Was fühlt ein Mensch, wenn die Augen geschlossen sind,

und er im Koma liegt? Meine Mutter hatte einen Schlaganfall und lag danach 5 Tage bewegungslos im Krankenhaus. In ihrem Gesicht regte sich nichts. Es war stets einer von uns bei ihr. Sie konnte nicht leben und nicht sterben!

Als ich wieder mit der Wache dran war, und ich sie so erbärmlich liegen sah, fing ich an, mit leiser Stimme beruhigend auf sie einzureden: „Mutti, lass doch einfach los. Wir haben Dich hier unten lange genug gehabt. Da oben warten alle auf Dich!“ Und dann zählte ich alle auf, die vor ihr den schweren Weg gegangen waren. Zwischendurch immer wieder die selben Worte: „lass einfach los - lass doch einfach los!“

Sie muss mich verstanden haben, denn aus ihren Augenwinkeln kamen ein paar Tränen - ich war erschüttert. Ich habe ihre Hand genommen und gestreichelt. Ich bekam ihren letzten Atemzug und ihren letzten Herzschlag mit. Sie starb friedlich und erlöst. Ich hatte das Gefühl, sie hat mich verstanden: Sie hat einfach losgelassen.

>Und meine Seele spannte weit ihre Flügel aus, flog durch die stillen Lande, als flöge sie nach Haus< (Joseph von Eichendorff)

Nimmt ein Mensch, im Koma liegend, in seinen letzten Stunden noch seine Umgebung wahr? Hört er, was gesprochen wird? Beeinflusst es das Sterben und macht es leichter bzw. gegebenenfalls schwerer? Ich brauche einmal Euren Rat, damit ich mit dem Tod meiner Mutter „abschließen kann“!

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Erinnerungen für die Zukunft oder Abschied von der Kindheit?!?

Ich bin dabei, mein Haus zu entrümpeln. Inzwischen habe ich für meine Kinder jeweils 2 Riesenkartons Kinderkram zusammen getragen. Mein ältester Sohn und meine Tochter haben bereits aussortiert und den Rest mitgenommen. Nur mein zweiter Sohn weigert sich, irgend etwas aus seiner Kinderzeit zu behalten, ausser seine Schallplattensammlung. „Das andere kann alles in den Müll“ sagt er lakonisch.

Die Erinnerungen in Form von Gemälden aus der Kindergartenzeit, Fotos und Dias sind noch vielfältig vorhanden, die behalte ich natürlich! Es geht nur um die Spielsachen und den Kinderkram! Soll ich also die Kisten weiter horten, weil sich mein Sohn vielleicht einmal eines Besseren besinnt und dann seine Entscheidung bereut?

Oder soll ich seine Sachen wirklich zum Sperrgut geben? Bin ich einfach sentimental, weil ich mich weigere, Spiele, Bücher, Puzzles, Spielzeug und sonstigen Kram zu entsorgen? Sollte ich loslassen, meinem Herzen einen Ruck geben und die Sachen in den Müll tun? Die Spielsachen sind nicht mehr im allerbesten Zustand, sehen natürlich sehr „bespielt“ aus, so dass sie auch zum Verschenken nicht mehr gut genug sind!

Ich bin da in einem Zwiespalt. Ich selbst wäre froh, wenn ich zwei Kisten vollgepackt mit Erinnerungen aus meinen Kindertagen hätte.

Wie habt Ihr das gehandhabt und was ratet Ihr mir?

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Wenn die Gefühle kalt bleiben - was geht in solchen Menschen vor?

Ich habe Zeit meines Lebens um die Liebe meiner Mutter geworben, ja gekämpft und hatte immer das Gefühl, sie liebt mich nicht oder nicht genug. Sie sprach niemals über ihre Gefühle, war stets zurückhaltend, kühl, ja gefühlskalt. Allerdings hatte ich einen sehr liebevollen Vater, der das ausgeglichen hat. Mit ihm konnte ich schmusen und mich in seine Arme kuscheln.

Als ich meiner erwachsenen Tochter einmal sagte: „Ich gebe ihr (meiner Mutter) so viel Liebe (und dabei breitete ich meine beiden Arme weit aus), und sie gibt mir nur so viel nur zurück“ (und dabei zeigte ich zwischen Daumen und Zeigefinger eine Lücke von einem Zentimeter), antwortete mir meine „kluge“ Tochter: „Mama, sie gibt Dir alles, was sie an Liebe hat - sie hat halt nicht mehr! Nicht jeder kann viel Liebe geben, der eine hat mehr, der andere hat weniger.“ Worte des Trostes oder der Wahrheit?

Nimmt man es als „gegeben“ hin oder kann man gefühlskalte Menschen erwärmen, Gefühle erwecken, die vielleicht minimal vorhanden sind und nur schlummern? Leider ist es für mich „zu spät“, wie man so schön sagt, meine Mutter kann mir keine Antwort mehr darauf geben. Mich lässt eine Frage seit ihrem Tod nicht mehr in Ruhe:

Leiden Menschen unter ihrer eigenen Gefühlskälte? Sind sie darüber unglücklich? Oder lässt sie das ebenfalls kalt, weil sie ja gefühlskalt sind?

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