Startschuss für Cannabis-Clubs - viel Rauch um Nichts?

Manch einer hat bis zum 01.04.2024 daran geglaubt, dass in Deutschland einer der wohl reichweitenstärksten Aprilwitze durchgeführt werden soll, als es darum ging, dass der Besitz und Konsum von Cannabis legalisiert werden soll. Doch um einen Scherz handelte es sich mitnichten - unter gewissen Voraussetzungen dürfen Erwachsene in der Bundesrepublik legal Cannabis konsumieren. Drei Monate später dürfen jetzt auch Vereine zum (Groß)Anbau gegründet werden.

gutefrage-Redaktion
3.7.2024
Marihuana-Pflanze

Der Weg zur Legalisierung

Das neue Gesetz sorgte bestimmt nicht nur national, sondern auch international für Aufsehen. Das eigentlich doch als konservativ bekannte Deutschland gestattet den Konsum von Cannabis? Für viele kaum zu glauben.

Der Grund der Legalisierung ist dabei relativ naheliegend: In den Augen der Bundesregierung stieß die bisherige Drogenpolitik zusehends an Grenzen. Der Konsum, besonders von Cannabis, hat trotz eines Verbots kontinuierlich zugenommen. Durch das Verbot wurde Cannabis häufig auf dem Schwarzmarkt erworben - mit teils gravierenden gesundheitlichen Konsequenzen. Denn die dort erworbene Droge wurde häufig mit giftigen Beimengungen oder anderen Verunreinigungen vermischt. Durch das neue Gesetz soll also kein Anreiz zum verstärkten Konsum geschaffen werden, der Schwarzmarkt soll eingedämmt, der Kriminalität vorgebeugt werden.

Selbstverständlich gibt es für den Besitz und den Konsum auch unter der Legalisierung Einschränkungen und Regelungen.

Regelungen zum Cannabis-Konsum

Der Konsum wurde zwar entkriminalisiert, doch gesetzliche Regelungen gibt es nach wie vor.

Wer beispielsweise im Eigenheim Cannabis-Pflanzen anbauen möchte, muss seit mindestens sechs Monaten einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt haben und nachweisen können. Außerdem muss die Person volljährig sein, erlaubt sind maximal drei Pflanzen pro Erwachsenem im Haushalt.
Auch das Mitführen von Cannabis ist nur begrenzt gestattet:
25 Gramm darf ein Erwachsener dabei haben, zuhause dürfen maximal 50 Gramm gelagert werden.

Auch wo ein Joint nicht konsumiert werden darf, wurde geregelt: So ist es verboten, tagsüber in Fußgängerzonen einen Joint zu konsumieren, wenn Kinder oder Jugendliche dabei sind. Auch darf beim Konsum keine Schuleinrichtung, kein Kindergarten und kein Spielplatz in Sichtweite sein. Der Bannkreis um diese Einrichtungen herum beträgt 100 Meter.

Cannabis
Rauch

(Groß)Anbau in Vereinen ab nun gestattet

Seit dem 01.07.2024 können nun auch die sogenannten "Cannabis-Clubs" starten.

In diesen Vereinen können sich Mitglieder zusammentun und gemeinsam größere Mengen an Cannabis konsumieren.

Aber auch hier gibt es Vorschriften, eine ist identisch zu der im Eigenanbau: Die Mitglieder müssen seit mindestens sechs Monaten nachweislich in Deutschland leben.
Für Vorstandsmitglieder gilt außerdem: Sie dürfen
keinerlei Vorstrafen mit Bezug zu Drogendelikten haben.
Alle anderen Mitglieder müssen mindestens
drei Monate Mitglied im Verein sein, dies soll vor allem dabei helfen, dem Drogentourismus entgegenzuwirken.

Die Ortswahl unterliegt ebenso wie die Art der Mitgliedschaft einigen Regelungen: So darf ein Cannabis-Club beispielsweise
nicht in einem Wohnhaus betrieben werden und auch hier muss der Abstand zu Kindergärten, Schulen und Spielplätzen beachtet werden. In diesem Fall beträgt die zu beachtende Distanz sogar 200 Meter.
Ein weiterer wichtiger Punkt: Wo auch immer ein potentieller Cannabis-Verein seine Zelte aufschlagen möchte, es darf nicht mit auffälligen Schildern oder ähnlichem darauf aufmerksam gemacht werden, denn
Werbung ist strikt verboten.

