Wieso spricht Cäsar von sich aus imer in der dritten Person?

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Gaius Iulius Caesar spricht von sich in der eigenen Darstellung seiner Taten in der dritten Person, in seinen Werken Commentarii de Bello Gallico und Commentarii de Bello Civili.

Caesar hat nicht immer, bei allen möglichen Gelegenheiten, von sich in der dritten Person gesprochen. Dies zeigen z. B. erhaltene Briefe an Cicero, wo er in der Ich-Form (erste Person) spricht.

Caesar hat sich für wichtig gehalten, aber dies war nicht der Grund für die Wahl der dritten Person bei der Darstellung des gallischen Krieges und des Bürgerkrieges. Es ging ihm auch nicht darum, sich so mächtiger vorzukommen.

Caesars Wahl der dritten Person dient dem Zweck, einen Eindruck von Objektivität, Sachlichkeit und unparteilichem Abstand zu erzeugen. Caesar wählt den nüchternen Stil eines Berichterstatters, schon mit der Wahl der Textsorte. Ein commentarius hatte starke Wurzeln in einer Aufzeichnung von Fakten. Caesar hatte das Ziel, glaubwürdig zu wirken.

Caesar betreibt durchaus Leserlenkung und ist nicht objektiv und unparteilich. Der äußere Anschein soll aber nicht einen starken Verdacht darauf hervorrufen. Die Wahl der ersten Person, eines subjektiven Ich, hätte stärker den Eindruck hervorgerufen, eine parteiliche Darstellung zu lesen, bei der Vorsicht angebracht ist, was das Verhältnis zur Wahrheit betrifft. Die dritte Person erweckt mehr den Anschein von zurückhaltender Sachlichkeit und ausreichendem Anstand (Distanz).

Karl A. E. Enenkel, Die Erfindung des Menschen : die Autobiographik des frühneuzeitlichen Humanismus von Petrarca bis Lipsius. Berlin ; New York : de Gruyter, 2008, S. 312 – 313:

„Caesar beabsichtigte mit seinem Werk, das politisch relevante Publikum vom Sinn seiner gallischen Eroberungen und seiner Aufrichtigkeit als Diener des Staates zu überzeugen. […]. Hinzu kam, dass Caesars ganzes Unternehmen mit seinen persönlichen Belangen verknüpft war. Die Tatsache, dass er selbst der Hauptgegenstand seines Berichts war, bildete natürlich für seinen Leser stets einen Anlass, an der Wahrheit und Aufrichtigkeit seiner Darstellung zu zweifeln. Caesar, der sich deren Skepsis ausrechnen konnte, kämpfte vor allem um Glaubwürdigkeit. Dazu aktivierte er alle ihm zu Gebote stehenden Darstellungsmittel, mit denen Sachlichkeit und Objektivität vermittelt werden konnten.

Schon die Wahl des Titels diente dazu, das Publikum einem Objektivitäts- und Wahrheitsdiskurs zu verpflichten. Entscheidend war, dass der Titel Aufzeichnungen/commentarii damals eine nichtliterarische Textsorte bezeichnete: Die Aufzeichnungen römischer Beamter, Provinzstatthalter und Feldherren, die diese vor allem für den Fall amtlicher Forderungen verfassten. Häufig wurden römische Beamte nach Ende ihrer Amtsperiode von ihren politischen Gegnern vor Gericht geschleppt, die in Repetundenprozessen im Namen von Provinzen die Rückerstattung von Geldern einklagten. Zumeist boten derartige Aufzeichnungen nicht viel mehr als Materialsammlungen. Caesar verortete seine Commentarii zum Zweck der Beglaubigung bewusst in diesen Materialsammlungen. Demselben Zweck dient, dass er für sich selbst die dritte Person verwendete. Es handelt sich keineswegs um den Manierismus eines vom Größenwahn befallenen Feldherrn, der sich selbst so wichtig nimmt, dass er sich in der dritten Person anredet. Die Verwendung der ersten Person hätte sein Publikum immer darauf hingewiesen, dass er, Caesar, sich selbst darstellte. Dieser Eindruck war ihm alles andere als angenehm. Indem seine Persönlichkeit bei einer solchen Darstellung in den Vordergrund getreten wäre, hätte dies den Eindruck vermittelt, dass der gallische Krieg Caesars Privatangelegenheit sei. Die dritte Person suggeriert hingegen Distanz und Objektivität.“

