Was genau sind aleviten?

FranzRadziwill  06.09.2022, 08:42

Bist Du sicher, dass Du gehört hast, dass sie "Schweinefleisch trinken"?

xxAyu0903xx 
Beitragsersteller
 06.09.2022, 08:43

Das trinken war aufs Alkohol bezogen aber hab das Essen beim schweinefleisch vergessen. Mein fehler!

3 Antworten

Aleviten (nicht zu verwechseln mit Alawiten) sind Muslime, für die Allahs Gebot "kein Zwang im Glauben" als aller oberstes Gebot gilt.

Darum haben sie keine Pflichtgebete, pilgern nicht nach Mekka, tragen kein Kopftuch, etc.

Das können sie alles tun, MÜSSEN sie aber nicht.

Kulturell beten viele Aleviten Donnerstags mit der Familie zusammen, dabei zünden sie dann eine Kerze an "um das innere Feuer zu entfachen" wie es heisst. Aber Pflicht ist davon nichts. Auch haben sie kein strikt durchgeplantes Gebetsverhalten. Ein Leitspruch sagt beispielsweise "Bete mit dem Herzen, nicht mit den Knien."

Sie gehen auch nicht in eine Moschee sondern in Cem-Häuser (Cemevi) wo aber nicht nur gebetet wird, sondern auch Streit geschlichtet, Versammlungen abgehalten, Alevitische Lehren besprochen, usw.

Aleviten haben auch keine Verhüllungspflicht, wobei allerdings grade manch jüngerer Alevit Kopftuch trägt. Jedoch anders, als man es im Islam gewohnt ist. Bei ihnen sieht man meist noch Haare und hauptsächlich der Nacken wird bedeckt.

Sie sehen sie den Koran auch nicht als Gesetzbuch (wie die meisten anderen Gruppen im Islam) sondern suchen den Sinn hinter den Offenbarungen.

Es gibt Aleviten, die sich ausdrücklich vom Islam distanzieren - und andere, die sich zum schiitischen Islam zählen.

Letztere haben in meinen Augen auch das Recht das zu tun. Denn ihr Gott ist Allah, der Koran seine Offenbarung und Mohammed ihr Prophet. Diese 3 Dinge sind wohl das einzige, was alle Muslime dieser Welt gemein haben. Alles andere ist schliesslich Streitthema im Islam.


Safi2  06.09.2022, 15:55

Aleviten sind keine Muslime. Das ist nur eine falsche Interpretation, der seit Jahrzehnten weiter erzählt wird.

Das Alevitentum ist eine eigenständige Religion und hat nichts mit dem Islam zu tun.

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"...Der Name «Aleviten» (türkisch: Alevî) ist erst im 19. Jahrhundert entstanden und bedeutet «Aliisten», Anhänger:innen von Ali. Entstanden ist das Alevitentum um das 12. Jahrhundert im Osten der heutigen Türkei; und noch heute sind die Alevit:innen in den türkisch-kurdischen Provinzen von Ost- und Südostanatolien stark vertreten. Durch die Arbeitsmigration haben sich auch in Mitteleuropa, besonders in Deutschland, aber auch in der Schweiz, alevitische Kulturzentren gebildet.
Die Alevit:innen sind eine Glaubensgemeinschaft am Rande des Islam – oder sogar ausserhalb des Islam, wie nicht nur manche strenggläubige sunnitische Muslim:as meinen, sondern auch ein Teil der Alevit:innen selbst. Zwar ist Ali, der Schwiegersohn und Cousin des Propheten Mohammed, für sie wie für die Schiiten die religiöse Leitfigur, doch die Alevit:innen sehen in Ali eine mystische Einheit mit dem Propheten. Ihr Glaube mischt islamische und vorislamische Inhalte. So sind die Alevit:innen der Überzeugung, dass sie eine Entwicklungsstufe erreicht haben, auf der einige Gebote, die für andere Muslim:as zu den «fünf Säulen des Islam» zählen, für sie nicht mehr gelten: Darum halten Alevit:innen die fünf Pflichtgebete des Tages nicht ein, fasten nicht am Ramadan und machen auch keine Pilgerfahrt nach Mekka. Der Koran ist für sie ein Buch, dessen geheime Botschaft hinter dem geschriebenen Text gesucht werden muss. Diese mystische Grundhaltung prägt die alevitische Religion, die weitgehend auf mündlicher, geheimer Überlieferung beruht.
Die religiösen Zeremonien («cem» = Versammlung genannt) halten Alevit:innen nicht in Moscheen ab, sondern im «cemevi» (Versammlungshaus), das kein Minarett besitzt. Besonders suspekt ist anderen Muslim:as, dass bei den Alevit:innen Frauen und Männer beim «cem» gemeinsam rituelle Tänze aufführen und dass alevitische Frauen weder Kopftuch noch Schleier tragen. Diese Bräuche haben dazu geführt, dass die Alevit:innen verleumdet wurden, Sittenlosigkeit und Inzest zu pflegen.
Im osmanischen Reich waren die Alevit:innen eine unterdrückte Minderheit, die sich wiederholt mit Aufständen gegen die Verfolgung durch die sunnitische Mehrheit wehrte. Erst in der modernen Türkei von Kemal Atatürk (ab 1923) nahm die Diskriminierung ein Ende. Deshalb gehörten Alevit:innen von Anfang an zu den Stützen des säkularen türkischen Staates. Ein anderes Kapitel ist, dass viele ostanatolische Alevit:innen auch Kurd:innen sind, deren Sprache und Kultur im Namen des türkischen Nationalstaats bis heute unterdrückt werden...."

https://www.gra.ch/bildung/glossar/aleviten/

Die einen sehen sich als eigene Religion, die anderen als eine Untergruppe der Muslime.

In ihrem Glauben und ihren Bräuchen unterscheiden sie sich aber sehr stark von Muslimen. Der Koran ist ihnen nicht besonders wichtig, sie haben keinen Ramadan, sie pilgern nicht nach Mekka. Die Scharia hat nur eine symbolische Bedeutung.

Vor allem aber: Mann und Frau sind gleichberechtigt, auch in ihen Gebetshäusern, den Cem.

Alles Punkte, die einen Muslim grausen.