Wie erkläre ich einem Kind, das die Mutter gestorben ist

14 Antworten

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Es ist ein ganz großer Trugschluss, dass Kinder mit dem Thema Tod möglichst nicht in Berührung kommen "dürfen", weil sie das "überfordern" würde - allerdings ist das nur allzu sehr aus einer "Erwachsenen-Sicht" betrachtet.

Tatsächlich nämlich sind es die Kinder (!), die sehr viel unbefangener damit umzugehen wissen, demgegenüber keinerlei Vorbehalte haben (bis dann die Erwachsenen kommen, und sie -durch ihre eigenen Ängste, das eigene Überfordert-Sein- das "Angst-Haben" erst lehren).


Nun ändert das erstmal nichts daran, dass man dieser Kleinen mitteilen muss, was da -mit ihrer Mutter- passiert ist.

Aber es kann vielleicht helfen, dass wiederum (und insbesondere so kleine) Kinder ganz anders trauern, auch ganz andere Vorstellungen und Bilder zu dem Geschehen entwickeln; und mit dieser / ihrer Art lässt sich (sofern man sich darauf einlassen kann und mag) sogar recht gut umgehen. Eben weil sie so von einer gewissen "Unbefangenheit" geprägt ist.

Insofern sollte im Grunde der erste Blick immer auf einen selbst mal gerichtet sein. Und auf die Frage, wie offen man (für die unterschiedlichsten Vorstellungen über "den Tod") ist.

  • Ob man ihn möglicherweise auch als ein "Weiterleben" betrachten kann (ob nun im Himmel, bei Gott, den Engeln / als ein Engel.... ein Kind kommt da ja auf ganz Verschiedenes). Oder ob man dabei verbleibt, ihn lediglich als etwas zu sehen (und auch: zu vermitteln!), das schrecklich und angsteinflößend ist.

  • Wenn man es schafft, sich selbst (und vor allem: ehrlich) "zu überprüfen", dann wird vielleicht schon deutlich, woran es liegt, dass unter Umständen so viel Schwere, so eine Last auf ein Kind wirkt. Oder ob es gelingt, dem Umstand, dass die Mama "nicht mehr da" ist, auch etwas irgendwie "Tröstliches", "Versöhnliches" zu verleihen....

Ganz wesentlich also liegt es an der eigenen Haltung, ob und wie es gelingt, so eine "Erklärung" vorzunehmen.

Und im Übrigen: Am besten nicht versuchen, etwas zu erklären, das man selbst doch gar nicht sicher weiß. Viel heilsamer, beruhigender und viel mehr Nähe schafft es, von jeglichen (und sowieso nur: vermeintlichen) "Erklärungen" abzusehen, und sich gemeinsam (!) dem jeweiligen Moment zu überlassen. Kinder können das so gut - und helfen einem ganz sicher noch bei alledem........... so sind sie - wenn man sie denn nur mal lässt.


mia68  10.11.2012, 21:59

...und noch dies eben:

Auch wenn´s nicht jedem liegt, das weiß ich wohl - aber ebenso weiß ich, dass Kinder mit Büchern und Geschichten einen guten Weg finden können, wenn es drum geht, mit etwas sich "auseinanderzusetzen".

Und es kann (muss aber auch nicht) einfach ein guter Weg sein, um miteinander ins Gespräch zu kommen.

Hier also wär´ dazu (neben manch anderem) noch etwas:

http://www.amazon.de/Abschied-von-Opa-Elefant-Bilderbuchgeschichte/dp/3770742923/ref=sr_1_9?s=books&ie=UTF8&qid=1352581057&sr=1-9

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Nolti  11.11.2012, 10:13
@mia68

Eine wunderbare Antwort..
Das mit den Büchern und Geschichten kann ich nur unterstreichen. Es ist besonders dann hilfreich, wenn einem selbst die richtigen Worte nicht einfallen.

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Bohnenton  20.10.2014, 10:00
@mia68

Ich kenne das Buch. Mach das nicht !! Das macht die Kinder traurig.

