Gläubige sind präzise das: sie glauben an ihr allmächtiges, übergeordnetes Wesen, wie immer sie es nennen, anthropomorph personifiziert oder nicht, das die Welt gemacht haben soll und ihr Leben nach für den Menschen unerfindlichem, eben göttlichen, Plan bestimmt und angelegentlich für Fürbitten erreichbar ist.
Das ist eine komplett andere Welt, die man als Außenstehender genauso wenig versteht, wie die selber den jeweils Andersdenkenden, anderweitig religiös oder religionslos.
"Verstehen" als Atheist kann man das allenfalls auf dieser abstrakten Ebene, d.h. versuchen, deren Fußstapfen zu folgen. Hat auch nichts mit Intelligenz oder Dummheit zu tun, es gibt genügend hochintelligente Leute, die eben glauben und auf Niveau erklären können, warum sie hinter der wissenschaftlich erklärbaren Welt eine Schöpfergottheit und einen Plan zu erkennen glauben. Belegen können die das nicht, aber es heißt ja eben "glauben", nicht "wissen", widerlegen kann man das umgekehrt auch nicht.
Der Vatikan hat irgendwann in den 60ern, sozusagen als sehr späte Reaktion auf Galileo Galileis Ausführungen wider das geozentrische Weltbild und den Sphären im "Himmel", auch erklärt, daß er sich aus naturwissenschaftlichen Sachen mal lieber raushält. Aus gutem Grund, denn wenn jemand unwiderleglich beweisen kann, daß z.B. Feuer eben eine exothermische Reaktion von brennbaren Atomen/Molekülen auf Oxidation mit dem Luftsauerstoff ist, dann tut man sich mit dem "Glauben" an Hephaistos, der gegen Zeus Willen den Menschen das Feuer gebracht haben soll, sehr schwer. Das ist dann halt altgriechische Mythologie, nix mit zu tun, aber man kann ja immer noch eine Ebene tiefer gehen, und zur Not dann noch die nächste, Diskussion schon vom Prinzip her fruchtlos.
Mein Lieblingsbeispiel ist der Kreationismus. Der wird nun nicht von allen Gläubigen geteilt, daß eben eine irgendwie geartete Schöpfergottheit (Name hier einsetzen) den Menschen, alle Tiere, Pflanzen und was es noch alles gibt, im seinem himmlischen Home Office nach Bauplan zusammengezimmert hat. Dem könnte ich, nach meiner atheistischen Weltsicht, nun die gesammelten Werke von Darwin entgegenhalten, daß sich aus irgendwelchen, nicht endgültig geklärten, physikalisch/chemischen Begebenheiten die ersten Einzeller entwickelt haben, die sich dann nach biologischen Anlässen über Jahrmillionen in diese oder jene Richtung entwickelt haben, bis hin zur nach derzeitigen Erkenntnissen "Krone der Schöpfung", eben dem Menschen.
Aber ich kann, mehr oder weniger egal wie weit meine wissenschaftlichen Ansichten reichen oder wie tief sie gehen mögen, *nicht* erklären, *warum* das alles so ist, warum die Lichtgeschwindigkeit ("c") so ist und nicht schneller, und wer diese in ihrer Gänze (bislang) unerklärlichen Geschehnisse in Gang gesetzt hat, wenn es denn dann jemanden gibt, der das weiland so ausgestaltet hat.
Der "Gläubige" kann immer noch einen Level tiefer gehen und sagen, daß wäre halt seine Gottheit gewesen, die zum gegebenen Zeitpunkt, d.h. z.B. dem Urknall, die Sachen so in Gang gesetzt, daß sie sich nach göttlichem Plan eben genauso entwickelt haben, und die Naturgesetze vorgegeben hätte. Der/die/das hat eben in seiner Allmacht und Allwissenheit den Atomen, dem Bose-Einstein Kondensat, oder irgendwelchen subatomaren Partikeln in ihrer unüberschaubaren Vielfalt damals jeweils genau den präzisen Stoß gegeben, daß die sich nach Zeitablauf zu unserer Sonne und Erde, dem Universum und Menschen, genauso zusammengesetzt haben, wie es der Fall ist oder der Fall zu sein scheint. Abschließende Diskussion unmöglich, "Gott würfelt nicht" (Einstein), oder eben doch, aber nach Plan. Muß/kann eben nicht jeder verstehen.
Es gibt ein sehr schönes Video auf YouTube, das dieses Thema aufgreift, war wohl für die Abschlußklasse einer englischen Schule gedacht, ich wundere mich immer noch, auf welchem Niveau das in einer schlichten Sekundarschule offenbar geht, da drüben auf der Insel. (Hartes Englisch, sehr schnell!)
https://www.youtube.com/watch?v=Eb5mYqnKFlI
Ich habe selber 94/95 in Belfast, Nordirland, mal ein Jahr Jura studiert (damals gab es auch noch "bomb drills", d.h. was man machte, wenn es eine Bombendrohung gab: bleib', wo Du bist, nicht rauslaufen, ggf. würde man sonst genau da reinlaufen, weg von den Fenstern, weil die kommen dann rein; nie was passiert, aber vom Prinzip her). Lebte in einer "catered hall", mit 120 Muttersprachlern; Irisch, Britisch, katholisch oder protestantisch/anglikanisch, egal, gab nie Streit.
