Verdorbenes Blut
Wenn Frauen ihre Tage haben, richten sie nur Unheil an. Dann wird die Blutwurst innerhalb von drei Tagen sauer. Die kann man dann nur noch wegwerfen. Davon ist der junge Dorfschlachtermeister nicht abzubringen
von CORNELIA KURTH
Morgens um sieben ist der junge Schaumburger Dorfschlachtermeister schon seit zweieinhalb Stunden mit seinem Gesellen zugange, Großauftrag fürs Seniorenheim, gerade wird der Fleischteig für 120 Brühwürste in Naturdärme gepresst.
Ich stehe als Reporterin der Heimatzeitung daneben, um ihn für ein Portrait zu interviewen, und beiläufig, weil ein ernstes Gespräch noch nicht möglich ist, erwähne ich belustigt, dass einer seiner älteren Berufskollegen aus unserer kleinen Stadt steif und fest behauptet, Frauen dürften während der Tage ihrer Menstruation keinesfalls beim Schlachten helfen, weil sonst das frische Blut ausflockt und unbrauchbar wird. "Stellen Sie sich vor", sage ich, "drei Redakteure, denen ich davon erzählte, waren vollkommen überzeugt, dass an diesem Aberglauben was dran ist. Alle drei!"
Der junge Schlachtermeister sieht von seiner Arbeit auf. Er lacht gar nicht. Er sagt: "Das ist kein Aberglauben! Das weiß doch jeder! Wenn Frauen ihre Tage haben, richten sie nur Unheil an. Wehe, eine wagt es, den Bluteimer zu berühren, dann kann man die Suppe gleich weggießen. Handschuhe nützen da gar nichts. Und in den Salzkeller, da kommen die gar nicht erst rein. Da geht der Schinken schon kaputt, wenn die Frau nur in der Nähe ist." - "Ja aber", sage ich bestürzt, "woher wollen Sie denn überhaupt wissen, dass eine Frau ihre Tage hat?"
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