Was hast Du in Deiner Jugend vermisst?
29 Stimmen
Was ist für dich die Jugend? Also welches Alter?
Das kann jeder anders definieren. Für mich ist Jugend das Alter bis zur Volljährigkeit.
15 Antworten
Bei mir käme folgendes zusammen:
-einen echten besten Freund (hab ich nur als Erwachsener gefunden).
-Eltern, die meine Homosexualität endlich akzeptiert hätten
-Akzeptanz meiner Epilepsie innerhalb von Familie, Schule
-einen Partner, mit dem ich die erste Liebe hätte leben können
-Unterstützen in der Schule (Schwacher Schüler) und frühzeitige Entdeckungen meiner Dyskalulie
-Interessengeneigte Unterstützung bei der Ausbildungswahl und nicht nach dem Motto: Hauptsache, der ist irgendwo unter (ergo: den sind wir los).
-nicht ständige Vergleiche mit anderen Jugendlichen (die gehen in die Disco, die gehen was trinken, die gehen tanzen oder machen Sport) und Akzeptanz meiner Introversion/Introvertiertheit und meiner Leidenschaft für Bücher!
-nicht die ständige Frage: wann hast du endlich eine Freundin/ wann werden wir endlich Großeltern?
-als Jugendlicher oft als Störfaktor wahrgenommen!
Dann wäre ich wahrscheinlich ein anderer Mensch als der, der ich heute bin. 😔
Mir tut es wirklich so unglaublich leid, dass es dir so ging :(
Ich hoffe das es heute anders ist♡
Ich (70) vermisste lebenslang Schutz vor Gewalt, auch heute noch.
Allgemein Freunde, früher wo ich jünger war hatte ich eine schwere zeit durchgemacht und mich von allem abgeschottet. Dadurch fand ich im passenden alter keine freunde und saß dadurch oft auch nach dieser zeit alleine zu Hause. Zum Glück habe ich heutzutage mehr freunde und habe meinen spaß, doch in meinem jüngeren alter war diese Erfahrung nicht sehr angenehm.
Sie hatten noch enorm viele Erziehungsmethoden und Sprüche aus dem 3. Reich übernommen, ohne es selber jemals bemerkt zu haben. Das war sehr von Übel, aber sie waren ja lediglich Opfer dieses barbarischen Regimes gewesen. LG
Es ging mir nicht schlecht und objektiv war's gut - ich hatte eine gute Familie, die zusammen hielt, es gab geregelte Verhältnisse, man wusste, wo man dran war und ich hatte gute Freunde, ein liebes Haustier, diverse Hobbys und war zufrieden. Ich hatte ein eigenes Zimmer. Es war nicht sehr groß, aber gemütlich und ich hatte sogar die Gnade, dass ich mit 14 Jahren einen alten Schwarzweiß-Fernseher von Nordmende bekam - mit Zimmerantenne - damit konnte ich sogar ARD, ZDF und das Dritte sehen. Das war was und ich war sehr glücklich und dankbar darum, ein eigenes Radio mit Kassettendeck hatte ich auch, gute Kleidung, eine Armbanduhr, es fehlte an nichts.
Der Zeitgeist unter uns Jugendlichen der Jahrtausendwende war entspannt. Bei uns gab es kaum Internet, erst so in der späten Oberstufe setzten sich Internet, ICQ, Partyfans, Kwick und so was alles durch - die Zeit war um ca. 1998-2005 rum eine andere. Es musste außerdem nicht jeder Abitur haben und wir waren total unpolitisch - Politik war allenfalls was für unfreundliche, humorlose Streber, die Klavier spielten und mit denen keiner was zu tun haben wollte, was jedoch auf Gegenseitigkeit beruht hat.
Die Schule war für mich ab der siebten Klasse in Ordnung, die Ausbildung war auch ordentlich - ich habe Industriekaufmann gelernt und hatte einen Betrieb, wo ich weder (wie andere) dauernd kopieren oder den Benz vom Chef waschen musste. Ich hatte mit 17 Jahren meine erste richtige Freundin, es war eine schöne Zeit und ich hatte mit 18 Jahren Führerschein und sogar ein Auto - einen steinalten beigefarbenen Audi 100, der mir die Möglichkeit gab, mobil zu sein.
