Ist unbewusste/unterdrückte/verdrängte Homosexualität möglich?
Ich weiß, dass die Frage klingt, als stamme sie aus grauer Vorzeit. Ich bin selbst der Meinung, dass es möglich ist:
Nun, ich hatte gestern eine leicht hitzige Diskussion mit meinem Alten. Dabei ging es um einen ehemaligen Schulkameraden von ihm, der jahrelang mit einer Frau verheiratet war. Seine Ehe scheiterte und wir erfuhren irgendwann von seinem neuen Lebensgefährten. Dabei kam von einem alten Herren die Frage, wie man denn mit einer Frau schlafen könnte, wenn man doch homosexuell ist. Ich habe natürlich (innerlich) die Augen verdreht und mal die Möglichkeit in den Raum geworfen, dass es ihm vielleicht nicht bewusst war (mal abgesehen davon, dass man durch Stimulation von beiden Geschlechtern erregt sein kann, ohne selbst homosexuell zu sein.. zum Glück hab ich das in dem Moment nur gedacht und nicht gesagt). Darauf sagte er, dass ich das sonst wem erzählen kann und dass man doch wüsste, ob man Mann, Frau oder Beides attraktiv findet. Ich erzählte ihm von Ängsten in konservativen Haushälten, daraus resultierende Verdrängung und Zwänge heterosexuell zu sein. Ich vertrat die Meinung, dass das auch so weit gehen kann, dass es der Person nicht bewusst ist oder es ins Unbewusstsein gerückt ist, welche sexuelle Orientierung man eigentlich hat. Überzeugen konnte ich ihn damit nicht, belegen konnte ich es aber auch nicht. Weiß jemand wie man einen solchen Fall korrekt nennt und ob ich damit auch wirklich richtig liege?
Im Ürigen bin ich generell der Meinung, dass sobald man bei solchen Fragen sowas sagt wie "So etwas gibt es nicht" man sich auf ein dubioses Terrain begibt, vermutlich, weil wir oft davon ausgehen, dass wir schon alles gesehen haben und annehmen, dass alles jenseits davon nicht existent ist. Und das stimmt... sagen wir mal.. eher selten.
5 Antworten
Das kann ich Dir erklären. Ich bin ganz normal gross geworden mit allen Doktorspiene, die es so gibt. Ich habe mich in eine Frau verliebt und sie dann geheiratet.Schwul sein war damals keine Option. Während meinem Militärdienst erlebte ich dann so einige spannende Momente mit Männern. Sie alle blieben ganz an der Oberfläche und es passieret nie etwas ausser dass eine gewisse Spannung in der Luft lag. Noch war Schwulsein keine Option und blieb es für mich auch noch lange. Irgendwann hat sich unsere Ehe aber zu einer Freundschft verändert und Sex war auch keine Option mehr für mich. Ich wollte aber meine Ehe nicht scheiden lassen, wollte gleichzeitig aber auch nicht Fremdgehen mit anderen Frauen. Und dann ist es eines Tages passiert, ich lernte einen Mann kennen, der in meiner Nähe in den Ferien war, ich traf ihn einige Male am See in der nähe meines Hauses. Irgendwann fragte er mich ob er meinen Schwanz blasen dürfe und ich in meiner sexuellen Not habe ja gesagt. Er hat mir dann ein neues Universum aufgemacht und ich hab mich gegen die homosexuellen Handlungen nicht mehr wehren können. Mit der Zeit kam dann aber das Aus meiner Ehe und ich konnte von Vorne beginnen. Und nun rate mal, ich habe wieder eine Frau geheiratet und wir lieben uns so ungestüm, dass ich im Moment gut auf Männer verzichten kann. Ich weiss aber, dass ich beide Geschlechter geil finde. Und so weiss ich heute, dass ich Bisexuell bin. - Ich habe meine sexuelle Ausrichtung nicht unbewusst gelebt, sie war ganz eindeutig durch die von der Gesellschaft gesteckten Grenzen bewusst gewählt. Heute weiss man, dass es sehr viel mehr Homosexuelle gibt als man nur vermuten könnte, alle outen sich nun und da sie meist in der Öffentlichkeit stehen werden sie sogar noch verehrt. So ist es heute eigentlich kein Problem mehr seine sexuelle Ausrichtung nach dem eigenen Wunsch zu gestalten. Da es eben nicht nur Homosexuelle oder Lesben und Heteros gibt kann man eben auch Bisexuell sein. Für mich die beste sexuelle Ausrichtung, sie lässt einfach alles zu.
Viele Menschen haben ihre Homosexualität unterdrückt, wissend, dass sie da war, weil es die gesellschaftlichen Verhältnisse faktisch oder vermeintlich forderten.
Das bezweifle ich nicht, aber das beantwortet ja nicht, ob es auch unbewusst sein kann. Ich meine damit Menschen, die homosexuell sind, aber eben unbewusst durch eine Art Selbstverleugnung oder Verdrängung.
- naja, es gibt auch leute, die wissen, dass sie schwul sind, es aber nicht leben wollen oder sich nicht trauen, weil sie das selbst als "schande" betrachten
Mein ganzes Leben lang wusste ich nicht dass ich bisexuell bin
Es gibt da verschiedene Mechanismen. "Es kann nicht sein, was nicht sein darf" zum Beispiel. Das Erfüllen einer Erwartungshaltung macht das Leben nach außen definitiv leichter. Nach Innen kann auch das Gefühl vorherrschen, daß es besser so ist, wahrscheinlich mag man den Partner sogar als Mensch. Man liebt nur nicht. Menschen tun sehr viel, um einer Rolle gerecht zu werden, wenn die andere Option ihnen nur schrecklich genug vorkommt. Schwul sein war lange Zeit ein Verbrechen und ist bis heute ein Stigma, es wird als Schimpfwort verwendet, Schwule müssen mit Anfeindungen rechnen, auf der Straße, bei der Arbeit, in der Freizeit, in der Familie... das kann einem als so schlimm erscheinen, daß es einfacher erscheint eine Lüge zu leben.