Mein minderjähriger Bruder ist ein Nazi! Was kann ich tun?
Mein Bruder ist 15 und wohnt bei meiner Mutter in einem Dorf, in dem 56% die AfD gewählt haben. Er ist leider nicht sonderlich schlau und hat auch schon immer Probleme in der Schule. Er hatte nie wirklich viele Freunde, wurde in der Grundschule von einigen Mitschüler*innen gehänselt. Seit einigen Jahren hat er im Dorf „Freunde“ gefunden. Unsere Nachbarn. Die bezeichnen sich selbst stolz als Nazis. Natürlich sind alle seine Freunde volljährig, rauchen und saufen mit meinem Bruder und haben ihm mit ihrer Ideologie beeinflusst. Ich selber wohne seit ich 15 bin nicht mehr zu Hause und weg von diesem Dorf. Meine Mutter erzählt: Er ist öfter betrunken, die schlachten sogar auch Tiere und machen dann Schlachterfeste (Dorftradition?). Sein Vater (nicht mein Vater) verharmlost das alles und hat damals als Kind wohl selbst mit seinen Großeltern geschlachtet. Doch mein Bruder hat nun die Farben der Reichskriegsflagge bei WhatsApp mit einem rassistischen Text gepostet. Meine Mutter? Verzweifelt. Sie kann sagen und machen was sie will, er hört nicht auf sie. Mittlerweile trinkt er sogar in ihrer Anwesenheit.
Er behauptet Dinge wie: „Wenn Ausländer in unser Land kommen bekommen sie eine Rolex geschenkt“ Alleine dieser Satz zeigt, wie dämlich er und seine Freunde sind. Die Freunde sind allerdings gefährlich meiner Meinung nach.
Ich wiederum habe einen Freundeskreis, in welchem sich auch verschiedene Kulturen und Sexualitäten befinden. Mein Freund wurde damals sogar immer als „Zigeuner“ beschimpft (Ungare). Wir haben eine 3 Monate junge Tochter. Und und und.
Er ist mein kleiner Bruder. Ich habe ihn schon immer in Schutz genommen. Vor Menschen, die gemein waren, vor meiner Mutter, wenn er Blödsinn gemacht hat, vor meinem Freund, wenn sie diskutiert haben, einfach immer. Aber nun kann ich nicht mehr. Es wird immer schlimmer. Und ich muss meine Nerven und meine eigene kleine Familie vor sowas schützen.
Doch ich habe Angst, dass mein Bruder in gefährlichere Kreise rutscht. Was kann man tun? Wohin kann man sich wenden? Ist es ein Fall für das Jugendamt? Für die Polizei? Den Verfassungsschutz?
Noch traue ich es ihm nicht zu, aber Ich habe Angst, dass er irgendwann nicht nur Tiere tötet, sondern aus ihm ein Soziopath wird.
5 Antworten
Ich würde kontakt zum Jugendamt aufnehmen. Die wissen rat und können dir tipps geben wie man mit solche Situationen am besten umgehen kann
Ja dann werde ich das wohl machen. Danke für die Antwort.
Weißt du... mit der Gesinnung von Leuten ist es wie mit Abhängigen oder Sektenmitgliedern. Die bekommst du da nicht weg solange sie es selber nicht wollen. Manch einer muss erst gewaltig auf die Klappe fallen damit er aus seinem Verhalten lernt. Manch einer lernt es nie. So ist es nun mal.
Su schreibst, du nimmst ihn in Schutz. Das solltest du nicht machen. Das ist wie jemand der einen Drogensüchtigen in der Familie hat. Man macht sich Co Abgängig durch so ein Verhalten. Nimmst du ihn weiter in Schutz lernt er es nie. Er muss erst einmal auf die Klappe fallen und dann beginnt vielleicht ein Lernprozess.
Du solltest dich und deine Familie seinem Umfeld und Einfluss entziehen, wenn dir deine Familie lieb ist.
Aber das ist nur meine Einschätzung wie ich das machen würde. Ich habe selber schon so etwas durch. Zwar nicht mit rechter Gesinnung, aber mit einer Sekte. Es sind halt die selben Strukturen die da greifen
Er ist halt mein kleiner Bruder und hatte es auch nie wirklich leicht.
Er wird immer dein kleiner Bruder bleiben. Das er es nicht leicht hatte sollte aber keine Entschuldigung sein das er sich so benehmen darf. Viele Menschen haben es im Leben auch nicht leicht und die verhalten sich nicht so. So eine Entschuldigung zieht auch nicht vor Gericht, denn aus Opfern können auch Täter werden.
