide Seiten zu schaffen?

  

1. Ist der Wolf eine Gefahr?

Kurz und einfach: Ja, er kann eine Gefahr sein. Das heisst aber nicht, das er es auch jedesmal ist und sein muss.

Und dass das keine bloße "Spinnerei" ist sondern bereits jetzt ganz real passiert, das kann man hier zum Beispiel sehen, wo ein Wolfsrudel bereits dazugelernt hat und den Menschen offen konfrontiert um ihm das erlegte Wild abspenstig zu machen. Oder in dem anderen Beispiel vor ein paar Monaten wo er seelenruhig 8 km durch eine Großstadt spaziert oder an dem Wolf der den Schafhirten in den Niederlanden vor einiger Zeit angegriffen hat.

Hier noch eine interessante Prognose wie es weitergehen wird, wenn wir „gar nichts“ machen: Wissenschaftler warnt: Wölfe töten Menschen

  

2. Gibt es Lösungen?

Natürlich gibt es die.

Der Wolf wird irgendwann - wie alles andere Wild - gemanaged werden müssen. Und das wird auch früher oder später gemacht werden, da gibt es keine "zwei unterschiedlichen Meinungen" dazu. Alles Andere wäre schlicht unrealistisch und bloßes Wunschdenken, das eine "idealisierte Traumwelt" voraussetzt, die es nicht gibt.

Denn hier und heute in Deutschland gibt es keine "unbeeinflusste Natur abseits des Menschen" mehr in der ein wild lebendes Tier einfach tun und lassen könnte was es will und in der sie sich "natürlich selber regeln". Wir leben hier weder im Yellowstone-Nationalpark noch in den Weiten Sibiriens. Der Wolf bewegt sich (wie die Wildschweine, die Rehe, die Hirsche, ...) in Deutschland in einer dicht besiedelten Kulturlandschaft auf deren Erzeugnisse wir alle (auch Du und ich) als Mensch angewiesen sind.

Wenn die Menschen hungern wollen, kein Holz zum Bau ihrer Häuser mehr benötigen etc. dann könnte man darüber nachdenken einen Teil des Landes nicht mehr zu nutzen und stattdessen wieder sich selbst zu überlassen und darin (in diesen abgeschotteten Bereichen) auch das Wild machen zu lassen was es will. Aber das ist nun einmal nicht (mehr) so. Alle Menschen hier wollen Essen und ein Dach über dem Kopf.

  

Es gibt aber ja nicht nur die zwei Alternativen "alle Wölfe einfach machen lassen und zuschauen" oder "alle Wölfe abschiessen". Und wie so oft sind auch diese beiden Extremstandpunkte Unsinn und die Wahrheit liegt irgendwo in der Mitte dazwischen.

Weder sollte der Wolf (so pauschal) "abgeschossen werden", noch kann man auf Dauer einfach nur zusehen und nichts machen.

Der Wolf hat jetzt in den von ihm stärker besiedelten Gebieten bereits eine Populationsgröße erreicht, die mehr als ausreichend ist. Irgendwann wird man ihn also, wie alles andere Wild auch, in unserer menschgemachten, menschgesteuerten und von der Gesellschaft benötigten Kulturlandschaft regulieren müssen. Und ja, dazu gehört auch ihn in der Menge zu begrenzen und ein paar von ihnen immer mal zu erlegen. Auch damit er die Scheu vor dem Menschen behält und sich von seinen Behausungen fern hält.

Aber das dient dann ja nur der Regelung, eben damit eine Anwesenheit des Wolfes hier ohne größere negative Folgen möglich ist. Es dient dann also mitnichten der "Ausrottung" sondern im Gegenteil dazu, dass er (dadurch) auf Dauer hier bleiben kann.

  

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Ich bin Jäger

Cwmystwyth  30.06.2024, 12:14

Top Antwort. Gut strukturiert und neutral formuliert.

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Wellio10 
Beitragsersteller
 22.06.2024, 22:05

Danke

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Waldmensch70  24.06.2024, 10:56
@Wellio10
Danke

Gerne!

Habe die relevanten Teile aus meiner vorherigen Antwort an anderer Stelle mal direkt hier in meine Antwort übernommen.

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Wölfe sind keine Gefahr. Als Wildtiere können sie gefährlich werden, wenn man sich falsch verhält. Aber das gilt für jedes Tier. Im Alpenraum sterben jedes Jahr Menschen durch Kühe, weil sie sich auf den Almwiesen den Tieren gegenüber falsch verhalten, aber niemand käme auf die Idee, eine Kuh als ein gefährliches Tier einzustufen. In aller Regel sind Wölfe scheu und meiden den Menschen eher.

Der Wolf ist seit jeher ein Teil unseres heimischen Ökosystems und als solcher ist seine Rückkehr absolut zu begrüßen. Das Argument, Wölfe als Wildtiere hätten in einer Kulturlandschaft keinen Platz, ist schlicht und ergreifend Unsinn. Wölfe haben jahrhundertelang in unserer Kulturlandschaft gelebt. Erst im 19. Jahrhundert starben sie aus, weil sie gezielt ausgerottet worden waren; nicht, weil sie nicht zurecht gekommen wären in einer vom Menschen veränderten Landschaft. Und auch das Argument, dass die Population des Wolfs irgendwann überhand nehmen könnte, ist schlicht und ergreifend an den Haaren herbei gezogen. Erstens reguliert sich die Dichte des Wolfes selbst durch seine Ausbreitungsbiologie, weil die Jungwölfe mit dem Erreichen der Geschlechtsreife von ihrem Heimatrevier ohnehin abwandern und sich ein eigenes, noch nicht besetztes Revier suchen, nimmt die Wolfsdichte in einem bestimmten Gebiet ab Erreichen eines Schwellenwerts nicht mehr weiter zu. Zweitens sind wir von der maximalen Kapazität in Deutschland noch weit entfernt. 2018 gab es 144 Wolfsterritorien in Deutschland, geeignet sind nach Modellrechnungen aber mehr als 700 Wolfsterritorien.

