Ursprünglich sind Märchen nicht für Kinder, sondern für Erwachsene verfaßt worden. In der Anmerkung am Schluß der beiden Bände, der ersten Ausgabe der Grimmschen Märchen von 1812 und 1815, steht, daß diese eher für Wissenschaftler und am Volksgut interessierte Laien, als für Kinder aufgeschrieben wurden. Jacob Grimm schreibt in einem Brief an Achim von Armin: "Das Märchenbuch ist mir daher gar nicht für Kinder geschrieben, aber es kommt ihnen recht erwünscht, und das freut mich sehr."<
Und hier noch eine pädagogische Erklärung von Rotkäppchen, die ich im Netz gefunden habe - und die ich als Frau sehr interessant finde: „Das „Rotkäppchen“ ist ein Symbol der Menstruation. Das kleine Mädchen, von dessen Abenteuer wir hören, ist eine reife Frau geworden und sieht sich jetzt mit ihrer Sexualität konfrontiert. Die Warnung der Mutter, „nicht vom Weg abzugehen“ und „das Glas nicht zu zerbrechen“ (gemeint ist hier die Flasche Wein, die sie ihrer Großmutter bringen soll), ist eine deutliche Warnung vor den Gefahren der Sexualität und dem Verlust der Jungfräulichkeit.
Das sexuelle Begehren des Wolfs wird durch den Anblick des Mädchens geweckt, und er versucht es zu verführen, indem er zu ihm sagt: „sieh einmal die schönen Blumen , die ringsumher stehen, warum guckst du dich nicht um? (…)“ Rotkäppchen „schlug die Augen auf“. Es befolgte den Rat des Wolfs und „geriet immer tiefer in den Wals hinein“. Dabei bedient es sich einer bezeichnenden Rationalisierung: Um sich selbst davon zu überzeugen, dass es nichts Unrechtes tut, sagt es sich, die Großmutter würde sich bestimmt über die Blumen freuen, die es ihr mitbringen könnte. Aber diese Abweichung vom geraden Weg der Tugend wird schwer bestraft. Der Wolf verkleidet sich als Großmutter und verschlingt das unschuldige Rotkäppchen. Als er seinen Appetit gestillt hat, schläft er ein. (…)
Der Mann wird als rücksichtsloses, listiges Tier und der Geschlechtsakt als kannibalische Handlung geschildert, bei der der Mann die Frau verschlingt. Frauen, die Männer lieben und sich an der Sexualität erfreuen, teilen diese Ansicht nicht. Sie ist Ausdruck einer tiefen Feindseligkeit gegen die Männer und die Sexualität. (…) Auch hier – wie beim babylonischen Mythos – müssen wir uns daran erinnern, dass die Überlegenheit der Frau darin besteht, dass sie Kinder gebären kann. Und wie wird der Wolf lächerlich gemacht? Indem geschildert wird, wie er versucht, die Rolle einer schwangeren Frau zu spielen, die lebendige Wesen in ihrem Leib hat. Rotkäppchen steckt Steine, das Symbol der Unfruchtbarkeit, in seinem Bauch, und der Wolf bricht zusammen und stirbt. Nach dem Gesetz der Vergeltung wird seine Tat dem Verbrechen entsprechend bestraft: er wird von den Steinen , dem Symbol der Unfruchtbarkeit, getötet, womit seine Anmaßung, die Rolle einer schwangeren Frau zu spielen, verspottet wird.
Und zu guter Letzt, auch wenn er nicht aus der klassischen Märcheschmiede stammt: Der gesammte "Struwwelpeter" strotzt nur so vor Grausigem.