Wieso waren die Nazis im 2. Weltkrieg waffentechnisch allen anderen Jahren voraus?

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Das muss differenziert werden.
Deutschland hatte durch den Versailler Vertrag zu Beginn eher rückständige Technologie.
Im ersten Kriegsjahr war die Panzertechnik z.B. noch sehr begrenzt. Der Pz. IV hatte zunächst nur eine sehr ungenaue 7,5cm KwK, die auch nicht gerade gute Durchschlagskraft besaß. Gut gepanzert waren viele Fahrzeuge auch nicht. Die Pz. I und II waren lediglich Schützenpanzer mit kleinen MGs und Maschinenkanonen bis max. 20mm. Der Pz. I war sogar ursprünglich nicht für den Fronteinsatz gedacht.
Die Pz. 35t und 38t waren unter den frühen Panzern aus der Zeit wahrscheinlich am besten. Sie besaßen eine relativ leistungsfähige Bewaffnung, waren recht mobil und ohnehin nicht darauf ausgelegt, Treffer durch PaK zu überleben. Ihr Geschütz war aber gegen andere Panzer brauchbar.
Der Pz. IV wurde erst durch spätere Modifikationen richtig brauchbar, zu Beginn konnte er nicht viel ohne Unterstützung ausrichten.

In der Flugzeugtechnik hatte man zunächst auch durch die Beschränkungen des Versailler Vertrages Probleme. Das hatte aber auch etwas. Viele Flugzeugkonstrukteure sahen sich gezwungen, kreativ zu werden. Ebenso die Reichsregierung. Man suchte nach außergewöhnlichen Konstruktionen, die eher unbedeutend erschienen.

Mit der Bf 109 von Willy Messerschmitt hatte man zumindest schonmal einen extrem guten und flexiblen Standardjäger, der später auch zum Jagdbomber umgebaut werden konnte und immer wieder neue Möglichkeiten eröffnete.
Der Unterschied zwischen einer Bf 109B, Bf 109F-4 und Bf 109G-14 war riesig. Dieses Flugzeug lies sich scheinbar an alle Gegebenheiten anpassen. Nur wenige Flugzeuge konnten den immer neuen Versionen das Wasser reichen. Die späteren P-51 Mustang, Tempest und späten Spitfires, sowie einige sowjetische Flugzeuge wie die Lawotschkin La-7 waren dazu in der Lage, teils sogar überlegen.

Außerdem beauftragte man die Focke-Wulf-AG in Bremen bereits 1937 mit der Konstruktion eines zweiten Standardjägers neben der Bf 109, woraufhin die Fw 190 Würger entstand, die ebenfalls sehr gut funktionierte und ähnlich anpassungsfähig, wie die Bf 109 war.

Und dann hieß es: Vor allem die Quantität macht es aus. So gewann man schließlich die Blitzkriege: Panzerverbände stoßen durch, zerstören dabei die Verteidigungslinien mit schwerer Luftunterstützung.

Im Kampf gegen die UdSSR traf man dann auf den T-34 und KV-1 und KV-2.
Die KV-Serie war recht schwer gepanzert, der KV-1 aber nur dürftig bewaffnet. Der KV-2 dagegen war das größere Problem, aber auch ein sehr sperriges und langsames Ziel.
Der T-34 war das Hauptproblem. Hier kamen selbst die späteren Pz. IV mit ihren mittlerweile deutlich verbesserten 7,5cm Kwks nicht mehr an, weil die Panzerung zu stark angewinkelt war.
Die StuG III hatten zwar durchschlagskräftigere 7,5cm Geschütze, waren jedoch nicht so einsetzbar, wie es der Pz. IV war.
Also entwickelte man den Pz. V Panther, der eine sehr viel stärkere Panzerung und eine viel bessere Hauptbewaffnung besaß. Und diese setzte sich auch durch, bis die UdSSR den T-34-85 mit einem 85mm Geschütz, sowie IS-1 und besonders den IS-2 mit der 122mm D-25T entwickelte. Diese waren Panzerungstechnisch in der Lage, dem Panther etwas länger stand zu halten und konnten mit ihren Geschützen diesen auch zerstören.
Der Pz. VI Tiger bekam dann eine 8,8cm KwK. Diese sollte jede Panzerung durchschlagen können.
Und das Geschütz des Tigers, sowie dessen 100mm Frontpanzerung waren unglaublich stark, nur wies der Panzer erhebliche technische Mängel auf, benötigte eine sehr spezielle Schulung und war ein leichtes Ziel, wenn der Motor wieder verreckte.
Die sowjetischen Panzer dagegen konnten praktisch von jedem Idioten bedient werden. Waren aber ebenfalls sehr mangelhaft gebaut. Die UdSSR setzte vorallem auf Quantität, als auf Qualität. Eben das, was Deutschland zu Beginn auch tat.