Natürlich birgt das Zusammenleben mit dem Wolf auch einige Herausforderungen. Ja, es kann sein, dass einzelne Wölfe als Problemwölfe entnommen werden müssen. In der Regel aber ist das nicht Schuld des Wolfes, sondern des Menschen - etwa, weil Wölfe gezielt angefüttert werden. Und ja, natürlich kann der Wolf auch Nutztiere reißen. Es gibt aber geeignete Schutzmaßnahmen, die von den Bundesländern auch großzügig gefördert, teils sogar komplett finanziert werden. Maßnahmen wie Schutzzäune oder Herdenschutzhunde, die viele Landwirte aus Beqeuemlichkeit noch gar nicht ausgeschöpft haben. Eine hundertptozentige Garantie gibt es zwar nicht, aber im Fall eines Wolfsrisses gibt es ja auch finanzielle Entschädigungen. Und man darf nicht vergessen, dass der Wolf auch positive Möglichkeiten bietet: Wolfstourismus zum Beispiel, von dem die Landwirtschaft durchaus profitieren kann. Und da Wölfe überwiegend Wildtiere fangen, allen voran Rehe, kann die Anwesenheit des Wolfes sich auf die Wälder durchaus positiv auswirken, weil es z. B. weniger Verbissschäden gibt.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Biologiestudium, Universität Leipzig

Wölfe sollen ein Teil der heimischen Natur sein. Allerdings nur so viele, wie es natürlicherweise verträgt.

Einerseits ist es schön das sich Wölfe wieder in Deutschland heimisch gemacht haben. Andererseits muss man trotzdem aufpassen, weil sie sich zu stark vermehren könnten. Dann fallen sie auch andere Tiere an.

Es gibt da auch vergleiche bei Bären. Man sieht in anderen Ländern wie Bären immer weniger scheue empfinden und in Dörfer auf Nahrungssuche gehen.

Ohne Kontrolle oder gute Abgrenzungen wird das ganze irgendwann die ersten Todesopfer fordern.

Woher ich das weiß:Recherche

DickerOrk  22.06.2024, 19:51

Die Tiere vermehren sich so stark, wie es Nahrungs- und Platzangebot zulassen. Mehr geht nicht. Da wir teils extreme Dichten bei Beutetieren haben, haben auchdie Wölfe genug zu fressen. Entsprechend vermehren sie sich, das wird aber wieder abfallen, wenn die Beutetierpopulation sinkt. Das pegelt sich ganz natürlich ein, braucht halt ein paar Jahre. Und andere Tiere kann man sehr effektiv schützen. Erstaunlicherweise schaffen es ja auch alle Geflügel- und Kleintierhalter ihre Tiere zu schützen.

Der Bärenvergleich hinkt. Bären stehen ganz oben, sie müssen nichts fürchten. Wölfe hingegen sind nur Mittelklasse und leicht verletzbar. Es gibt gründe warum man entsprechendes Verhalten NICHT bei Wölfen sieht.

Vergrämung kann man auch ohne Abschuss erzielen. Todesopfer durch Wölfe? Unwahrscheinlich, sehr sehr unwahrscheinlich. Da ist jedes Wildschwein gefährlicher.

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MrsssP  22.06.2024, 19:56
@DickerOrk

Trotzdem werden Wölfe immer wieder zum abschuss freigegeben weil sie sich einfach zu schnell vermehren. Zumindest sehe ich ab und an solche Nachrichten aus Österreich. Wahrscheinlich kann man das nicht mit Deutschland vergleichen weil Deutschland viel grösser ist und die Wälder sind dort auch grösser.

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AngiIntro  23.06.2024, 08:49
@DickerOrk

Und bei Bären kommt noch dazu daß sie Allesfresser sind, die finden in unseren Mülltonnen Leckerbissen, was auch ein Grund ist warum sie überhaupt so nah kommen. Wölfe sind nicht auf unsere Essensreste aus sondern auf leichte Beute, und ein Schaf das schlecht geschützt ist fordert eben weniger Einsatz als ein Reh das wegrennt und Haken schlägt.

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Honeysuckle18  23.06.2024, 12:21
@MrsssP

Wölfe werden vor allem deshalb zum Abschuss freigegeben, weil Menschen sich falsch verhalten - sie füttern sie an oder lassen Ablässe frei zugänglich herumliegen !

Erwähnenswert ist auch, dass so mancher Wolf - ohne Not - sein Leben lassen muss, weil

  • überfahren oder
  • gewildert - in Fallen oder abgeschossen
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Wölfe können in Gegenden Deutschlands leben, wo sie Platz haben - und Weite, um Rudel zu bilden...

Innerhalb dichtstrukturierter Landschaften, Städten, Verkehrsnetzen - und somit dem fehlenden Lebensraum - ist dies nicht möglich !

Dass ein Zusammenleben auch mit Nutztieren möglich ist, ist bekannt - man kann dies aber nicht pauschalisieren...