Das Wort Umwelt in der heute zumeist gebrauchten Bedeutung basiert auf einem jahrtausende alten Fehler der menschlichen Wahrnehmung in gewissen Kulturen. Es ist die indirekte Fortsetzung der vor-kopernikanischen Vorstellung einer göttlich gewollten Sonderstellung des Menschen im Zentrum eines auf ihn abgestimmten Universums. Nikolaus Kopernikus hatte im sechzehnten Jahrhundert die in der frühen Antike längst bekannte und dann für viele Jahrhunderte wieder verschütt gegangene Tatsache wieder entdeckt, dass Sonne und Planeten sich nicht um die Erde drehen. Diese simple Einsicht rückte die Erde und mit ihr den Menschen ein wenig heraus aus dem imaginären Zentrum der Weltenbühne. Zugleich aber begann vor allem in der Kultur des Westens das große Vergessen um die seit Urzeiten bekannte Einheit des Menschen mit der ihn umgebenden und ihn hervorbringenden Natur. Zwar war die Erde nun nicht mehr das Zentrum des Universums, aber als Ausgleich erklärte sich der Mensch flugs selber zur Krone der Schöpfung.
Schon das Wort Umwelt ist ein schönes Beispiel dafür, wie tief diese Vorstellung in unserer Kultur verwurzelt ist. Obwohl es sich scheinbar wertneutral gibt und offenbar objektive Tatsachen beschreibt, entsteht hier die Illusion einer Trennung von Innen und Außen, die in Wahrheit überhaupt nicht existiert. Der Mensch wird wieder in den Mittelpunkt gestellt und der Rest der Welt umgibt ihn, anstatt dass er lediglich als einer von unzähligen integrierten Bestandteilen der Welt wahrgenommen wird. In Wahrheit stammt jedes einzelne Molekül – ja jedes Elementarteilchen, aus dem wir bestehen, aus eben dieser Um-Welt. Mit jedem Nahrungsbrocken, den wir zu uns nehmen, mit jedem Schluck, den wir trinken und mit jedem einzelnen Atemzug, den wir tun, nehmen wir Bestandteile der uns umgebenden Welt in uns auf. Das, woraus wir bestehen, kommt aus ihr. Solange wir leben, fließt sie ohne Unterlass durch uns hindurch – und wir durch sie, denn im Verlauf einiger Jahre wird fast jede Zelle unseres Körpers ausgetauscht! Das, was wir essen, was wir einatmen, ja sogar der Treibstoff unserer Autos, die Kohle für unsere Kraftwerke – all das wurde von einem unfassbar komplexen Netzwerk aufeinander abgestimmter Lebewesen erzeugt.
Ob wir es wollen oder nicht: Wir sind ein Bestandteil dieser Natur. Wenn wir sie wahllos verändern, dann schädigen wir uns selbst, und zwar nicht nur auf einer abstrakten metaphysischen, wirtschaftlichen oder psychologischen Ebene durch Verlust der Ästhetik oder verringerten Freizeitwert, sondern sehr konkret und unmittelbar.
Ein einziges Plutonium-Atom – ein Element, das in der Natur nicht existiert - reicht aus, um tödlichen Krebs zu erzeugen. Auch hier ist wieder schwer zu vermitteln, was das bedeutet, denn kaum jemand kann sich ausmalen, wie entsetzlich wenig ein einziges Atom tatsächlich ist. Würde nur eine winzige Menge von einigen Gramm Plutoniumstaub gleichmäßig in der gesamten Erdatmosphäre verteilt, so wäre an jedem Ort der Welt in jedem Atemzug Plutonium enthalten. Nach einigen Untersuchungen ist dies möglicherweise sogar schon der Fall.
Geringste Mengen von Tributylzinn, einem hochgiftigen Stoff, der auch heute noch weltweit vielfach in Schiffsfarben Verwendung findet, können unser Hormonsystem beeinflussen – und das aller anderen tierischen Lebewesen ebenfalls. Bereits heute enthalten unsere Körper so viele Schadstoffe, dass sie im Falle unseres Todes eigentlich als Sondermüll klassifiziert werden müssten! Wie vereinbart sich die Nutzung unseres Körpers als chemische Müllkippe mit der Forderung des Grundgesetzes nach einer unverletzlichen Menschenwürde? Von der Veränderung der gesamten Geosphäre durch den Menschen - inklusive der Strahlungsbilanz der Erde (Stichwort Treibhauseffekt) will ich gar nicht erst anfangen. Es gibt keinen Umweltschutz. Es gibt nur Welt-Schutz!