Irgendwann folgte dann der Pz. VIb Tiger II, der an sich mehr eine Weiterentwicklung des Panthers als des Tigers war, nur eben als schwerer Panzer.
120mm Frontplatten mit starker Anwinklung auf der Wanne verhinderten eigentlich jeglichen Frontalschaden. Das Waffensystem war zunächst die 8,8cm Kwk des Tigers, die dann noch etwas weiter entwickelt wurde. Es gab sogar Pläne, eine 10,5cm KwK zu verbauen, die jedoch nicht mehr ausgeführt wurden, da der Turm es platztechnisch nicht mehr wirklich zuließ.

Hitler wollte es aber noch größer und stärker. Und hier begann eigentlich der Rückschritt, bei dem jegliche fortschrittliche Technologie verloren ging, wie sie bei den Pz. V und VI noch zumindest teilsweise vorhanden war.
Der Pz. VIII Maus hatte über 200mm Frontpanzerung, eine 12,8cm KwK als Haupt- und eine 7,5cm KwK als Sekundärbewaffnung. Es wurden nur zwei Stück gebaut, die man versuchte, der Roten Armee entgegenzuschicken, jedoch völlig erfolglos.

Doch sollte man wissen, dass die drei bedeutendsten Panzerasse des Zweiten Weltkrieges Michael Wittmann (Waffen-SS), Otto Carius (Wehrmacht) und Kurt Knispel (Wehrmacht) alle am Ende Kommandanten von Pz. VI oder VIb waren, wobei nur Carius den Krieg überlebte.
Wittmann wurde in Belgien durch die Explosion des Muntionslagers seiner Panzers getötet und Knispel starb am 28. April 1945 in der Tschechoslowakei als erfolgreichstes Panzerass des Zweiten Weltkrieges mit 23 Jahren durch eine schwere Kopfverletzung nach einem Treffer durch einen sowjetischen Panzer.

D.h. die Waffensysteme dieser Panzer waren durchaus nützlich, die Panzer aber insgesamt zu schwer und zu eingeschränkt, sowohl durch technische Mängel, als auch durch ihre begrenzte Mobilität.

In der Flugzeugtechnik war Deutschland später führend, da man sich viel mit experimentellen Geschichten beschäftigte.
Das Strahltriebwerk wäre ein Punkt. Dieses wurde zunächst nur von Ernst Heinkel gefördert, als man aber die Geschwindigkeits- und Leistungsvorteile entdeckte, begannen auch andere Unternehmen Interesse zu zeigen.
Dazu kamen die begrenzten Ressourcen und die besonderen Umstände.

Die Entwicklung diverser Flugzeuge begann bereits 1939. In diesem Jahr flog die He 178, das erste strahlgetriebene Flugzeug, zum ersten Mal.
Die Me 262 war der erste seriengefertigte Kampfflugzeug mit Strahltriebwerk, wurde aber erst 1944 in Dienst gestellt.
Der enorme Leistungvorteil dieser Flugzeuge sorgte für einen massiven Vorteil gegenüber alliierten Flugzeugen.
Nur wurde die Me 262 A-1 in relativ geringer Zahl gefertigt, Hitler fuhr das Projekt mit der Forderung nach der A-2, einem Blitzbomber, an die Wand.
Es gibt dazu ein Zitat:

Mein Führer, das sieht doch jedes Kind, dass dies kein Bomber, sondern ein Jäger ist!

Und so war es auch.
Der erste strahlgetriebene Bomber folgte ebenfalls 1944 mit der Arado 234, die zunächst als Aufklärungsflugzeug konzipiert wurde, dann aber auch als Bomber eingesetzt wurde, ebenfalls mit hervorragenden Leistungen.
Grundsätzlich war aber die quantitative Unterlegenheit der deutschen Technologie und die Tatsache, dass viele bedeutende Projekte erst 1944/45 eingesetzt wurden, als der Krieg bereits entschieden war, das Hauptproblem.
Auch die He 162 war ein eigentlich sehr leistungsfähiges Flugzeug, aufgrund der mangelhaften Fertigung, die mit dem Fachkräftemangel und der Ressourcenknappheit als Kriegsfolge einherging, aber eher unbedeutend. Auch spielten wie immer die Zahlen eine Rolle.