Meine Heimatstadt war sehr trist und viele Möglichkeiten hatten wir nicht, aber wir haben das Beste draus gemacht - und es war mehr geboten als auf den ersten Blick gedacht. Klar war es Provinz und Vorstadt im eigentlichen Sinn, aber wir hatten auch unseren Spaß, wir hatten unsere Partys, wir hatten Filmeabende, McDonalds alle Zeit mal (vor allem als wir unsere Autos hatten), Hallenbad oder Freibad je nach dem, die SWR 3 Dance Night (wo man auch mal eine coole junge Lehrerin traf^^) - es war schon was geboten. Das Jugendhaus war ein schöner Treffpunkt, da waren wir unter uns.
Aber sonst waren wir irgendwie überall mehr oder weniger unerwünscht außer beim Pfarrer, der uns Asyl im Pfarrheim gab und das erwähnte Jugendhaus mit uns einrichtete - und dafür selbst angefeindet wurde. Alle anderen taten bestenfalls so, als würden sie uns verstehen und redeten sich um Kopf und Kragen, in Wahrheit wollten sie aber mit den Jugendlichen nix zu tun haben. Wir haben uns die Welt zwar so schön gemacht, so schön es möglich war in einer tristen Vorstadt - wir hatten nicht viel und Möglichkeiten des Entrinnens gab es für mich frühestens, als ich den Führerschein hatte, aber wir haben immer das Bestmögliche draus gemacht, obwohl es mit uns kaum jemand gut gemeint hat.
Eher haben sudetendeutsche Omas (die damals so 60-65 waren, wenn denn, aber sie hatten Ansichten wie Hundertjährige) böse Sprüche aus dem Fenster auf die Straße gebrüllt und uns als asozial beschimpft, wenn wir einfach so zu zweit die Straße herab liefen oder mit dem Fahrrad fuhren ohne sonst was zu tun oder haben sudetendeutsche Opas das Fenster ihres 190er-Mercedes oder BMW 520i runtergelassen und und uns beschimpft, wie wir denn rumlaufen würden und dass man die Hände aus der Hosentasche nehmen sollte und es unschicklich sei, wenn man eine Coladose in der Hand hat und überhaupt, wir sollten uns schämen, denn wir würden ja nur "aggressive und englische und laute Musik" hören; kein Wunder, dass wir so blöd seien, wenn wir nur rumlaufen, die "falsche" Musik hören, Fahrrad fahren und Cola trinken.
Die damals meist ca. 55-jährigen Bürgermeister und Hauptamtsleiter taten auch immer ach so nett und verständig etwa in Sachen Jugend und waren immer so milde nach außen hin, wollten aber nur gut vor der Presse und der Landesregierung (Fördergelder!!) dastehen und haben uns sofort wieder getadelt, beschimpft und ausgelacht und für dumm verkauft und für unsere Kleidung und unsere Einstellung gerügt, so wie die Redakteure und die hohen Beamten vom Regierungspräsidium weg waren. Erst recht, wenn man eventuell "Ossikind", "Russenbub" (90er-Nachwende) oder sonst wie "Ausländer" war und dann noch so ein bisschen emomäßig angehaucht und kein "doller strammer Fußballbursche mit einer dollen Frisur, so richtig wie ein Hitlerjunge, net" (dafür wurde mal ein Gleichaltriger ca. 2004 ernsthaft von einem Rentner gelobt, dass er sei ... das Zitat fand ich erschreckend 60 Jahre nach dem Krieg), war man Freiwild und wurde beleidigt und von Erwachsenen gedemütigt und keiner sagte was. Hätte man sich beklagt, hätte man rosenkranzartig nickend und säuselnd die Antwort bekommen, man sei "ja aber bestimmt auch wieder frech gewesen, net" und habe "aber bestimmt wieder net pariert, net". Es hat uns eigentlich kaum jemand für voll genommen außer dem Pfarrer, ein paar wenigen Lehrern und ein paar netten Typen, die so zehn Jahre älter waren als wir. Auch Eltern waren oft sehr herablassend und ich merke im Nachgang, wie gut es mir ging - bei uns war es sehr spießig und für einen Teenager / jungen Erwachsnen oft erdrückend daheim, aber es war herzlich und ehrlich.
