Ich habe selber mehrere Jahre in Taiwan gelebt und mir dort Mandarin angeeignet, bin mit einer Taiwanerin verheiratet und möchte deswegen sagen, dass ich den Alltag dort ganz gut kenne. Taiwan gilt, laut eigenen Aussagen, neben Japan als eines der Länder mit den längsten Arbeitszeiten, Schichten von 12 Stunden und Arbeit am Samstag und sogar Sonntag sind keine Seltenheit.
Jedoch habe ich die Erfahrung gemacht (und andere Europäer, die längere Zeit in Asien gelebt haben, konnten das bestätigen), dass die Arbeitszeit keineswegs sehr produktiv genutz wurde. Es wird gefrühstückt, ein Nickerchen gemacht, gegessen, getrunken, geplaudert, alles in der Arbeit. Acht Stunden ununterbrochenes und konzentriertes Arbeiten ist eher die Ausnahme, und es ist auch gar nicht möglich, mit so langen Arbeitszeiten über mehrere Jahre hinweg qualitative Arbeit zu leisten. Jeder kennt das wahrscheinlich, nach acht Stunden Arbeit am Tag ist man fertig.
Ich komme eher zu der Erkenntnis, dass man sich in Asien nur länger am Arbeitsplatz aufhällt, jedoch nicht nur arbeitet. Die Arbeitsstätte ist in vielen asiatischen Kulturen einfach viel mehr als nur der "Reiserwerb", sondern auch Freundeskreis, Partner-Pool und sogar Familienersatz.