Viele Dinge, die die Deutschen entwickelt hatten, waren in der Tat extrem fortschrittlich und stark, nur waren sie schwer zu bedienen. Es gab praktisch kaum Leute, die darauf ausreichend geschult werden konnten und wenn diese starben, mussten neue her.

Auch das Konzept der Me 163 war nicht schlecht. Ein Flugzeug, dass schnell große Höhen erreichen sollte und dort mit starker Bewaffnung großen Schaden anrichten sollte, war nicht dämlich, nur war die 163 mit ihrem Walter-Raketentriebwerk extrem schwer zu kontrollieren und oft zu schnell, um effektiv kämpfen zu können.
Der mangelnde Treibstoff sorgte dafür, dass man als Pilot nur eine, wenn man Glück hatte zwei Versuche hatte, um anzugreifen, danach musste wieder gelandet werden, wenn man das überhaupt noch schaffen konnte.

Die Umsetzung und der Zeitpunkt/die geringe Priorität war also oft ein Problem.
Man begann mit der Planung der Me 262C-Serie, die mit zusätzlichen Raketentriebwerken ausgestattet waren. Diese sollten wie die Me 163 funktionieren und zusätzlich noch die Vorteile der strahlgetriebenen Me 262 mit ihren vier 30mm-MK108-Maschinenkanonen haben.
Selbst an einer Me 262 HG-Serie wurde herumexperiementiert. Diese sollte durch Anpassung der Aerodynamik bessere Flugleistungen erbringen.
Des Weiteren entwickelte Messerschmitt bereits die P-Serienflugzeuge.
Diese sollten dann die teils 1000km/h-Marke problemlos überschreiten. Doch kam es nicht mehr dazu.

Hauptgrund war also eher die gezwungene Kreativität durch die Einschränkungen des Versailler Vertrages.
Der Hauptgrund für das Versagen war vor allem, dass man viele Fachkräfte in den Kampf schickte, die Ressourcen, besonders Stahl/Metall und Treibstoff, knapp wurden und die Waffensysteme entweder zu spät kamen, oder sie von Hitler an die Wand gefahren wurden.

Forschungstechnisch waren diese Systeme aber allesamt in irgendeiner Weise sehr aufschluss- und hilfreich.
Sei es die Erkenntnis, dass nicht schwere Panzer, sondern mittlere Panzer (später dann MBTs) besser funktionieren oder mehr nicht immer gleich besser ist.

Doch gab es eben nicht nur in Deutschland solche Entwicklungen, sondern in allen beteiligten Ländern. (Außer Italien.)


Ostdeutscher89  17.12.2019, 17:21

Das ist nicht so richtig der Panzer IV mit der 7,5 war einem T34 ebenbürtig und konnte ihn auch an der Front knacken dafür gab es auch Passende Munition

Shadoukoa  18.12.2019, 08:24
@Ostdeutscher89

Das mag wohl teils stimmen, man hatte aber ernsthafte Probleme, nur mit den "alten" Geräten, also Pz. I-IV, 35/38t, StuG, Marder, etc. gegen die sowjetischen Panzer anzukommen.
Panzerungstechnisch war der T-34 dem Pz. IV deutlich überlegen. Den T-34 mit einem Fronttreffer über mehrere hundert Meter Entfernung zu zerstören war auch nicht leicht. Mit HEAT, also Hohlladungsgeschossen wurde das einfacher.
Versteh mich nicht falsch. Bis Ende 1941 stand die Wehrmacht vor Leningrad und Moskau. D.h. man hat es definitv geschafft, die bis dahin auch teils noch schlecht ausgerüstete Rote Armee zu besiegen.
Doch sah man sich mit der Zeit gezwungen, zuverlässigere Waffensysteme zu bauen.

Nur der Blitzkrieg/Ueberfall brachte die DE Wehrmacht voran in der ersten Zeit.

Waffentechnisch besser, diese Anwort bleibt den Beweis schiuldig, denn auf einer Parade sehen Panzer alle gut aus, bei 40 Grad Minus und Schlamm und Dreck, waren die DE Fahrzeuge insgesamt unterlegen, denn die Benzinmotoren, da gefrohren die Vergaser ein, Diesel war ein knappes Gut in DE.

DE war im Nachteil durch seine Vielzahl an Fahrzeugtypen, somit standen sie in Reihe still, weil entsprechende Ersatzteile fehlten. Das moechte keiner hoeren, denn jeder Hersteller wollte seine Produkte dort einbringen.

Dieses Manko hatte die Sowjetunion nicht, wenige Typen, allerdings die funktionierten, auch wenn die Schweissnaehte nicht geputzt waren.

