Anscheinend leidest du momentan unter bestimmten Erinnerungen, insofern hoffe ich, dass du meine Antwort nicht als unsensibel oder verharmlosend auffasst, sondern einfach als Gedanken übers Vergessen, ganz unabhängig von deiner persönlichen Situation.
Ich wundere mich, dass die meisten Antworten davon ausgehen, dass man schlimme Erinnerungen nicht vergessen kann. Ich glaube das ist ein Trugschluss, der sich darin begründet, dass man es nicht merkt, wenn man eine bestimmte Erinnerung vergisst. Sonst wäre sie schließlich nicht vergessen.
Seit ich den Tod meines Meerschweinchens vergessen habe, bin ich nicht mehr die ganze Zeit traurig.
Offensichtlich erinnert man sich nur an Erinnerungen, nicht jedoch an Vergessenes, was, wie das Beispiel illustriert, auch ziemlich widersinnig wäre. Aus der bloßen Abwesenheit von Erinnerungen an vergessene Tragödien und der Erinnerung an erinnerte Tragödien zu schließen, dass man sich an alle Tragödien erinnern kann, ist dagegen ziemlich naiv. Und zeigt, wie gut das Vergessen funktioniert. ;) Jeder Mensch kann seine schmerzhaftesten Erinnerungen benennen, aber das heißt nicht, dass er nicht noch schmerzhaftere Erlebnisse vergessen hat.
Ich gehe davon aus, dass wir den größten Teil unserer Erinnerungen vergessen, der schönen wie der traurigen, uns dessen aber die meiste Zeit nicht bewusst sind. Und natürlich ist das irgendwie wahnsinnig schade, und ich gäbe viel dafür, einmal in der Bibliothek meiner vergessenen Erinnerungen stöbern zu dürfen. Andererseits glaube ich, dass das Vergessen einer der unterschätztesten und wertvollsten Wesenszüge des Menschen ist. Das Vergessen ist die kreative Leistung des Gedächtnisses, der Bildhauer unseres Geistes, der aus dem Berg aus Erinnerungen einer Skulptur von fragiler Schönheit schafft. (Okay, jetzt habe ich mich ein bisschen davontreiben lassen..)
Konkret auf deine Person bezogen. Ich habe natürlich keine Ahnung, welche Erinnerungen dich belasten und wie du am besten mit diesen umgehen könntest. Aber ich glaube es ist nicht sehr vielversprechend die eigene Vergangenheit umzugestalten. Auch wenn es doof klingt, das Leben kann man nur vorwärts leben und rückwärts betrachten. Versuche deine Gegenwart und Zukunft so zu gestalten, dass du später ein paar schöne und überraschende Erinnerungen davon zurückbehalten wirst. Suche nach Wegen mit der Last der Erinnerung umzugehen, damit neue (schöne) Eindrücke die Chance haben, in dir einen ähnlich tiefen Abdruck zu hinterlassen. Vielleicht können dir dabei sogar Gedankenspielereien und Fragen über einen roten Knopf für schlechte Erinnerungen helfen! ;-)