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mia68  20.10.2014, 15:54
@Bohnenton

...das Buch nur zu kennen, und daraus die (im Übrigen ebenso kurzsichtige wie einseitige) Aussage zu folgern, es mache die Kinder "traurig" - und sei daher "schlecht", halte ich für ziemlich fragwürdig, ganz ehrlich gesagt.

Genau darum nämlich geht es: Traurigkeit und Trauer ist mitnichten per se "etwas Schlechtes"! Beides gehört (ebenso wie jede andere Emotion) zu unser aller Leben dazu! Und als solche darf Traurigkeit einen sehr gerne mal überkommen - um dann auch wieder losgelassen zu werden, und einem anderen Gefühl Platz zu machen.

Lediglich das zwanghafte Unterdrücken dieser oder jener Empfindung birgt eine Gefahr in sich; ganz gewiss aber nicht die Empfindung selbst.

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groovstreet  27.12.2014, 12:37
@mia68

Nein, hab das mal meinem Neffen vorgelesen. Ist schon traurig. ( Ich bin Bohnenton weil mein alter Account gelöscht wurde )

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mia68  27.12.2014, 12:42
@groovstreet

...ich wiederhol´ einfach mal:

zu folgern, es mache die Kinder "traurig" - und sei daher "schlecht", halte ich für ziemlich fragwürdig, ganz ehrlich gesagt.

Mehr kann und mag ich dazu nicht sagen.

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Der kurze Besuch eines Engels

Es war Abend. Nanina saß in ihrem Bett und sah sich ein Märchenbuch an. Das Bett war ein Klappsofa und gehörte Oma. Nanina war vier Wochen lang bei ihr zu Besuch. Eben kam Oma herein und brachte einen Schlaftrunk, einen Vaveine-Tee. Nanina nahm den Becher und sagte: „Jetzt kommt Mama bald und holt mich ab.“ „Woher weißt du das denn? Sie hat doch gar nicht angerufen " Nanina verstand nicht, warum Oma so komisch fragte. Ich weiß es eben", sagte sie und schien eifrig das Märchenbuch zu betrachten. Oma hatte ein feines Gespür für das, was wichtig war „Ich möchte dir gerne eine Geschichte erzählen“, sagte sie. Nanina sah ins Märchenbuch „Es war einmal ein Enger“, begann Oma, der wollte gerne ein Mensch werden. Aber er wollte auch wieder nicht. Er wollte so gerne zu den guten Menschen auf die Erde. Aber er wollte nicht den Krieg und all das Kaputte. Das gefiel ihm nicht so. Drum wollte er nicht. Dann wollte er wieder. Dann wieder nicht. Er konnte sich einfach nicht entscheiden." „Da ging es ihm ja wie mir manchmal, wenn ich nicht weiß was ich machen soll“ sagte Nanina. „Der Engel fragte andere Engel, was er machen solle. „Geh mal zu Besuch. Dann wirst du schon sehen", sagten die. Als der nächste Regenbogen kam, ging also der Engel darauf zur Erde. Er ging zu Mama weil die so nett ist. Es dauerte eine Weile. Es ist nämlich nicht leicht, ein Mensch zu werden. Als er dann endlich ein Mensch war, gefiel es ihm nicht. Er merkte, das er kein richtiger Mensch werden konnte". „Das ist doch aber schade“, sagte Nanina," Und Mama?“ „Mama gefiel er. Sie wollte ihn behalten, denn er sah so niedlich aus. Wie ein Engelchen eben. Sie hatte ganz vergessen, dass Besuch nie bleibt. Jeder weiß doch, dass Besuch kommt, mal langer mal kürzer bleibt und dann wieder geht. Der Engel blieb eine kleine Weile, und dann ging er wieder. Da haben Mama und Papa geweint. Der kleine Engel sagte: „Weint doch nicht. Wenn ihr so viel weint, dann kann ich nicht mehr fliegen. Dann sind meine Flügel zu schwer.“ Aber Papa und Mama mussten trotzdem weinen. Und damit du nicht auch weinst, darum bist du hier bei mir. Damit ich dir alles erklären kann.“ Nanina führte in ihrem Tee. „Haben sie jetzt aufgehört zu weinen?" fragte sie dann, und ihre Stimme war ganz klein. Ja, sagte Oma. "Jetzt haben sie verstanden, dass sie für kurze Zeit einen Engel zu Besuch hatten." Nanina war ganz still geworden. Sie wunderte sich, woher Oma das alles wusste. „Bin ich denn kein Engel gewesen?" fragte sie. „Nein", sagte Oma mit ihrer warmen Stimme. „Du bist doch ein Menschenkind Du gehörst auf die Erde. Aber Engel, weißt du, die kommen und gehen. Sie kommen oft, aber sie können nicht auf der Erde wohnen "' „Ich bin froh dass du mir das alles erzählt hast", sagte Nanina. Oma wusste nicht so ganz, was sie davon halten sollte. Sie nahm Nanina den Becher ab und legte das Märchenbuch auf den Tisch. Aber gerade, als sie Nanina noch einmal auf den Schoß nehmen wollte, hatte sie sich schon in ihre Kissen gekuschelt und war zufrieden eingeschlafen. Oma schrieb die Engelsgeschichte auf. Als Mama am nächsten Tag kam, um Nanina abzuholen, gab Oma ihr die Geschichte mit. Das war für Mama und Papa ein großer Trost, denn nun mussten sie nicht verstummen und nichts verheimlichen, sondern fanden Worte, um auch mit Nanina über alles reden zu können, was sie bewegte.