Das wird schon werden. Manche Menschen brauchen etwas Zeit dafür. Mein Bruder hat 11 Jahre gebracht. Aber es gibt Menschen, die verstehen es auch nie. Aber es ist dann deren Lebensweise und solange das Gesetz nichts sagt soll jeder so machen wie er will.
Ja, du hast absolut recht. Und dass er irgendwann aus Dummheit und Mitläufertum zum Täter wird ist eben auch meine Sorge.
Wir haben mit meiner Mutter nun besprochen auch anzusprechen, dass sie keine Kontrolle mehr über ihn hat und er sich mittlerweile vor ihr besäuft und raucht und nach Hause kommt wann er will.
So ist die Chance höher, dass das Jugendamt sich regt. Leider.
Jugendliche müssen ihren Weg finden und sich orientieren, wer sie sind und wohin sie gehören. Das ist zuallerst immer erstmal eine Wegbewegung von den Eltern. Wohin sie auch immer geht.
Wenn Eltern Druck machen, dass das Kind zu ihnen zurück kommen solle, muss das erwachsenwerdende Individuum um so stärker den Gegenweg suchen. Denn zu den Eltern, also zurück zum Kindsein, darf kein Weg führen. Das ist biologisch unausweichlich so angelegt.
Wer seinem jugendlichen Kind seine Orientierung verbietet, treibt es im Effekt um so stärker dahin :)
Das ist ein Mechanismus, der milliardenfach geschieht und immer wieder kommt, und den man nur mit einem Augenzwinkern sehen kann.
Du irrst dich in der Annahme, du seist die Mutter und müssest deren Funktionen übernehmen. Du bist die Schwester.
Du irrst dich auch in der Aufgabe von Jugendamt und Polizei. Das erste ist eine Behörde, die die Bedürfnisse von Kindern bei Elternversagen sicherzustellen hat, das zweite eine Strafverfolgungsbehörde. Keine hat in der Demokratie die Aufgabe, "richtige" politische Einstellungen bei der Jugend zu erzwingen.
Ganz nebenbei hat dazu auch keine die Möglichkeiten.
Genau wie die wirklichen Eltern musst du, die dich für die bessere Mutter hält, akzeptieren, dass der Junge erwachsen wird und seinen eigenen Weg wählt. Seinen Weg, nicht deinen.
Die Antwort habe ich erst jetzt gelesen. Vielen Dank erstmal für die Antwort.
Ich verstehe auch, was du sagst und meinst. Da ich Erzieherin bin kann ich das auf vielen Ebenen nachempfinden und sehe das genauso.
Sich seinen Weg zu suchen ist jedoch das eine und dass es nicht mein Weg ist und ich das akzeptieren muss, ist mir auch klar.
Leider und das geht nicht so genau hervor sind die Nachbarn wirklich gefährlich. Sie bezeichnen sich als Nazis, begrüßen sich mit H*tlergruß, treffen sich mit anderen Nazis nur um über Migranten zu wettern, sie schlachten und haben auch anderweitig einen Hang zu Waffen, einige von ihnen laufen mit Armbinden aus dem zweiten Weltkrieg umher. Das ist nicht mehr nur eine Meinung. Und mein Bruder versinkt dort, redet ihnen nach, beteiligt sich an falschen Aussagen, postet, hetzt, schottet sich ab.
Das ist nicht mehr nur ein Familienthema oder ein Selbstfindungsprozess. Er kann real zu einem Täter werden. Die Nachbarn sind auch bei der Polizei bekannt und gegen die werde ich nun vorgehen, indem ich mich an den Verfassungsschutz wende.
Und ja, ich bin nicht die Mutter, aber sie nutzt mich als solche. Sie war mir schon keine Mutter, weil sie zu sehr mit sich beschäftigt ist. Sie fragt mich teilweise um Rat. Ich gebe Erziehungstips, machte mit ihm Hausaufgaben, ging mit ihm Klamotten kaufen. Deshalb werde ich jetzt mit ihr was ihn betrifft den Weg zum Jugendamt gehen. Meiner Meinung nach grenzt das an Kindeswohlgefährdung. Er ist 14 und säuft mit teilweise erwachsenen Männern aus der Nachbarschaft und meine Mutter sieht zu.
Hi. Klar, in der eigenen Familie verhält sich keiner mehr vernünftig, da ist jede Professionalität am Ende.
Aber die Gefahr relativiere ich mal für dich. Wir sind in Deutschland. Selbst wenn man eine Straftat begeht, überlebt man die in der Regel, denn die Polizei erschießt nicht gleich jeden.
