wie haben deutsche in der Nachkriegszeit über Hitler gedacht?

7 Antworten

Sehr unterschiedlich. Mein Vater, Jahrgang 1940, berichtete uns angewidert, dass als er als Inspektoranwärter in den Sechziger Jahren in seine Behörde kam, sich die älteren Kollegen gegenseitig praktisch nur danach definierten, bei welchem Truppenteil und in welchem Dienstgrad sie im Krieg teilgenommen hatten. Die Waffen-SS thronte dabei über allen anderen. Und am 20. April kamen einige sogar im dunklen Anzug und mit silberner Krawatte zum Dienst. Einmal, als in dem Büro, wo mein Vater mit seinem Kollegen, der ihn auszubilden hatte, zusammen saß, kamen zwei Antragsteller ins Büro und erklärten, dass sie Juden seien (was wegen der Sache, weswegen sie da waren, relevant war). Der Kollege meines Vaters schaute sie nur verächtlich an und sagte grinsend: "Das sehe ich."

Es gab Menschen die dachten: "Hitler hat Deutschland zu neuer Blüte und Größe geführt und nur weil ihn seine Generäle so im Stich gelassen haben, hat Deutschland den Krieg verloren. Und was mit den Juden geschah war schrecklich aber die haben das doch selbst verschuldet."

Es gab Deutsche die schlichtweg enttäuscht in jeglicher Hinsicht waren, dass Hitler Deutschland so dermaßen in den Untergang geführt hat und dass er mit diesen Massenmorden so ein Monster war."

In drei Punkten waren sie sich einig:

1. Hitler hat die Deutschen verführt.

2. Hitler hat Deutschland zu einer enormen Größe geführt.

3. Hitler der die Juden in Europa vernichtet hat.

Die Wahrheit, die wahren Macher und Mörder, ist bis heute weitgehend unbekannt.


Stressika  07.07.2022, 09:28
1. Hitler hat die Deutschen verführt.
3. Hitler der die Juden in Europa vernichtet hat.
Die Wahrheit, die wahren Macher und Mörder, ist bis heute weitgehend unbekannt.

1) und sie haben sich sehr gerne korrumpieren lassen, sie haben nach Kriegsende gelogen als gäbe es kein Morgen mehr, insbesondere bei der Frage nach ihren eigenen Motiven für ihren aktiven oder passiven Kampf gegen das Judentum!

3) Das hat aber, sofern es überhaupt flächendeckend funktionierte, einige Jahre gedauert und sonderlich bewusst wurde das den wenigsten. Der innere Antisemitismus war oft stark verwurzelt, man sagte nach Außen anders als man nach Innen dachte.

Da ich mit dem letzten Satz verknüpfe, das dir diese wahren Strippenzieher, ergo nur einem der wenigen richtigen, ehrlichen und neutralen (Hobby) Historikern bekannt sind, würde ich mich freuen wenn du mich diesbezüglich auch erleuchtest. Kommen jetzt Namen wie z.B. Goering, Goebbels, Bormann, Röhm, Schacht...Riefenstahl? Diese Personen sind ausführlich bekannt, ebenso ihre Rollen, auch ihre Wichtigkeit vor und/oder während des NS-Staates.

Nach dem ersten Weltkrieg bahnte Hitler sich nicht nur einen Weg durch die Turbulenzen der Nachkriegszeit, sondern fand auch für die NSDAP eine Nische im Dickicht der konkurrierenden rechts-nationalen Gruppierungen in München. Nach einem gescheiterten Putschversuch, nach Prozess und Haft versammelte er die NS-Bewegung hinter sich. Er überzeugte immer mehr Deutsche, ihn und seine Partei zu wählen, und manipulierte und bedrängte die Umgebung von Reichspräsident Hindenburg, bis dieser ihn zum Reichskanzler ernannte. Er belebte die deutsche Wirtschaft neu, er erweckte zumindest den Anschein, schaltete systematisch innere Gegner aus und setzte ein beispielloses Rüstungsprogramm in Gang. Dann erreichte er, ohne einen einzigen Schuss abzufeuern, eine enorme territoriale Vergrößerung des Deutschen Reichs und erzielte in den ersten beiden Kriegsjahren einige bemerkenswerte militärische Siege. In jedem Stadium hätte er scheitern können, etwa bei seinem persönlichen Eingreifen in der Röhm-Affäre, bei der Remilitarisierung des Rheinlands, der Maikrise, dem Norwegenfeldzug oder dem kühnen Angriff im Westen. Natürlich profitierte er im Innern wie im Ausland von der Unterstützung, Komplizenschaft und den Fehlern anderer sowie von schierem Glück. Ohne die frühe Förderung durch die Reichswehr wäre die NSDAP möglicherweise nie aus den Startlöchern gekommen. Ohne die Weltwirtschaftskrise hätte Hitler vielleicht nie die Anziehungskraft auf die Wähler ausgeübt, die ihn 1932 an die Schwelle zur Macht führte. Hätten die alten Eliten sich nicht verkalkuliert, wäre er möglicherweise nie zum Kanzler ernannt worden. In den ersten Jahren seiner Herrschaft hing er von der Mitarbeit vieler institutioneller Akteure ab, die zum Teil die gleichen Ziele verfolgten wie er. Auf internationaler Bühne erkannten sowohl die meisten Staatsmänner als auch die Öffentlichkeit erst spät, welche Gefahr er darstellte. Manche betrachteten ihn als Hoffnungsträger im Kampf gegen die Ausbreitung des Bolschewismus, andere hegten insgeheim, häufig auch recht offen Sympathie für die Art, wie er die etablierte Ordnung in Frage stellte. In der ersten Phase des Zweiten Weltkriegs waren seine Feinde schwach oder unfähig oder gar beides, alles gar keine Frage.