Allgemein nützlich kann eine Darstellung in einer Literaturgeschichte sein:

Michael von Albrecht, Geschichte der römischen Literatur : von Andronicus bis Boethius und ihr Fortwirken. Band 1. 3., verbesserte und erweiterte Auflage. Berlin : De Gruyter, 2012, S. 368 - 391


Charliestern 
Beitragsersteller
 05.05.2013, 21:00

Ein super großes Dankeschön :D woher weißt du eig so viel über ihn? Unfasbar :o

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Weil er sich selber vermutlich ziemlich wichtig fand (wie Loddar Matthäus - der macht das heute noch).

OK, Wikipedia weiß wieder mal Bescheid: "Caesar beschrieb seine Handlungen nicht in der 1., sondern in der 3. Person (Er-Form), um den Anschein von Objektivität und Bescheidenheit zu erwecken."


Charliestern 
Beitragsersteller
 05.05.2013, 17:58

danke :D wenn man so drüber nachdenkt ist das auch echt sinnvoll von ihm gemacht

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Caesar schrieb sein Buch mit seiner eigenen Meinung,
die man nicht sofort erkennt, denn er versuchte sein eigenes Volk als hilflos
darzustellen und die Helvetier für alles schuldig zu sprechen. Er bezweckt
somit, dass die Leser denken, dass die Helvetier den Krieg wollten und ihn
somit auch angetrieben haben. Hierbei vewendet er eine besondere Erzähltechnik und verdeutlicht es auch mit Stilmitteln.

Die Erzähltechnik Caesars besteht aus den Prinzipien
der Leserlenkung („Caesar rerum suarum scriptor invictus“).

Das erste Prinzip, ist das Prinzip der Indirektheit.
Caesar stellt sich objektiver und seriös dar, indem er sich rechtfertigt.
Deshalb schreibt er über sich selbst in der dritten Person Singular (er, sie,
es). Allerdings wirkt dies auch zum Teil arrogant.

Das zweite Prinzip ist das Prinzip der
Notwendigkeit. Caesar stellt die Situation eines Krieges als dramatisch und
übertrieben dar, sodass ein krieg als unbedingt notwendig erscheint. Er benutzt 

Z.B.: das Genus verbi Passiv, um das eigene Volk hilflos darzustellen,

sowie eine barbarische Darstellung der Gegners.

Das dritte und letzte Prinzip hatten wir noch nicht.

Ich weiß, dass die Frage schon älter ist aber ich hoffe, dass ich anderen damit weiterhelfen konnte.

LG

Möglicherweise wollte Cäsar einfach durch die Wahl der 3. Person davon ablenken, dass in WIkrlichkeit alles aus seiner Sicht, alleine die (macht-) Interessen seienr Person von ihm geschrieben wurde. Die 3. Person wirkt dann nicht mehr so subjektiv, als wenn da immer stehen würde: "Ich ...., ich ....ICH .... Ich...". Der Eindruck wird dadurch verstärkt, es sei ein nüchterner Bericht (statt einer Subjektiven Rechtfertigungsschrift, o.Ä.).

Tatsächlich wird der Wahrheitsgehalt von Vielem, was Cäsar geschrieben hat, ja heute sehr in Zweifel gezogen. Als echte Machtpolitiker versuchte Cäsar sich alles unterzuordnen, einschließlich der Geschichtsschreibung (deren Manipulierung natürlich schon immer ein Mittel der Mächtigen zur Rechtfertigung/ ERlangung von macht war).

Er ist der Diktator des römischen Reiches, er ist der mächtigste Mann Roms, er ist der erfolgreichste Eroberer, in ihm Gipfeln alle Superlative. Wenn einer in der 3. Person von sich selber redet, ist er immer Arogant und hält sich selbst für den Größten.

Du kannst das ja mal bei deinen Freunden ausprobieren, wenn dir gerade etwas besonders gut gelungen ist: Hat er das nicht hervorragend gemacht, dieser tolle Kerl. Schau mal, wie sie reagieren ;D