Zweifel in der Beziehung: Leben in den 20ern und der Drang nach Freiheit?
Hi zusammen,
Ich wollte mal über ein Thema schreiben, das mich schon länger beschäftigt: Zweifelphasen – vor allem in meiner Beziehung, aber auch generell im Leben. Ich bin 23, weiblich und seit fast 6 Jahren mit meiner Jugendliebe zusammen. Eigentlich läuft alles gut zwischen uns: Wir harmonieren (glaube ich, sonst wären wir nicht so lange zusammen), haben schon viel zusammen durchgestanden (mehr dazu unten) und ähnliche Zukunftspläne (nach unserem Studium zusammen ausziehen und keine Kinder). Trotzdem habe ich in letzter Zeit immer wieder Zweifel, die mich richtig verunsichern.
Kurz zu mir: In den letzten Jahren war einiges los. Während Corona gab es in meiner Familie einen heftigen Vorfall, und Anfang 2022 wurde bei mir eine mittel- bis schwergradige Depression diagnostiziert. Dazu kamen Zwangsgedanken, vor allem über meinen Freund und unsere Beziehung (wurde später als ROCD diagnostiziert). Seit Ende letzten Jahres geht es mir wieder besser, und ich bin nicht mehr in wöchentlicher Therapie, aber ich bleibe dran, wenn es nötig ist.
Trotzdem: Diese Zweifelphasen kommen immer wieder. Ich frage mich z. B., wie mein Leben als Single wäre, ob ich was verpasse, ob mein Freund der Richtige ist oder ob jemand anderes besser zu mir passen würde. Und dann kommt noch der Druck von außen: „In deinen 20ern solltest du dich austoben, die Zeit genießen, Party machen!“ Aber ehrlich? Ich war nie die Partymaus, und das passt eigentlich gar nicht zu mir. Trotzdem nagt dieser Gedanke manchmal an mir (vlt. auch weil ich nicht weiß wie ich drauf wäre als Single).
Was mir in der Beziehung fehlt? Gefühle, die mir selbst die Bestätigung geben, dass ich meinen Freund liebe. Es klingt banal, ich weiß, aber diese Schmetterlingsgefühle oder Glücksgefühle haben mir vor meiner Depression immer die Sicherheit gegeben, dass ich meinen Freund liebe. Nun ist das natürlich nicht mehr so, und ich weiß, dass das normal ist, aber ich komme – wie man sieht – immer noch nicht richtig damit klar, was mich weiter in die Gedankenspirale hineinzieht. Außerdem ist mein Freund kein Ausgeh-Mensch (Bezug auf feiern). Er hat das von Anfang an gesagt, und das war auch nie ein großes Problem. Ich gehe ein paar Mal im Jahr mit Freunden in Bars oder auf Feiern, aber er bleibt lieber zu Hause. Das ist okay, aber gerade in den Zweifelphasen merke ich, dass ich mir wünsche, er würde vielleicht doch mal mitkommen.
Mein Kopf ist dann so voll von Gedanken: Sollte ich mich nicht glücklich fühlen? Fehlt mir etwas? Oder ist das einfach normal nach so vielen Jahren Beziehung? Ich glaube, ein Teil davon kommt auch daher, dass ich während meiner Depression oft emotional „abgeschaltet“ war und mich in der Beziehung irgendwie verloren habe. Jetzt, wo ich stabiler bin, aber dennoch unter Zwangsgedanken leide, führen diese Zwänge trotzdem dazu, dass ich mich emotional von meinem Freund distanziere, was mich zusätzlich noch mehr verunsichert.
Dann denke ich an unsere langjährige Beziehung, die eigentlich gut läuft. Wir verstehen uns, wir unterstützen uns und wir haben nur selten Meinungsverschiedenheiten oder gar Streits. Wir haben dieselben Ziele: erst unser Studium beenden, dann zusammenziehen und keine Kinder. Es fühlt sich absurd an, all das wegzuwerfen – nur, um diese sogenannten „besten Jahre“ auszuleben und Single sowie frei zu sein bzw. meinen Zweifeln zu folgen. Gerade in unserer Generation, in der sich so viele eine ernsthafte und stabile Beziehung wünschen. Aber warum habe ich trotzdem diese Zweifelphasen? Ist das normal?
