Wie funktionieren virtuelle Bosonen?

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Die virtuellen Bosonen liegen in dem Bereich der quantenmechanischen Unschärfe. D.h. die gibt es eigentlich nicht wirklich. Man kann also nicht sagen, dass dauernd virtuelle Bosonen abgestrahlt werden bis ein Teilchen damit wechselwirkt, weil sie nur existieren, sobald eine Wechselwirkung vorliegt. Tatsächlich ist die Vorstellung besser, dass "vorbeifliegende" Teilchen ständig probieren mit anderen Dingen zu wechselwirken und der quantenmechanische Zufall (zusammen mit den physikalischen Gesetzen und Erhaltungsgrößen) entscheidet, um welche Wechselwirkung es sich jetzt tatsächlich handelt. Aus statistischen Gründen werden dann beispielsweise geladene Teilchen genau so oft über virtuelle photonen wechselwirken, dass das bekannte Coloumb'sche Gesetz repräsentiert wird.

Die reellen Bosonen sind im Gegensatz dazu eben Bosonen, die außerhalb der quantenmechanischen Unschärfe existieren können. Sie können also frei propagieren (sofern ihre Lebenszeit das zulässt), existieren auch unabhängig von Wechselwirkungen und sind "direkt" beobachtbar. Beispielsweise besteht das Licht, das von einer Lampe abgestrahlt wird und die ständig ausgesandten Radiowellen aus reellen Photonen, während die abstoßende Wechselwirkung zwischen zwei Elektronen auf virtuelle Photonen beruht.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Physik Studium - Master in theoretischer Physik

Unbiquadium 
Beitragsersteller
 01.06.2024, 01:47
Aus statistischen Gründen werden dann beispielsweise geladene Teilchen genau so oft über virtuelle photonen wechselwirken, dass das bekannte Coloumb'sche Gesetz repräsentiert wird.

Das ist an sich auch klar und schlüssig nur wie funktioniert das bei Protonen und virtuellen Photonen jetzt, nach der Wechselwirkung mit dem Proton oder Elektronen müssten die doch verschwinden bzw. von den Teilchen dort absorbiert werden selbst wenn sie nur virtuell und statisch sind und ein Proton besteht ja aus drei Quarks. Gibt's da keine Möglichkeit wie virtuelle Photonen an virtuellen Mesonen (Quark-Antiquark) und Gluonen im Proton koppeln?

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DrNumerus  01.06.2024, 14:46
@Unbiquadium

Ja richtig, die virtuellen Photonen werden emittiert und wechselwirken dann mit den Partonen des Protons (also mit den Quarks im Inneren), wobei sie "absorbiert" werden. An gluonen koppeln Photonen jedoch nicht, weil Gluonen keine Ladung haben und Photonen nur an ladungsbehaftete Teilchen koppeln.

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Unbiquadium 
Beitragsersteller
 01.06.2024, 14:51
@DrNumerus

Aber nur mit virtuellen Photonen weil ansonsten könnten Quarks wenn sie zum Beispiel ihre Identität ändern vom Up-Quark zum Down-Quark und umgekehrt nicht auch reale Photonen emittieren?

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DrNumerus  01.06.2024, 14:59
@Unbiquadium

Die Änderung vom Up- zum Down-Quark geschieht nur durch die schwache Wechselwirkung, da das die einzige Wechselwirkung ist, welche die Flavourquantenzahl ändern kann (was hier eben passieren würde). Photonen treten nur als elektromagnetische Wechselwirkung auf und können das demnach nicht.

Neben der Wechselwirkung muss man immer beachten welche Erhaltungsgrößen dem Zugrunde liegen. Alle Wechselwirkungen erhalten beispielsweise die Fermionenzahl, die Energie und Impuls. Die starke, und Elektromagnetische erhalten zudem Flavour/Farbe, Parität und weitere. Eine Übersicht findest du auch hier. Nur die Wechselwirkungen, die alle Erhaltungsgrößen erfüllen und deren Kopplungen tatsächlich existieren (Ladungsträger bei EM, Massetragend bei Higgs, etc.) können passieren. Aus allen Möglichkeiten wählt die Natur dann mit gewisser Wahrscheinlichkeit eine aus.

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DrNumerus  01.06.2024, 15:05
@DrNumerus

Die Tatsache ob auch reelle Photonen abgestrahlt werden können ist dann eine Sache der Impuls- und Energieerhaltung. Beispielsweise wäre der Prozess e^+ + e^- -> photon zwar möglich, aber nur, wenn das photon virtuell ist. Wäre es nämlich reell hat es immer einen endlichen Impuls in jedem Bezugssystem (Konstanz der Lichtgeschwindigkeit), aber es gibt immer ein Bezugssystem indem e^+ und e^- zusammen einen verschwindenden Impuls haben (Schwerpunktssystem). Damit würde der Prozess mit einem reellen Photon die Impulserhaltung verletzen.

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Mit hoher Frequenz, meine ich nicht die Frequenz der Photonen sondern die Menge der Photonen die in relativ kurzer Zeit eine Wechselwirkung machen