Was versteht Buddha unter sexuellem Fehlverhalten?

4 Antworten

 Jetzt weiß ich natürlich nicht, wo genau im Pali-Kanon du das gelesen hast, aber in Anguttara Nikāya X.206 kannst du lesen:

„… vergeht sich gegen Mädchen, die unter der Obhut von Vater, Mutter, Bruder, Schwester oder Verwandten stehen, gegen Mädchen, die unter dem Schutze der Religionsgemeinschaft (dhammarakkhitā) stehen, die einem Gatten versprochen wurden (sassāmika), die öffentlich Anverlobten (saparidanda), bis zu den durch Überwurf eines Blumenkranzes Anverlobten (mālagunaparikkhittā pi)“.

Das ist sozusagen die „leichte Fassung“, für Laienanhänger (bei Ordinierten gilt Null Toleranz).

Bis auf ein paar „damals zeitgenössische“ Besonderheiten ist das im Prinzip noch heute verständlich und umsetzbar. Die Beziehung soll „einvernehmlich“ zwischen „freien“ Partnern (auffallend ist für uns, daß nur von „Mädchen“ die Rede ist) sein.

Der dahinter stehende Zweck ist, daß eine völlige Enthaltsamkeit im Hausleben für die wenigsten durchführbar ist und dies quasi als „Ventil“ dienen soll.

Nicht explizit genannt – aber vermutlich mit inbegriffen – wären des weiteren „ungewöhnliche/extreme“ Praktiken wie Sado-Maso usw., da diese das Anhaften verstärken würden.

Je nach Verbreitungsgebiet sind im Lauf der Zeit noch weitere Regeln dazugekommen – aber ich finde, wir sollten hier nicht buddhistischer sein als Buddha selbst.  

Ich bin Buddhist und werde versuchen, etwas zu helfen.

Im Pali lautet das Gelübde

"kamesu micchacara veramani sikkhapadam samadiyami"

Dabei bedeutet "kama" sexuell, "cara" Verhalten und "miccha" heißt "falsch"

man könnte es also im Ganzen in etwa so übersetzen:

"Ich nehme das Gelübde, mich des falschen sexuellen Verhaltens zu enthalten auf mich"

Nach den Erläuterungen im Anguttara Nikaya X. 176 und V. 287-292 sind dadurch Mädchen unter elterlicher Obhut (maturakkhita), Verlobte (malaguna-parikkhitta), Verheiratete (sassamika), "vom Dharma geschützte" (dhammarakkhita), also Nonnen und Strafgefangene (saparidanda) geschützt.

Das sind alles Personen, die in Abhängigkeitsverhältnissen stehen.

Man kann also modern übertragen sagen, dass man nur mit Menschen, die ihre Sexualität selbstbestimmt ausüben dürfen, auch sexuellen Kontakt haben sollte.

Außerdem kann man sich fragen: "Verursacht dieses Verhalten irgendeine Form von Leiden?"

Ein Ehebruch, Fremdgehen in der Beziehung, oder aber die sexuelle Ausbeutung des Partners verursachen in der Regel Leiden - man sollte also überdenken, ob man als jemand, der die buddhistischen Gelübde abgelegt hat, so handeln sollte.

Auch Abhängigkeiten und Suchtverhalten sollten vermieden werden, weil sie den Geist in Unruhe versetzen - wer also ständig Masturbationsdruck verspürt (wobei das bei Teenagern durchaus normal ist) oder pornographiesüchtig, sollte sein Handeln überdenken

Es liegt also in der eigenen Verantwortung und im eigenen Bewusstsein, wie man die Gelübde versteht.

Dabei ist der Theravada-Buddhismus, der sich sehr auf den Palikanon stützt insgesamt restriktiver und hat eine konservativere Sexualmoral, als einige andere Traditionen.

So gibt es z.B. bei uns im Zen kein pauschales Zölibat für Geistliche, während die Mönche (bikkhu) im Theravada meines Wissens nach dazu verpflichtet sind.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Seit etwa 40 Jahren praktizierender Buddhist

Diese Webseite meint:

Im Pāli-Kanon galt nur Ehebruch als „sexuelles Fehlverhalten“. Später kamen weitere Regeln über Partner, Organe/Öffnungen, Zeiten und Orte hinzu.

Dazu kamen anscheinend:

   dass männliche Homosexualität verboten ist, aber weibliche nicht,
   dass nichts anderes erlaubt ist als Penis-Vagina-Koitus, und dieser nur nachts,
   dass es für verheiratete Männer in Ordnung ist, Prostituierte anzuheuern,
   dass Polygamie erlaubt ist,
   dass Männer jederzeit das Recht über den Körper ihrer Frauen haben – außer wenn die Ehefrau das Ein-Tages-Gelübde genommen hat. Doch selbst dann verliert die Frau ihr Recht, ihren Ehemann abzuweisen, wenn sie nicht vorher die Erlaubnis erhalten hatte, das Gelübde zu nehmen,
   und schließlich, dass einer Reihe von Personen aufgrund ihrer sexuellen bzw. oder geschlechtlichen Identität oder ihrer anatomischen Eigenschaften die Ordination verweigert werden muss – Männern hauptsächlich wegen anomaler sexueller Begierden und Frauen überwiegend wegen anomaler sexueller Anatomien.

https://info-buddhismus.de/Buddhistische_Sexualethik_ueberdenken.html

Von verschiedenen Buddhisten werden die Punkte heute aber unterschiedlich bewertet.

Verhaltensregeln - egal ob buddhistisch, christlich, gesetzlich oder sonst irgendeiner Art - besagen immer, man solle sich so verhalten, dass niemand dadurch ein Leid erfährt. Mit dem Wissen solltest du dir jetzt die Frage selbst beantworten können.