Und genau deswegen wende ich mich an euch:
- Hattet ihr auch schon mal Zweifel in einer langjährigen Beziehung, besonders in so jungen Jahren (Jugendliebe)?
- Haben sich diese Zweifel mit der Zeit gelegt, und wie seid ihr damit umgegangen?
- Wie steht ihr zu dem Thema, in den 20ern eine feste Beziehung zu führen? Glaubt ihr, dass das gesellschaftliche Klischee, man müsse sich in diesem Alter „austoben“ und „frei sein“, wirklich so viel Gewicht haben sollte?
Ich würde mich total über eure Erfahrungen freuen, vor allem, wenn ihr sowas auch schon mal durchgemacht habt!
Danke fürs Lesen!
Liebe Grüße, Kiki
5 Antworten
Jugendliebe oder nicht, das spielt keine Rolle. Wichtig ist, dass man weiß, was man will. Dieses Selbstbewusstsein entwickelt sich bei jedem unterschiedlich. Manche wissen schon früh, was sie wollen, während andere Jahre brauchen, um Klarheit zu gewinnen. In meinem Umfeld gibt es viele Menschen, die seit ihrer Teenagerzeit zusammen sind und ihre Beziehungen über Jahre hinweg pflegen.
Meinen ersten Partner lernte ich mit 25 kennen, und 2022 sind wir gemeinsam umgezogen. Seit über fünf Jahren sind wir ein Paar, und unsere Ähnlichkeiten geben uns eine starke Basis. Natürlich hatte auch ich Zweifel, aber für mich gehört das dazu vor allem, wenn man in einer Beziehung das Gefühl hat, sie wäre ein Muss oder man müsste ständig die Bedürfnisse des anderen erfüllen. Doch diese Zweifel sind ein Teil des Prozesses, um zu verstehen, was man wirklich will.
Ich wäre auch als Single glücklich, aber ich genieße es, mit meinem Partner zu sein. Es gibt sicherlich Dinge, die mit ihm nicht möglich sind, aber diese bedeuten für mich nicht die Welt. Beziehungen bedeuten für mich, den anderen so zu akzeptieren, wie er ist, ohne den perfekten Partner zu erwarten, denn den gibt es nicht. Partnerschaften sind dafür da, sich selbst besser kennenzulernen, nicht um krampfhaft für immer zusammenzubleiben. Solange ich das Gefühl habe, dass nichts Grundlegendes fehlt, gibt es für mich keinen Grund, die Beziehung zu beenden.
Für mich war schon immer klar, dass transparente und offene Kommunikation unverzichtbar ist. Wenn ich nicht über meine Bedürfnisse sprechen könnte, wäre für mich jede Beziehung vorbei. Diese Klarheit darüber, was ich will, ist für mich der Schlüssel zu einer erfüllten Partnerschaft.
Ich bin gerne ein Beziehungsmensch, kein Einzelkämpfer. Freiheit ist für mich kein äußeres Konstrukt, sondern etwas, das von innen kommt. Freiheit bedeutet für mich, viele Entscheidungsmöglichkeiten zu haben und meine Ziele und Absichten umsetzen zu können. Das nennt sich Selbstermächtigung und ist das Gegenteil von Ohnmacht.
LG
Sandy
dein Zusammenleben ist zur Gewohnheit geworden und es scheint es gibt kaum noch etwas wofür ihr beide euch Einsätzen oder gar Streben müsst. ich habe 33 Ehejahre vorzuweisen und ja es gab solche Phasen, der Selbstfindung, der Erklärung nach dem was kommt noch und wofür...
aber letztlich, nach all der Zeit sehe ich sie mit aufgeklärten Augen, nicht was zwischen uns passt, trotz des Alltages.
sich immer wieder finden, gemeinsame Ziele verfolgen, vor allem kleine. wenn du ihn noch wirklich liebst, also nichts vermisst... du durchaus bei deinen Zweifeln Hilfe holen kannst. und austoben, muss man sich nicht wirklich, danach stand mir auch nicht der Sinn, unsere Kinder hatten und haben da uns voll genügt.
