Wie entsteht eine Phasenverschiebung?

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Hallo SanktJagos,

Nimm einen Kondensator, der nicht geladen ist, und lege eine Spannung an. da der Kondensator leer ist, kann er innerhalb sehr kurzer zeit sehr viel Strom aufnehmen, zum Zeitpunkt des Anlegens der Spannung stell er sogar einen Kurzschluss dar.

Das bedeutet, dass die Spannung durch den Kurzschluss auf Null Volt liegt, während der Stromfluss sein Maximum hat.

Jetzt lädt sich der Kondensator langsam auf, die Spannung steigt, der Stromfluss sinkt.

Wenn der Kondensator voll geladen ist, hat die Spannung den maximalen Wert erreicht und der Strom hat aufgehört zu fließen.

Jetzt stell dir vor, dass du diesen Versuch mit einer Wechselspannung machst. Das Ergebnis wäre also ein andauerndes nachlaufen der Spannung hinter dem Strom.

Das ist ein kleines, einfaches Beispiel einer Phasenverschiebung zwischen Strom und Spannung bei kapazitiver Last und die Phasenverschiebung beträgt genau 90 Grad, wobei die Spannung dem Strom um diese 90 Grad nacheilt.

Bei einer Induktivität ist es genau umgekehrt und der Strom eilt der Spannung um 90 Grad nach.

Nimmst du einen rein ohmschen Widerstand, dann besteht zwischen angelegter Spannung und dem Stromfluss keine zeitliche Verschiebung und sie sind gleichphasig.

Interessant wird es, wenn du Induktivitäten, Kapazitäten und ohmsche Widerstände kombinierst wie zum Beispiel in einer Frequenzweiche, wie sie in Lautsprechern verwendet wird und der Lautsprecher selbst noch eine Induktivität besitzt wegen seiner Schwingspule. Hier können Phasenverschiebungswinkel von - 90 Grad bis + 90 Grad vorkommen, das ganze in Abhängigkeit von der Frequenz.

Wenn dich diese komplexe Angelegenheit interessiert, solltest du dich mit den folgenden Begriffen beschäftigen, die alle mit der hier beschriebenen Phasenverschiebung zu tun haben:

  • Schwingkreis
  • Resonanzfrequenz
  • Impedanz, Impedanzverlauf
  • Wechselstromwiderstand
  • Interferenz


Spiele das Beispiel mal mit einer Spule/Induktivität durch und zeichne die Werte von Strom und Spannung in ein Diagramm, dann siehst du genau die Verschiebung zwischen Strom und Spannung in der Phase, nur genau umgekehrt wie bei einer Kapazität.

Und wenn du keinen Bock drauf hast, dann schau die mal die schönen Bilder / Diagramme zur Phasenverschiebung in wikipedia an. Und auf Formeln und den Kram verzichte ich, zur Veranschaulichung sind die eigentlich nicht nötig.

Grüße, Dalko



SanktJagos 
Beitragsersteller
 12.06.2015, 23:08

Vielen Dank, ich habe es jetzt auf jedenfall bestanden :)

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smatbohn  14.06.2015, 00:49

Sehr schön erklärt, DH!

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dalko  14.06.2015, 01:02
@smatbohn

Danke, es freut mich, wenn ich verständlich bin...ich hatte früher einen bescheuerten Physiklehrer, der konnte nichts anschaulich erklären...mit dem Ergebnis, dass die meisten Mitschüler sich ziemlich dämlich vorkamen, weil sie nichts verstanden haben...erst ein andere Lehrer zeigte uns, dass es auch anschaulich geht.

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SanktJagos 
Beitragsersteller
 14.06.2015, 20:32
@dalko

So erging es mir die letzten 2 Jahre auch. Die Lehrerin versucht es mit Dingen aus dem Alltag zu erklären, aber das macht die ganze Sache noch komplizierter.

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dalko  15.06.2015, 10:29
@SanktJagos

Danke für den Stern, dir drücke ich die Daumen, und stelle einfach Fragen, wenn sie verständlich formuliert sind, findest du hier immer jemanden, der sich hineindenkt und dann versucht, eine gute Hilfe zu geben....und wenn nicht beim ersten Mal, dann erneut fragen...

Grüße, Dalko

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Beispiel: Ideale Spule im Wechselstromkreis

Die zeitliche Verschiebung von Spannung und Stromstärke der idealen Spule im Wechselstromkreis wird durch Selbstinduktion hervorgerufen. Demzufolge entsteht in der Spule eine Selbstinduktionsspannung, wenn und solange sich die Stromstärke zeitlich ändert.

Ui = - L ∙ dI / dt          (1)

Der Differentialquotient   dI / dt  ist zeitliche Änderung der Stromstärke. Je größer sie (die Änderungsrate) ist, desto größer ist die Selbstinduktionsspannung. Ist die Stromstärke-Zeit-Funktion eine Sinusfunktion, z.B.

I = f(t) = Î ∙ sin(ω∙t),   dann ist die zeitliche Änderung der Stromstärke

dI / dt = Î ∙ ω ∙ cos(ω∙t)    und die Selbstinduktionsspannung  

Ui = - L ∙ Î ∙ ω ∙ cos(ω∙t).

Das Produkt  L∙ Î ∙ ω  ist der Scheitelwert der Selbstinduktionsspannung:

Ui = - Û ∙ cos(ω∙t)

Die Selbstinduktionsspannung hat zu jedem Zeitpunkt den gleichen Betrag wie die Spannung der an Wechselspannungsquelle, aber entgegengesetzte Richtung, also

U = g(t) = Û ∙ cos(ω∙t)          (2)

Aus dem zeitlichen Verlauf der Spannung   Ui = g(t) = Û ∙ cos(ω∙t)  und der Stromstärke  I = f(t) = Î ∙ sin(ω∙t)  ist ersichtlich, dass die Spannung der Stromstärke um T/4, also um den Phasenwinkel π/2  voraus eilt.

LG

Phasenverschiebung entstehen durch Energiespeicher im Netzwerk. Diese Energiespeicher (Kondensatoren/Induktivitäten) bewirken Verzögerungen der Signale.

Hallo, im Wechselstromkreis bremst das Magnetfeld einer Spule den Strom aus und das elektrische Feld eines Kondensators beschleunigt den Strom, so daß bei einer idealen Spule ohne ohmsche Verluste der Strom der Spannung um 90° nacheilt und bei einem idealen Kondensator ohne ohmsche Verluste um 90° voreilt...