Von hierher kopiert: http://www.gutefrage.net/frage/wie-erklaert-man-kindern-den-tod


Nolti  10.11.2012, 20:12

Wirklich eine wunderschöne Geschichte.

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BillDung  10.11.2012, 21:39

Linde von Keyserlingks Geschichten erzählen behutsam vom Abschiednehmen und geben Kindern Raum für die eigenen Gedanken und Gefühle, sie trösten, ohne die Trauer zu verdrängen. Die schönen Metaphern und der sensible, aber einfache und klare Stil lassen die Erzählungen zu "Geschichten für die Kinderseele" werden, zum Vorlesen und Selberlesen.Linde von Keyserlingk, Familientherapeutin und Mutter von sieben Kindern, greift in ihren Geschichten auf konkrete Erfahrungen zurück. Sie hat bereits mehrere Fach- und Jugendbücher veröffentlicht. http://www.amazon.de/war-auf-einmal-still-Abschiednehmen/dp/3451269678

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Wenn es möglicht ist, sollte die Kleine sich von der Mutter verabschieden können. Bitte auch unbedingt mit auf die Beerdigung nehmen. Kinder in diesem Alter müssen auch die MÖglichkeit haben sich zu verabschieden!


Uschi2709  10.11.2012, 21:44

voll meine Meinung - nichts verheimlichen - sie darf auch weinen, so wie alle anderen - und trauern. Sehen Sie mal meinen Eintrag zu diesem Thema an - ich vermute wir haben die gleichen Gedanken. LG Uschi2709

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Das ist nicht ganz leicht und erfordert Fingerspitzengefuehl. Du musst ihr sagen, dass die Mama krank war und jetzt nicht mehr hier ist, sondern im Himmel und das du mit ihr jederzeit sprechen kannst und ihr alles erzaehlen. Die Mama ruht sich jetzt etwas aus, weil sie ein schweres Leben hatte, aber sie kommt bald wieder, das kann aber noch sehr lange dauern. Wichtig ist, dass du dem Kind eine Freiheit ihrer Phantasie laesst, wo sie sich ihren Teil denken kann. Also nicht mit Sachen konfrontieren, die die Kleine nicht verdauen kann, Z.B die Mama kommt nie mehr wieder, du wirst sie nie wieder sehen. Solche Sachen schlagen dem Kind die Tuer zu und es gibt kein Raum fuer freies Denken. Gebe dem Kind Spielraum fuer Phanstasie. Das hilft dem Kind, mit der Mutter Kontakt aufzunehmen, was ja auch praktisch geht. Viel Kraft


