Natürlich kenne ich die Bergpredigt. Und im Gegensatz zu vielen Anderen halte ich ihre Inhalte auch heutzutage noch für zeitgemäß, wenn auch häufig zu Unrecht unterschätzt.
Ich habe eine persönliche Erfahrung im Umgang mit "schwierigen" Arbeitskollegen gemacht, die mir bewiesen hat, dass man die Grundsätze der Bergpredigt zumindest teilweise tatsächlich im Alltag ausleben und damit Erfolg haben kann. Diese Erfahrung möchte ich an dieser Stelle gern in "Kurzform" wiedergeben:
Das Ganze geschah vor etwa zwei Jahren, als ich gerade neu in der entsprechenden Firma angefangen hatte. Ein eher rangniedriger Vorgesetzter hatte anscheinend ein persönliches Problem mit mir, und hat nahezu täglich in unangemessener Weise unsachliche Kritik an mir geäußert. Und zwar in einem Ausmaß, in dem es selbst anderen Kollegen negativ aufgefallen ist.
Ich hätte jetzt natürlich hitzköpfig und jähzornig reagieren und mich mit lautstarken Beschimpfungen zur Wehr setzen können. Stattdessen habe ich nur ruhig widersprochen, und mich sonst eher unauffällig verhalten. Ich habe mich quasi nicht wirklich gewehrt, sondern geduldig meine Arbeit gemacht.
Wie die Sache ausgegangen ist? Die entsprechende Person hat sich durch ihr auffälliges und mieses Verhalten so sehr ins Abseits gedrängt, dass sie von meinem Bereichsleiter zum Gespräch gebeten und aufgefordert wurde, sich bei mir zu entschuldigen. Das hat diese Person dann auch tatsächlich (in sehr ehrlicher Art und Weise) getan. Seitdem hat sich unser Verhältnis vollkommen verändert, und wir verstehen uns heute sehr gut.
Hätte ich mich impulsiv gewehrt (wie es mir einige Freunde geraten haben), wäre ich wohl schnell als "der neue Krawallmacher" bekannt geworden, und hätte am Ende selbst als Provokateur da gestanden. Vermutlich wäre ich es gewesen, der sich irgendwann im Chefbüro, und kurz darauf möglicherweise beim Arbeitsamt wiedergefunden hätte.
Genau darin liegt das Geheimnis des Spruches, man solle einem Aggressor "auch die andere Wange hinhalten": es geht nicht darum, sich einem anderen zu unterwerfen, sondern ihn durch die eigene Passivität als eigentlichen Unruhestifter zu entlarven und zu beschämen.
Leider wird die Bergpredigt heute oft in einem Atemzug mit der Schöpfungsgeschichte und der Sintflut genannt und als religiöser, realitätsfremder Unsinn dargestellt. Das ist aber falsch - die Inhalte der Bergpredigt sind eine enorme Herausforderung für uns, aber sie sind absolut umsetzbar. Diese Tatsache ist für jeden Menschen ganz leicht selbst nachprüfbar.
(Ich bin männlich, 25 Jahre alt und offiziell evangelisch getaufter "Papierchrist". Ich war aber seit dem Kleinkindalter nicht mehr in der Kirche und lehne den kirchlich ausgelebten, verzerrten, dogmatischen Zwangsglauben ab. Die Kirche interessiert sich nur für meine Kirchensteuer, und mich interessiert nur, dass sich der "heilige Vater" nicht an meiner Kohle bereichert. Insofern haben wir beide einen fairen Kompromiss gefunden =P)