Wer in einer "eigentlich" gut laufenden Beziehung Angst hat, etwas zu verpassen, der führt keine gute Beziehung sondern meistens einfach nur eine Gewohnheit.
Man verpasst in einer tatsächlich guten Beziehung nämlich genau GAR NICHTS und hat auch nicht das Gefühl, man würde es tun.
Wie eine Beziehung tatsächlich gut funktioniert und das dauerhaft? Indem man lernt offen und ehrlich miteinander zu sprechen, die eigenen Bedürfnisse äußern kann, dem Partner weder die Schuld noch die Verantwortung am eigenen Glück oder Unglück zuteilt und auch in der Beziehung eine eigenständige Persönlichkeit ist!
Zuerst einmal sage ich ganz klar - der Gedanke, das man "sich irgendwie austoben müsste" - ist ein totales Klischee. Ich weiß wirklich nicht, wer sich das ausgedacht hat.
Man verpasst da nichts, wenn man in einer Beziehung ist in diesen Jahren. Dir fehlt aber etwas, vielleicht mehr Aktivität, vielleicht grübelst du aber auch unnötig, weil dieses angebliche Singleleben dich in eine komplett andere Person umkehren würde - so in deinen Gedanken.
Da ist also vielleicht einfach nur Einbildung und Wunschdenken dahinter. Nichts hindert dich ja daran, was mit Freunden zu erleben. Wenn du dir wünschst, mehr mit deinem Freund zu erleben (weil er ja lieber zuhause bleibt) dann müsst ihr miteinander reden.
Niemand weiß, was der Gegenüber denkt, auch in einer guten Beziehung - und vielleicht findet sich ein Kompromiß, mit dem beide leben können.
Hallo Kiki,
ich habe zwar keine Erfahrungen mit Depressionen aber solche Zweifelphasen hatte/habe ich immer alle paar Jahre. Das ist normal weil sich jeder Mensch weiterentwickelt. Solche Entwicklungsphasen tun auch manchmal weh, weil man sich möglicherweise auch von alten liebgewonnenen Mustern trennt. Ich gehe heute sehr entspannt mit meinen persönlichen "Wachstumsphasen" um, weil ich mittlerweile sehr gefestigt bin (49 Jahre) und mich selbst sehr gut kenne und auch meine Eigenheiten und Wünsche gut akzeptieren kann. Deshalb kann ich dir nur den Rat geben, dass du die Erwartungen der Anderen komplett ausblendest. Hör auf dein Bauchgefühl und versuche dein eigenes Glück zu finden. Du musst ja nicht genau jetzt und auf der Stelle irgendwelche Entscheidungen treffen! Wenn du in deiner Beziehungen bist die dir wichtig ist, dann bleib doch dabei. Gib dir aber gleichzeitig den Raum selbst etwas zu unternehmen - das ist nichts Böses! Wenn dein Partner nicht mitkommen will musst du das akzeptieren und es soll auch nicht dein Ziel sein ihn zu ändern. Genieße Unternehmungen die du machst und wenn du aus deiner Beziehung rausgewachsen bist, dann wirst du dich ohnehin in wem anderen verlieben. Du denkst viel zu sehr drüber nach ob du etwas richtig oder falsch machst. Wenn du aus deiner Beziehung rausgewachsen bist, wirst du heute oder morgen ohnehin etwas anderes finden. Du darfst dich nicht gegen solche Entwicklungsschübe wehren, sonst behinderst du dein inneres Wachstum. Wenn du dich nicht wehrst und das Leben auf dich zukommen lässt, wirst du mit jedem Jahr selbstbewusster :). Also unternimm etwas (mit wem auch immer - ganz egal) und genieße dein Leben. Der Rest kommt ohnehin wie es kommen muss! Und niemand kann dir raten was für DICH das richtige ist, das kannst nur du selbst! Nebenbei: auch Irrtümer gehören zum Leben