Man wurde sonst auf dem Postamt gepackt und weggezogen von Erwachsenen, die sich vordrängelten und keiner hat was gesagt; wenn irgendein Alter einem Fünfzehnjährigen draußen auf die Backe gehauen hat, weil er das Gefühl hatte, man habe ihn "nicht freundlich genug gegrüßt" traute man sich nicht es zu sagen, weil der Papa daheim gleich wieder eine fette Ohrfeige gegeben und dabei gesagt hätte ... der Herr XYZ hatte doch Recht, geh sofort zu ihm rüber und entschuldige dich und sei ja demütig und geduckt und biete ihm an, ihm zur Sühne zwei Wochen den Garten zu machen ... wehe wenn nicht, dann setzt es wieder eine, bis das Blut spritzt - ich habe solche Dialoge mit eigenen Ohren gehört.
Überhaupt: Vor 20-25 Jahren mussten Jugendliche geduckt und demütig sein, zumindest in meiner Heimat. Alles andere war unerwünscht. Uns wurde jegliches Selbstbewusstsein von vielen Erwachsenen aberzogen - das hat nicht bei jedem geklappt und ich habe die Kurve auch gekriegt, manchmal klappte es aber schon und das teilweise mit tragischen Folgen, über die man an dieser Stelle nicht weiter ausführen muss. Mein Jahrgang ist nicht mehr komplett, mehr ist nicht zu sagen :-/
Was man sich im Rückblick gewünscht hätte wäre eine größere Wertschätzung durch Erwachsene. Wir waren nicht diese Idioten, für die sie uns hielten. Aber wir wurden nicht nur für dumm gehalten, sondern auch für dumm verkauft: Sprüche wie "ja, ja, Lehrjahre sind keine Herrenjahre, zieht euch warm an und haltet euch immer gut mit eurem Chef, denn der hat nämlich immer Recht" und Hinweise in die Richtung, man solle "ja geduckt und demütig sein" waren nciht nur nervig; uns wurde damit erneut vorgehalten, wir seien durchweg schlimme Unruhestifter, die sich nicht an Regeln halten und Tunichtgute, die alles kaputt machen und es nie zu was bringen würden, weil wir nichts arbeiten wollen würden. Entwürdigend war das ohne nachtreten zu wollen aus meiner Sicht auch.
Aber andererseits muss ich sagen, dass die Stimmung subjektiv viel entspannter wurde, als die "Boomer" Anfang der 2000er die Generation ihrer Väter und Mütter ablöste, denn auch in der allgemeinen Gesellschaft waren verknöcherte alte Besserwisser und dauernd beleidigte und unfreundliche Sudetendeutsche dann nicht mehr so präsent. Die "Boomer", so um 1960-1970 geboren, waren oft als Lehrer und später als Arbeitskollege eigentlich cool und tolerant, offen, sympathisch und dabei trotzdem korrekt - sie hatten ein offenes Ohr und waren nicht so barsch und herrschsüchtig.
Heute ist indes wieder eine ganz andere Generation von Erwachsenen am Zug, die auch nicht ganz so ablehnend ist gegenüber der Jugend und sich NIE das trauen würde, was diese Leute mit uns damals taten - die Generation nach den "Boomern", die so um 1970-1990 geboren ist, zu der ich auch gehöre und die nach und nach in hohe öffentliche Ämter kommt, hat erneut einen anderen Draht und wir haben es nicht vergessen, wie distanziert und offen gesagt nicht selten respektlos und erniedrigend man uns gegenüber stand, deswegen wollen wir es anders machen und ich glaube, es gelingt uns auch. Ich gehe mit Jugendlichen wertschätzend um und merke, es kommt was zurück - die vertrauen mir. Ich bemühe mich sehr, der Erwachsene zu sein, den ich als Jugendlicher gemocht hätte (nicht wegen "Coolness", sondern wegen Ehrlichkeit und Freundlichkeit) und ich glaube/hoffe, es gelingt mir.
Ich glaube übrigens nicht, dass Jugendliche und junge Erwachsene heute noch genauso rumgeschubbst und für dumm gehalten werden wie wir damals - selbst auf dem Land dürfte man inzwischen weiter sein als ca. 1999-2007.