Wenn er auf Straftaten zugeht, dann tut er das eben. Auch das kannst du nicht verhindern. Wenn du Pech hast, braucht er die Erziehung durch Justiz und Polizei. Dann lernt er im ungünstigen Fall einen Jugendknast kennen. Weisst du, was ich als Vater täte? Ich würde Staatsanwalt und Richter bitten, den Unsinn mit den Bewährungsstrafen sein zu lassen und ihm mal einen Einblick ins Knastleben zu gönnen.
Mutter hat vielleicht einfach eingesehen, dass sie gar nicht mehr tun KANN als zusehen. Was denn sonst? Ihn festbinden?
Oh je, deine Situaion klingt ja echt nicht wie das, was man unbedingt haben muss. Das tut mir sehr Leid zu hören, dein Hin- und Hergerissensein, deine Verzweiflung, wo es mit ihm noch hingeht und dein Verantwortungsgefühl für deinen kleinen Bruder. Ich wünsche dir wirklich viel Kraft für das alles.
Habt dein Freund und du manchmal zu Hause Abende, wo ihr eure diversen Freunde einladet? Wenn ja, ladet ihn doch mal dazu ein. Und dann nicht konfrontativ sein, sondern einfach ganz normal und nett. Dann lernt er nette Leute anderer Kulturen und sexueller Orientierungen kennen und vielleicht baut er dadurch Vorurteile ab. Und vielleicht bringen diese Leute sein Weltbild ins Wanken. Es gibt keine Garantie dafür, dass diese Methode bei deinem Bruder funktioniert, aber sie hat schon oft funktioniert.
Ich wünsche dir wirklich alles gute dafür, dass du ihn auf einen vernünftigen Weg begleiten kannst.
Vielen Dank erstmal für deine lieben Worte!
Wir haben schon Vieles probiert. Normale Gespräche, haben seine skurrilen Vorurteile und Fragen mit ihm freundlich und liebevoll besprochen bzw. aufgeklärt, wir haben ihn sogar schon oft immer mal für ne Woche bei uns „wohnen“ lassen, wenn er Bock hatte. Er konnte mit Schulzeug, Sorgen und allem immer zu uns kommen. Wir haben mit ihm Ausflüge gemacht, waren auf Konzerten und so weiter. Er wollte sogar vor zwei Jahren mal mit auf eine Demo gegen Nazis kommen. Umso trauriger macht es mich, dass ich ihn selbst auf der emotionalen Ebene nicht mehr erreiche.
Mein Freund und ich haben uns besprochen und ich werde heute noch das Gespräch mit meiner Mutter suchen und sie bitten mich zum Jugendamt zu begleiten und ihre Erfahrungen und Überforderungen ebenfalls zu teilen.
Da kannst du nicht viel machen wenn Worte nicht helfen.
Da hilft Erfahrungsgemäß nur das entfernen der Person aus dem Umfeld. Wenn er nicht von dort wegkommt, wird sich nichts ändern. Garantiert. Lass mich raten, das Dorf ist im Osten ;)
Ja das wird wohl jetzt unser Weg sein. Ich werde es noch mit dem Jugendamt versuchen, aber wenn das auch nicht hilft, muss ich mich distanzieren.
Ja leider mal wieder im Osten. Südbrandenburg, in der Nähe von Sachsen. Es ist also ein klassisch strukturelles Problem.
Jup, ich weiß... Der Lebensgefährte meiner Mutter kommt aus Thüringen. Seine Familie ist oberflächlich super nett, darunter brodelt aber der braune Sumpf.. Er ist davon distanziert aber seine Eltern sind die klassischen Flüchtlingshasser.
Furchtbar.
Und meist sind das auch noch die klassischen Mitläufer und Phrasendrescher, die man aber nicht vom Gegenteil überzeugt bekommt.
Absolut.
Meistens Menschen die selbst nichts zu Stande gebracht haben und deshalb die Schuld bei anderen suchen. Und es ist ja vollkommen in Ordnung über alles zu sprechen und zu debattieren... Aber egal mit welchen Argumenten du ums Eck kommst, man dringt nicht zu der verbohrten Grundeinstellung durch. Das geht nur grade bei jungen Menschen wie deinem Bruder über Tapetenwechsel. Raus ausm Osten, am besten grad zu uns in den Schwarzwald schippern.
Er ist halt mein kleiner Bruder und hatte es auch nie wirklich leicht. Sein Vater ist auch nicht wirklich eine Leuchte und zusätzlich ein emotionales Frack. Aber ja, du hast natürlich völlig recht. Ich kann ihn nicht mehr schützen. Das habe ich ihm nun auch gesagt und ihm deutlich gemacht, dass meine Tochter und somit seine Nichte mit solchen Aussagen und Ideologien nicht groß werden soll.
Danke für deine Antwort!