Es ist ein Mythos, hier wird sicherlich an Werner von Braun in Penemuende gedacht, die V Waffen waren mehr Schreck als das sie Wirkung zeigten.

https://museum-peenemuende.de/zeitreise/vergeltungswaffen/

Woher ich das weiß:Hobby

Shadoukoa  18.12.2019, 08:35

"Funktionierend" ist allerdings auch relativ. Die UdSSR hatte schließlich massive Fertigungsmängel beim T-34 aufzuweisen, die der gewaltigen Massenproduktion geschuldet waren.

Man sollte bedenken, wie viele Soldaten starben, weil sie an schlecht verarbeiteten Kanten hängen blieben, während sie fluchtartig versuchten, den Panzer zu verlassen oder wie viele T-34 nur aufgrund technischer Mängel verloren gingen. Seien es Ladehemmungen, Motorausfälle, Verklemmung der Steuerung oder ein nicht funktionierender Turmdrehkranz (wobei letzteres wirklich das geringste Problem war).
Der T-34 war definitiv brauchbar in seiner Konstruktion, aber wie auch einige deutsche Entwicklungen aufgrund der teils zu schnellen und unsorgfältigen Produktion eine Gefahr für die Besatzung.

Beachte aber bitte, dass das nicht für alle gefertigten Fahrzeuge gilt, es gab jedoch einige, bei denen das eben so war.
Natürlich werden die nicht 50.000 Todesfallen produziert haben. Damit hätten sie den Krieg dann wohl nicht überlebt.

zetra  18.12.2019, 08:59
@Shadoukoa

Warum wiederholst du dich hier, du hast doch deine Meinung lang und breit schon erklaert.

Ich sehe das zwar nicht als Verwaesserung meines Beitrages an, allerdings das Resultat steht doch nun einmal fest Masse hatte gesiegt, daran gibt es keinen Zweifel.Eine 7.5 cm Pak war die Hauptwaffe im Kampf gegen Panzer, somit wurden damit die meistern Panzer ausser Gefecht gesetzt und nicht Panzer gegen Panzer.

Weil in Deutschland zuvor eine Art Industrialisierung stattfand und die deutschen “Wohlstands-Gebildeten“ eine Art Bund gründeten, indem sie ihr wissen über die Herstellung verschiedener Waffen austauschen konnten. Zudem hatte die NSDAP viel Geld, um in die neue Waffentechnik zu investieren.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung

Waren Sie doch gar nicht.

  • In der Panzertechnik war die Udssr bis zum Erscheinen des deutschen Panther führend, konnte aber auch dem Panther gleichwertige Fahrzeuge entgegensetzen.
  • In der Luft waren zu Kriegsbeginn die Briten gleich auf, und im Verlauf des Krieges sowohl die Briten als auch die Sowjetunion fortschrittlicher.
  • Die Russen hatten zu Kriegsbeginn schon deutlich bessere Raketenartillerie.

Einzig in der Ubootfertigung hat Deutschland wirklich große Fortschritte erzielt, die von Ihren Gegnern nicht so leicht eingeholt werden konnte, diesen technologischen Vorsprung hielt Deutschland auch bis zum Ende des Krieges.


Ostdeutscher89  17.12.2019, 17:18

welche Flugzeuge der UDSSR und England waren besser als die BF 109 und FW ???

Die Frage ist hier: Was bedeutet waffentechnisch voraus? Ein Beispiel:

Sicher waren z.B. der Tiger und der Tiger II ingenieurtechnische Meisterleistungen. Sie waren aber leider nicht wirklich fronttauglich. So gingen vom Tiger mehr Panzer durch technische Defekte verloren als durch Feindeinwirkung. Zudem war die Produktion so kompliziert, dass nicht die tatsächlich benötigte Fahrzeuganzahl geliefert werden konnte.

Demgegenüber war z.B. der T34 eine genauso große ingenieurtechnische Meisterleistung. Warum? Er wurde mit einfachsten Mitteln massenproduziert und stand daher in extrem großer Zahl zur Verfügung. Er war robust und wartungsfreundlich. Auch wenn die Panzerung dünn war, war sie durch ihre Winkelung innovativ. Demzufolge, auch wenn ihm die (wenn man das bei Kriegswaffen überhaupt sagen kann) technische Faszination eines Tigers fehlte, war der T34 als Panzer weitaus erfolgreicher.

Zusammenfassung: Während sich die Alliierten des 2. Weltkriegs auf ihre überlegenen Resourcen stützen konnten, verließen sich die Nazis (man möchte fast sagen glücklicherweise) auf nicht massentaugliche technische Spielereien, die am Ende nutzlos blieben.