Wer führte als erster die Volksversammlung ein?

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Keine der drei genannten Personen hat erstmals die Volksversammlung eingeführt.

Volksversammlungen hat es in Griechenland schon ziemlich früh gegeben. Mit dem Namen einer einzelnen Person, die dies eingeführt habe, ist dies aber in erhaltenen Texten nicht verbunden.

In Dichtungen Homers werden Volksversammlungen geschildert. Diese sind zwar kein historisch reales Geschehen, aber die Darstellung bietet Anzeichen, wie die Verhältnisse ungefähr im 8. Jahrhundert v. Chr. waren.

Die Volksversammlungen tagten nicht regelmäßig, sondern wurden nur ab und zu, in besonderen Fällen einberufen, bei Vorliegen von die Gesamtheit betreffenden Problemen. Volksversammlungen warenTeil einer vorstaatlichen Ordnung und keine eigenständigen, aus sich heraus handlungsfähigen Körperschaften. Es gab kein Entscheidungsverfahren in Form eines formalen Beschlusses mit Durchsetzungsanspruch. Es gab eine Willensbekundung, wobei Zustimmung und Ablehnung akustisch ausgedrückt werden konnten. Ziel einer Volksversammlung war das Erreichen einer allgemeinen Zustimmung (Konsens).

Die Volksversammlungen entwickelten sich dann zu festen Einrichtungen (Institutionen), zu abstimmungsberechtigten Tagungen des Volkes.

In Athen hat es eine Volksversammlung schon vor Solons politischem Wirken gegeben. Die Abstimmung bestand wahrscheinlich zuerst in Zuruf (akklamatorische Zustimmung) zu den vom Versammlungsleiter eingebrachten Vorschlägen – dieses Verfahren ist, auch noch in späterer Zeit, für die Apella (ἀπέλλα) bekannt, die Volksversammlung der Lakedaimonier. In Athen wurde später eine Abstimmung durch Handzeichen durchgeführt.

Karl-Wilhelm Welwei, Die griechische Polis : Verfassung und Gesellschaft in archaischer und klassischer Zeit. 2., durchgesehene und erweiterte Auflage. Stuttgart : Steiner, 1998, S 65:
„In Athen hatte die Volksversammlung (Ekklesia) spätestens um 600 den Charakter einer Institution gewonnen. Solon ist zweifellos bereits durch eine Art Wahlverfahren Archon geworden.“

Die Volksversammlung (ἐκκλησία [ekklesia]) bekam durch die von Kleistenes herbeigeführte politische Neuordnung Athens mehr tatsächliche Bedeutung. Sie faßte Beschlüsse und entschied über Gesetze.

Um 462/1 v. Chr. wurden dem Areopag (ein Rat ehemaliger Archonten) einige von ihm ausgeübte Aufsichts- und Eingriffsrechte entzogen, die ihn vorher als Wächter des Staates und der Gesetze erscheinen ließen, und teils auf die Volksversammlung, teils auf den Rat der 500, vor allem aber auf die Volksgerichte übertragen. Diese Entmachtung wurde führend von Ephialtes bewirkt und von Perikles unterstützt. Zu diesen vorher ausgeübten Rechten und Befugnissen des Areopags gehörten vermutlich die Dokimasia (δοκιμασία), eine hauptsächlich formale Eignungsprüfung von Bewerbern für Ämter (z. B. Besitz des Bürgerrechtes, Erfüllung vorgeschriebener Bürgerpflichten, geistige und charakterliche Mindestvoraussetzungen), die Überprüfung der Rechenschaftsablegung (εὐϑύνα [euthyna] von Amtsinhabern am Ende ihrer Tätigkeit und (falls nicht schon vorher entzogen) die Behandlung der Eisangelia (εἰσαγγελία), eine öffentliche Klage in Strafsachen.

In Büchern steht etwas zum Thema, z. B.:

Jochen Bleicken, Die athenische Demokratie. 2., völlig überarbeitete und wesentlich erweiterte Auflage. Paderborn ; München ; Wien ; Zürich : Schöningh, 1994, S. 17 – 83 (Die Entwicklung der politischen Ordnung Athens bis auf Perikles)

Michael Stahl, Gesellschaft und Staat bei den Griechen: Archaische Zeit. Paderborn ; München ; Wien ; Zürich : Schöningh, 2003 (UTB : Geschichte ; 2430), S. 137 – 141, S. 228 - 251

Michael Stahl, Gesellschaft und Staat bei den Griechen: Klassische Zeit. Paderborn ; München ; Wien ; Zürich : Schöningh, 2003 (UTB : Geschichte ; 2431), S. 13 – 86