Außerdem warten noch einige bürokratische Hürden. Um einen Cannabis-Club betreiben zu können, muss eine amtliche Erlaubnis eingeholt werden. Einige Bundesländer rechnen derzeit schon mit einer minimalen Bearbeitungsdauer von drei Monaten.
Um diese Erlaubnis auch zu erhalten, müssen die potentiellen Betreiber
einige Daten nachweisen. Dazu gehören der Standort, die Anzahl der Mitglieder, die Größe der Anbauflächen, wie viel Cannabis pro Jahr geschätzt produziert werden wird, welche Sicherheitsmaßnahmen und welches Gesundheits- sowie Jugendschutzkonzept es gibt.

Sirene auf Polizeiauto

Gewerkschaft der Polizei steht Gesetz skeptisch gegenüber

Der stellvertretende Gewerkschaftsvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Alexander Poitz, steht dem Gesetz kritisch gegenüber. Obwohl auch Cannabis-Clubs strikte Regelungen bezüglich der Abgabe haben, fürchtet er, dass es negative Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche geben könnte, wenn im Allgemeinen mehr davon im Umlauf ist.
Zeitgleich fürchtet er, dass
organisierte Kriminelle die Anbauvereine missbrauchen könnten, um eigene kriminelle Strukturen auszubauen.

Rege Diskussionen zum Cannabis-Gesetz bei der "Meinung des Tages"

Seit inzwischen mehreren Monaten stellen wir Euch auf unserem gutefrage Account jeden Werktag eine Frage zu brandaktuellen Themen. Wir freuen uns, dass dieses Format so gut aufgenommen wird und verfolgen täglich mit großem Interesse den produktiven Austausch!
So verwundert es auch nicht, dass auch bei der
Meinung des Tages zum Thema "Cannabis-Clubs" viele unterschiedliche Ansichten aufeinandergetroffen sind und diskutiert wurden.

Umfrage zeigt grobes Stimmungbild

Wie Ihr bestimmt schon mitbekommen habt, gibt es seit Kurzem die Möglichkeit, Beiträge genauer zu definieren. So haben wir gleich die Chance genutzt und uns bei dem Thema für eine "Umfrage" entschieden, sodass jeder teilnehmen kann, wenn auch vielleicht die Zeit für eine ausführliche Antwort nicht ausreicht. Insgesamt 241 Personen (Stand zum Zeitpunkt der Verfassung des Artikels) haben ihre Stimme abgegeben - es wird deutlich: Sonderlich überzeugt sind unsere Nutzer nicht von den Cannabis-Vereinen.

Kreisdiagramm mit Stimmauswertung

Nutzer vanOoijen gehört zu den 26%, die die Anbauvereine für sinnvoll erachten - die Probleme der Gewerkschaft teilt er nicht, im Gegenteil, er sieht dort ein ganz anderes Problem:

Von der GdP habe ich nichts Anderes erwartet. Die ist schon immer strikt gegen die Legalisierung gewesen und klammert sich jetzt an den letzten Strohalm um zu kritisieren und zu warnen. Man sollte besser die andere Polizeigewerkschaft fragen - den BDK (Bund Deutscher Kriminalbeamter), der ist nämlich seit Jahren pro Legalisierung eingestellt.

Den Uniformträgern gefällt lediglich nicht, dass sie Cannabis nicht mehr als Vorwand für Durchsuchungen und Kontrollen hernehmen können. So eine ungefährliche Klientel und schön für die Aufklärungsstatistik. Die cleveren Jungs in Zivil sehen in der Legalisierung hingegen schon lange das effektivste Mittel um organisierte Kriminalität zu bekämpfen. Leider geht die Teil-Legalisierung dafür nicht weit genug. Ausreichend viele Läden die ein gutes Sortiment zu günstigeren Preisen anbieten als Dealer wäre der Königsweg. Dafür war die Politik leider zu zögerlich und nicht mutig genug.

Fakt bleibt: Durch die Legalisierung kifft kein Mensch in Deutschland mehr oder weniger als zuvor. Durch Eigenanbau und CSCs wird lediglich ein Teil des konsumierten Cannabis dem Schwarzmarkt entzogen. Leider nicht genug. Dealer wird es weiterhin geben und im Vergleich zu CSCs verkaufen die auch an Jugendliche.