Aber einige, katholische Iren voran, waren halt tief und aufrichtig "gläubig", das kannte man nicht aus Deutschland in der Form, die meisten Iren/Nordiren in unserem Umkreis hatten sich da ihre eigene Meinung geprägt, im wesentlichen im Schulunterricht unter den "Christian Brothers" und den unschönen Szenen, die da offenbar Gang und Gäbe waren (Zitat: "But that is now being done away with."). Hat in (zumindest in den weniger unappetitlichen) Teilen auch Eingang in den (Nord-)Irischen Humor gefunden, "Father Ted" oder "Derry Girls"
https://en.wikipedia.org/wiki/Derry_Girls
etwa.
Ich war damals mit 22 etwa 3-4 Jahre älter als der Durchschnitt, wir Älteren inklusive hall prefects waren unser eigenes Klübchen. Wir hatten gelegentlich unseren "Dickie" (Richard) bei uns, völlig harmloser 18-jaehriger, nur halt nicht ernst zu nehmen, studierte agricultural engineering ("Oh, farming!"). Entäußerte sich, als irgendwie mal über 'ne Flache Whiskey oder drei das Thema "Gott" aufkam, wie folgt: "I would not know how to get up in the morning without Him." Für irgendwelche tiefgreifenden Diskussionen wie gesagt nicht satisfaktionsfähig, wir haben ihn auch in Ruhe gelassen. Er wäre wohl auch einem außerehelichem Verhältnis mit Sharon nicht abgeneigt gewesen, milde ausgedrückt, so tief ging die zutiefst katholische Überzeugung dann wohl doch nicht ;)
Andere Geschichte war Connor, der war auch älter als die meisten, ernst zu nehmen und generell äußerst sozial, brachte eines schönen Abends seine Bibel in die besoffene Runde und wollte mit uns daraus lesen, offenbar seine Idee von Freizeitbeschäftigung. Böser Fehler, einmal und nie wieder! Eine englischsprachige Bibel war mir damals noch fremder als eine deutschsprachige, aber ich schlug zielgerichtet das Johannes-Evangelium auf und suchte das dortige "best of", irgendwas mit "dem Tier" oder "der Bestie" und "666". Ist auch auf Deutsch sehr, sehr merkwürdig, um es höflich auszudrücken.
Jedenfalls ging er irgendwann in sein Zimmer, dem Flurfunk zufolge heulend. Ich hab' mich da auch bei ihm entschuldigt, war nicht meine Absicht gewesen, wenn auch offenbar überaus durchschlagend, aber das war halt eben eine schlechte Idee von Anfang an. Aber er war halt "überzeugt", entsprechend der Fragestellung hier, daß er vom rechten Glauben erfüllt und es seine Aufgabe sei, diesen ungefragt und unpassend vorzubringen, zu verbreiten, zu vertiefen. Quittung umgehend.
Zu den sonstigen vorgegebenen Antworten:
Angst/Hoffnung: Ja. Wer nicht? Außer, jemand findet sich damit ab, daß vor und nach seiner Zeit nur ein großes, schwarzes Nichts ist oder war. Zugegeben unbefriedigend, aber dann einer Horde Einhörner ewigliches Lob zu preisen ist auch keine Lösung.
Thanos eben, nicht das lila Monster aus den Marvel-Filmen, der auch, sondern das altgriechisch-philosophische Konzept der Unausweichlichkeit des eigenen Todes durch das Altern. ("I am inevitable!" - " And I am Iron Man!") Und dann? Keine Antwort von hier.
Familie/Umfeld, Beruf: Dann kann man es auch gleich lassen. Das heißt dann nicht "Glaube", sondern "wirtschaftlich/soziale Zwänge", mit ein bißchen Showeinlage wenn gefordert. Die ungewollt ledig gebliebene Erbtante Irmhild enterbt euch, wenn klein Niklas-Jonas nicht getauft wird. Meine KiTa in religiöser Trägerschaft kündigt mir, wenn ich meinen langjährigen Partner nicht jetzt doch endlich heirate. Meine Eltern schmeißen mich auf die Strasse, wenn ich mich von Reli abmelde, geschweige denn aus der Kirche austrete.
Darf man rechtlich gesehen im Einzelfall dann zwar alles, ist aber in der Gesamtschau gerade ...hhmmm...tjaja...hmmmm... eben halt untunlich. Das ist wahrscheinlich der Hauptgrund, warum viele Leute sich da nicht im eigenen Sinne frei entäußern oder sehr flach und unverbindlich antworten, wenn genötigt.
Fazit: Ich lasse religiöse Leute in Ruhe, solange die mich und die sonstige Umwelt in Ruhe lassen, auch deren eigene Kinder, bis zu einem gewissen Grade. Leider widerspricht das in manchen Fällen deren persönlicher Überzeugung, nun mal das Evangelium oder den "rechten Glauben" unters Volk zu bringen, fängt an in Schule oder Kindergarten, und andere Leute oder notfalls deren Kinder dazu zu zwingen, da zuhören zu müssen. Gerne auch mit ausgesprochen weltlichen Mittel, d.h. staatlichem Zwang, Schulpflicht, Polizei und Ordnungsamt, es dient ja überaus "guten" übergeordneten Zwecken.