Es gibt hier schon einige tolle Antworten auf deine Frage, die ich übrigens auch sehr gut und wichtig finde. ich bin in Deutschland aufgewachsen, Deutscher und lebe hier nun 50 Jahre. Schon vor meiner Kindheit kamen die ersten "Gastarbeiter nach Deutschland und wwa sich erinnere und von meinem Schwiegervater ( Marokkaner) erzählt bekommen habe,
War es in den 60 er Jahren als er nach Deutschland kam so, dass seine deutschen Kollegen ihn eingeladen haben zu ihren Grillfesten am Wochenende, dass er da natürlich erst mal "exotisch" war, aber nach kurzer Zeit als Freund der Familie galt. Damals war auf meinem Dorf die Welt noch in den dumpfen 50 ern, während in den Städten überall Aufbruch war, man sich für die Welt interessierte und angeregte Diskussionen unter ganz normalen Arbeitern statt fanden. Heute ist in Deutschland allgemein die Stimmung anders. Bildung zählt nichts mehr, weshalb überall nur reiche Menschen egal ob kultiviert oder nicht die erste Geige spielen. Die ärmeren, also "normale" menschen ziehen sich in ihre kleine Welt zurück, sowohl die Deutschen als auch die Deutschtürken. Das bedeutet bei beiden Gruppen Volkstümelei, und Rückwärtsgewandtheit. während die türkische "Tradition" einen seltsamen Islam als volkstümlich ansieht, der so nicht im Buch steht, gehen Deutsche mehr in so eine Art Biedermeier oder was schlimmer ist, in eine rechtsgerichtete Beschränktheit. Und das nicht nur kleine Leute, sondern gerade die Gebildeten, die so tun, als wären sie plötzlich zu blöde, die Welt zu begreifen. Ich wende mich mit Grausen, ehrlich gesagt und könnte mich genauso heimatlos fühlen wie du. Da ich meine Zugehörigkeit aber über die Sprache definiere, die das wichtigste Kommunikationsmedium ist und meine fremdsprachen zwar nicht schlecht gelernt und geübt sind, ist Deutsch doch die Sprche in der ich mich am besten ausdrücken kann, und in der mir z.B. eine Geschichte am nächsten geht. Während Englisch und Französisch gelernte Sprachen sind, ist Deutsch die Sprache meines Herzens. Und deshalb bin ich Deutscher und fühle mich dafür verantwortlich, dass dieser Sprachraum kulturell nicht vor die Hunde geht. Und auch ich fühle mich oft einsam, finde aber auch Halt in dem Lebensweg den ich eingeschlagen habe. Es ist Blödsinn, sich für die Deutschtürken zu schämen. Zum einen ändert es nichts, zum anderen hindert es dich daran, wirklich etwas gegen deine Situation zu tun.
Du bist für diese Menschen für die du dich schämst nicht verantwortlich, es reicht wenn du dich anders benimmst. Und wenn du "die Türkin" nicht als Abwertung nimmst, selbst wenn es vielleicht manchmal so gemeint ist, dann nimm es als eine Art Spitznamen, so wie ich gerne der Dicke genannt werde. ich bin relativ dick und dazu klein und stehe dazu. Ich krieg das auch nicht so schnell weg und hatte auch schon Situationen wo ich mir wie ein Zootier vorkam. Von Dummköpfen angeglotzt die dann laut über dich reden.
Allerdings schäme ich mich nicht dafür. Wenn du dich mit dem türkischen Teil deiner Geschichte beschäftigst, wieso siehst du dir nicht den guten Teil an, das was die Türkei an Kultur in die Welt gebracht hat? Ich freue mich darüber, dass du ein gutes Deutsch lernen konntest, das wahrscheinlich um einiges besser ist, als das meines Vaters, der einfacher Arbeiter war und den heute mit seinen 84 Jahren kein Mensch mehr versteht außer seinen Kindern. Schade finde ich, dass dein Türkisch so reduziert ist. Ich finde es eine große Gabe, wenn man die Möglichkeit hat, zweisprachig aufzuwachsen. Jede Sprache ist auch eine Art zu denken und obwohl ich keinen Brocken türkisch verstehe, kann ich mir vorstellen, dass eine zweite Sprache die man quasi als zweite Muttersprache lernen kann, dir geistige Möglichkeiten gibt, die über deine einsprachigen Möglichkeiten hinaus gehen. Nun, das ist Philosophie und für mich als studiertem Philosophen ist Sprache und ihr Ausdruck total wichtig und ich habe viele Sprachen angefangen zu lernen, einfach um dort vorhandene Denkweisen zu verstehen.
was du erlebst, teils du mit allen anderen Deutschen, egal ob sie nun Deutschtürken sind ob sie zur In Clique gehören oder Obdachlose sind. Dies ist ein Kulturraum un dieser Kulturraum beeinflusst jeden, der darin lebt. Was ich dir also empfehlen kann, ist zum einen, dich mit der kulturellen und politischen Entwicklung hier in Deutschland stärker zu beschäftigen, damit du der großen Einsamkeit die hierzulande fast überall herrscht, etwas entgegen setzen kannst und zum zweiten dich über Bücher etc. an die Geschichte der Türken heran zu tasten um für die mehr Verständnis aufzubringen.
Vergiss nicht, die Menschen die aus der Türkei hierher gekommen sind waren oft die Kinder armer Bauern aus Anatolien, mit wenig Bildung und kaum einer Chance in der Türkei etwas zu werden. Hier haben sie sich eine Existenz aufgebaut die inzwischen gefährdet ist. Wie alle einfachen Menschen klammern sie sich in unsicheren Zeiten an die Religion. Kein Grund auf sie hinab zu sehen.