Hitler hat in seiner Laufbahn fünf Grundauffassungen vertreten und diese seinem Kreis auch vermittelt sodass es übernommen wurde. Erstens war er von der Macht der Juden besessen, die er in einem Ausmaß übertrieb, dass die zentrale Rolle des Antisemitismus in seiner Weltanschauung nur als paranoid bezeichnet werden kann. Zweitens missachtete er die Sowjetunion weitgehend, deren Stärke er erheblich unterschätzte. Diese Fehleinschätzung sollte zu seinem Untergang führen. Drittens schrieb er Anglo-Amerika eine überwältigende Machtfülle zu. Damit hatte er, wie sich herausstellte, vollkommen recht. Im Zusammenhang damit glaubte er, viertens, dass die Deutschen, über die er herrschte im Gegensatz zu denen, die er züchten wollte , zu schwach und zersplittert seien, um gegen die "Angelsachsen", die globale Herrenrasse, bestehen zu können. Auch darin wurde er, wie sich zeigte, bestätigt, und es ist unwahrscheinlich, dass er ein für ihn günstigeres Ergebnis erzielt hätte, wenn er die Zeit gehabt hätte, das deutsche Volk in seinem Sinn zu "heben". Fünftens hatte er vorausgesagt, dass das Deutsche Reich eine Weltmacht sein werde oder aber nichts. Auch in dieser Hinsicht lag er richtig, auch wenn es sich dabei um eine Art selbst erfüllende Prophezeiung handelte mit der er so nicht gerechnet hatte.. 

0
PaulSmart  09.07.2022, 07:47
@Stressika

"Kommen jetzt Namen wie z.B. Goering, Goebbels, Bormann, Röhm, Schacht...Riefenstahl? Diese Personen sind ausführlich bekannt, ebenso ihre Rollen, auch ihre Wichtigkeit vor und/oder während des NS-Staates." - ist das nicht seltsam und erstaunlich, obwohl ihre Rollen ausführlich bekannt sind, wird ihr Einfluß und Beitrag zum Erfolg der NSDAP und Adolf Hitlers von den meisten Historikern nicht beachtet? Aber dir ist bestimmt auch schon aufgefallen, dass diese Historiker Hitler eine Genialität unterstellen, die sie in vielen Punkten nicht beweisen, sondern zum Beispiel mit Hitlers Aussagen belegen, die er erst nachdem er an die Macht gekommen ist gesagt hat. Ein Großmaul hat es einfach sich als GröFaZ zu bezeichnen, von dem Tron aus, auf den ihn andere gehieft haben.

Leider kann ich dir bisher nur Hans Mommsen empfehlen, der Hitler als schwachen Diktator aufzeigt. Aber viel interessanter ist es sich die Werke der 'Bewunderer' Hitlers zu betrachten und Stellen zu finden an denen sie Hitler Genialität unterstellen, ohne es wirklich zu beweisen. Besonders die sehr ausführliche Hitler-Biographie von Joachim Fest die maßgeblich beeinflusst wurde durch den 'Zeitzeugen' Albert Speer, der sich als Verführter und somit Opfer Hitlers darstellen musste um den Kopf aus der Schlinge zu bekommen.

0

Sehr viele haben so getan, als hätte es die NS-Zeit gar nicht gegeben. (Bei manchen hat es sich bis heute nicht herum gesprochen)

Bei meiner Familie wurde da nicht drüber gesprochen - alle Gedenktage, wie z.B. die Reichspogromnach, wurde mit einem Abwinken abgetan. Wenn es dann doch mal Thema war, dann eher: Ich konnte da nichts für, ich bin nicht schuld, das waren die anderen. Hier und da fiel auch mal der Satz: Es war nicht alles schlecht. Wenn ich es heute so insgesamt beurteile hat man sich da ganz stark vor der Verantwortung weggeduckt. Aber das lässt sich leicht sagen, wenn man in dieser Zeit noch nicht geboren war.

genau so, wie es heute über politik und politiker verschiedene und teils total gegensätzliche meinungen gibt, haben die deutschen in den 50er jahren überwiegend ihre meinung geändert, nachdem nach und nach alle wahrheiten der gräueltaten bekannt wurden. trotzdem gab es bis in die 60er jahre nazis, die durch die maschen der ent-natifizierung geschlüpft sind und z.b. als nazi-euthanasie-ärtze klinken geleitet haben.