Nolti  10.11.2012, 20:10

Ich finde es aber definitiv nicht richtig, die Kinder anzulügen.
Ich kenne da einen authentischen Fall. Dem Mädchen wurde immer erzählt, dass ihre Stiefmutter ihre leibliche Mutter sein- obwohl diese tödlich verunglückt ist, als die Kleine 9 Monate alt war. Na-ja! Es kan, wie es kommen musste: Man blieb bei der Lüge- war ja auch bequemer und irgend wann einmal lass die Kleine (inzwischen schon 11 oder 12 Jahre alt) durch puren Zufall in einer Schulakte den Namen ihrer leiblichen Mutter. Inzwischen ist aus der Kleinen eine erwachsene Frau geworden, die selbst schon eine erwachsene Tochter hat. Dieser Vertrauensmissbrauch hat sich aber so sehr in ihre Seele eingebrannt, dass es ihr heute noch schwer fällt, einem Menschen zu glauben und zu vertrauen.

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AlexaXIV  10.11.2012, 20:29
@Nolti

Ich muss Nolti dabei mehr als nur recht geben. Generell einen Daumen hoch für dich Nolti, für deine wundervolle Antwort vorher.

Natürlich ist es jetzt schwer dem Kind klar zumachen, dass die Mutter nicht mehr lebt, aber das ist notwendig. Dem Kleinkind etwas vorzumachen, Hoffnungen zu machen, dass die Mutter wieder kommt ist nicht richtig. Spätestens im zunehmendem Alter wird es auch die Wahrheit erfahren und das im schlimmsten Fall von selbst und das alleine. Es wird damit nicht klarkommen, dass ihr es alle angelogen habt und es jeden Tag darauf gewartet hat mit der Frage "Wann kommt den die Mama wieder?". Meine Freundin hat das obengenannte selbst erlebt und kommt heute noch damit nicht klar, dass ihr Vater und ihre Verwandten ihr nicht gesagt haben, dass sie die Mutter nie wieder sehen wird.

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Eckfuss  10.11.2012, 20:38
@Nolti

Natürlich muß dem Armen Kind die Wahrheit gesagt werden, aber ich finde es einfach noch zu früh. Jemand der das wirklich kann(Fachkraft) ,sollte erst mal versuchen ihr zu erklären was der Tod für eine Bedeutung hat.

Und selbst da gibt es nun mal verschiedene Ansichten. Für einen Christ hat der Tod eine andere Bedeutung als für einen Atheisten

Natürlich sollte man keine 10 Jahre damit warten. Ganz klar. Aber 2-3 Wochen würd ich schon. Die Mutter ist gerade erst verstorben.

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Auf keinen Fall Notlügen erfinden! Erklären dass Mama nun leider tot ist und beerdigt wurde. Sie soll auf jeden Fall auch das Grab etc. besuchen dürfen so oft sie immer mag. Ihr erklären dass Mama jetzt im Himmel aufgenommen wurde, dort oben bei den Engeln, weil sie eine gute Mama war. Ein schönes Foto von Mama aussuchen und das Kind selbst entscheiden lassen wo das Foto stehen soll. Abends vor dem Zubettgehen mit dem Kind sprechen, auch über die Mama. Die Schutz-Engel in die Kinder-Seele reinlassen!!! Vielleicht auch so eine Schutz-Engel-Figur vom Kind selbst aussuchen lassen im Geschäft. Das gibt dem Kind einen Helfer an die Hand - zum reden mit Mama - und dem Schutzengel. Ihr sagen dass Mama vom Himmel oben alles sehen kann und sie beschützt. Sie wird garantiert jeden Abend gut einschlafen können, nachdem sie mit dem Schutzengel und Mama gesprochen hat. Ich wünsche Euch viele schöne leise und vertrauliche Gespräche vor dem Zu-Bett-Gehen. Alles Liebe und Gottes Segen für Euch. Uschi