Die Vertriebsstrukturen der organisierten Kriminalität sind gut genug ausgebaut. Dafür braucht die o.K. sich nicht in CSCs einzunisten wo zig Regeln einzuhalten sind und Kontrollen erfolgen. Das halte ich für ein Märchen der GdP.

Zur Antwort

Eine eher ablehnende Haltung hingegen nehmen beispielsweise die Nutzer Gungrasshopper und FelixLingelbach. Kritisiert wird vor allem die Bürokratie, aber auch die Beiträge, die die Vereine erheben:

Die Mitgliedsbeiträge und Verkaufspreise sind sehr hoch! Damit wird der Schwarzmarkt nicht beseitigt. Im Gegenteil, da man jetzt 25g legal bei sich tragen darf, sind die Zugriffsmöglichkeiten der Polizei stark eingeschränkt!

Zur Antwort

... ich bin eh kein Vereinsmeier.

  • Die Regelungen sind zu bürokratisch, zu kompliziert und kaum zu verfolgen
  • wer mit den drei erlaubten Pflanzen nicht auskommt, hat ein Problem
  • wer trotzdem mehr Pflanzen haben will, findet leicht Leute, die Patenschaften für einzelne Pflanzen übernehmen. Ist ja legal.
  • Wer Profit erzielt aus dem Anbau und ihn nicht angibt/versteuert, macht sich strafbar. - Das halte ich für ausreichend.

Das Ding ist durch meiner Meinung nach. Die Polizei hat in Gärten und auf Balkons nichts mehr zu schnüffeln und das finde ich gut.

Zur Antwort

Eckengucker hat eine andere Meinung dazu und beschreibt ausführlich, wie ein besseres Szenario aussehen könnte:

Das ist der nächste Teil eines Bürokratiemonsters, das bislang keiner richtig überprüfen kann. Der Gedanke ist insgesamt gesehen so schlecht nicht, aber diese Durchführung erinnert an .... .... -ich will hier ein Wort nicht benutzen- das Heizungsgesetz.

Dieses Gesetz ist vollkommen überhastet und vollkommen falsch aufgezogen worden. Man hat das Wahlalter herabgesetzt und fälschlicherweise gehofft, dass diese Gesetzgebung einen postiven Effekt bei der Europawahl auf die Regierungsparteien haben wird. Und wir haben jetzt dieses Ergebnis, sogar zweifach.

Die sinnvolle Freigabe muss anders gehen. Erst müssen die

-wirtschaftlichen Voraussetzungen einige Zeit vorher konkret festgelegt werden. Das bedeutet, Vorschriften für die Pflanzenhaltung wie z.B. Menge und THC-Gehalt, dann entsprechende Verkaufsstellen mit geschultem Personal genehmigen, von mir aus auch Vereine aber nicht mit 500 Mitgliedern, die selbst der Verein nicht mehr prüfen kann, mit jeweils abschließender Endprüfung,

-gleichzeitig muss die Schulung dieser Kontrollorgane erfolgen und das notwendige zusätzliche Personal bereit gestellt werden, sowie die technischen Voraussetzungen für Kontrollen (Prüfung THC, Prüfung Sicherheitsvorschriften, Prüfung Personal) erfolgen

-und dann als 3. und letzter Schritt DANACH, wird der Besitz genehmigt. Wobei ich der Meinung bin, dass die Menge, die in der Öffentlichkeit mit herumgetragen werden darf, deutlich geringer sein muss. Soviel braucht niemand an 1 oder 2 Tagen.... das öffnet Tür und Tor für illegale Tätigkeiten.

ZUDEM fehlen Regelungen oder sind viel zu umständlich, weder prüfbar noch sinnvoll einzuhalten. Allein hier im Forum sind Fragen wie "darf ich auf dem Balkon Cannabis rauchen, wenn in der Nachbarschaft ein Kindergarten ist" ein Dauerbrenner.

Zur Antwort

Es lässt sich also durchaus feststellen, dass die Meinungen sehr durchwachsen sind - nicht nur bezüglich der allgemeinen Entkriminalisierung von Cannabis, sondern auch, wenn es um potentielle Gefahren und Langzeitauswirkungen geht. Doch auch die kritischen Betrachter werden diskutiert und deren Ansätze hinterfragt.

Hast auch Du eine Meinung zum Thema? Dann schau gleich hier vorbei, wir freuen uns schon auf Deine Antwort!

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