Welches Niveau hat das Mittelstuffe 1 Buch(Minna no nihongo)?

2 Antworten

Da meine erste Antwort gelöscht wurde, da sie nicht genug auf die Frage einging, du aber noch eine Nachfrage hattest, nochmal ausführlicher, welche Gedanken dahinterstecken:

Das Buch bringt dich auf gar kein Niveau. Es gibt eine Schätzung, welche Grammatik im JLPT drankommen könnte. Ob sie drankommt? Kann sich jedes Jahr ändern, da es keine offizielle Angabe dazu gibt, was in der nächsten Prüfung abgefragt wird. Aber selbst wenn du es durchgehst, steigert sich dein Japanischniveau nicht.

Das tiefergehende Problem ist, dass der JLPT an sich keine gute Art und Weise ist, dein Sprachniveau einzuschätzen. Er ist halt komplett auf Testumgebung ausgelegt. Hat nichtmal einen Teil, wo Output überprüft wird. Das hat mit realistischer Sprachanwendung nix zu tun. Ich kenne Leute, denen wurde JLPT N2 Niveau zugesprochen, aber Japanisch konnten sie laut eigenen Aussagen nicht. Wenn du nun fragst "Komm ich damit vielleicht auf N4? Oder noch höher gar?" dann frag dich, was das realistisch überhaupt bedeutet.

Das größte Problem für dich jedoch: Wie schon in meiner ersten Antwort geschrieben, schadest du deinem Sprachverständnis mit derartigen Lehrbüchern nur, da sie nicht nur unnatürliches Japanisch beibringen und dafür auch in linguistischen Kreisen in Japan auch stark kritisiert werden, sondern dazu noch für die Grammatik pausenlos westliche Entsprechungen suchen, die nicht existieren. Das zerstört die gesamte Logik und macht das Lernen schwerer. Oder, um es mal anders auszudrücken: Minna No Nihhongo erklärt Japanisch komplett anders, als es japanische Grammatiken tun, die für Japaner geschrieben wurden.

Es geht bereits los damit, dass Minna No Nihongo mit です und ます beginnt. Einer Ausnahmeform. Dazu erklären sie dir nicht, dass es Hilfsverben sind, was wiederum dazu führt, dass Lerner nie erkennen, dass das Japanische ein aus mehreren Worten (müssen nicht unbedingt Verben sein) zusammengesetztes Prädikat besitzt. Was es dann wiederum erschwert, so Dinge wie das "Passiv" genannte Empfangshilfsverb oder das Kausativ-Hilfsverb zu verstehen. Weil dir eben nur hingeworfen wird "Das kann manchmal das auf Deutsch bedeuten ... aber nicht immer!" Denn die eigentliche Bedeutung der Grammatik und Worte hat oft keine direkte Entsprechung. Doch im Japanischen tun sie immer das gleiche. Erst, wenn du lokalisieren willst, machen sie immer was anderes.

Grund für diese ganze Problematik ist, dass viele Lehrer denken, ihnen hauen sonst die Schüler nach einer Woche ab. Sie wollen den Schülern schnell ein paar Phrasen entgegenwerfen, die man auswendig lernen kann um sehr simple Aussagen und Fragen äußern zu können, ohne ihre Bildung zu verstehen. Was solche Personen wie M1603 auch zeigen, die erklären wollen, es lohne nicht, Kana zu lernen, da die meisten mit dem Lernen aufgeben, eh sie sie brauchen. Aber ohne Kana könntest du die Grammatik der Sprache nichtmal verstehen, da die natürlich auf den Japanischen Zeichen basieren muss und nicht auf lateinischen. Du musst hier bedenken, dass wir von einer Sprache reden, wo an Unis noch vor etwa 50 Jahren Dinge gesagt wurden wie "Westler werden eh nie alle Kanji lernen und hören halt nach paar hundert auf!"

Wer nur Büchern und Kursen folgt wundert sich im Regelfall nach 3-4 Jahren, wieso er immer noch nicht mal Kinderbücher versteht. Weil diese Werke einfach nicht auf realistische Sprachanwendung abzielen.

Wenn du Japanisch ernsthaft lernen willst und nicht in einigen Jahren wegen ausbleibender Fortschritte aufhören willst, ist es also das beste, keinem Lehrbuch zu folgen. Alle Sprecher der Sprache haben ultimativ mit Immersion gelernt. Und unter all jenen, kenne ich Leute, die haben den JLPT nie angefasst und können die Sprache fließend. Ich kenne genauso Leute die haben den N1 und können sie zwar verstehen, aber nicht schreiben und haben Probleme damit, Sätze zu bilden.

Letztendlich solltest du dich also fragen, was dein Ziel ist und was du dir durch diese Bücher und ein arbiträres JLPT Niveau erhoffst. Weil Sprachkentnisse erhältst du auf diese Art und Weise nicht und der Gedanke “Ich muss unbedingt einem Lehrbuch folgen” ist nicht der, dem du hier nachgehen solltest, wenn du Japanisch können willst.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Japanologie studiert und nach Japan ausgewandert
Felixno07170 
Fragesteller
 05.11.2023, 16:17

Ich kann zwar verstehen was du meinst, dennoch sehe ich ein Lehrbuch als einen guten Leitfaden an. Und um Vokabular zu üben und zu verinnerlichen sind Lehrbücher mit ihren Lehrbuchstexten und Übungen nicht gerade schlecht. Aber natürlich ist es wahr das man auch mal wirklich mit einem Japaner sprechen muss, praktische Erfahrung gehört dazu. Bei dem Punkt das viele N1 und N2 Absolventen nicht ordentlich sprechen können, kann ich nur zu stimmen kenne selber auch solche Fälle. Meiner Meinung nach ist es am besten ein gutes Buch zu haben, aber sich auch nicht zu sehr darauf zu versteifen.

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Kawaraban  05.11.2023, 16:55
@Felixno07170

Die Frage ist, was du dir von einem Lehrbuch erhoffst, das dich auf eine komplett falsche Fährte bringt. Da geht es doch letztendlich nur noch um den Selbstzweck: Ein Lehrbuch nutzen, weil man halt dem Gedanken "Ich muss lernen, also muss ein Lehrbuch her!" folgt. Zumal diese Übungsaufgaben auch oft sehr gestellt sind. Ab Seite 1. Zu dem Problem speziell im Bereich des Japanisch lernens gibt es ganze wissenschaftliche Abhandlungen in Japan.

Das Vokabular verinnerlichst du mit echten Werken, die von Japanern für Japaner verfasst wurde, wesentlich besser. Ganz einfach, weil die sich nicht auf dich einstellen und bewusst nur Vokabeln wählen, die in rein zufällig zusammengewürfelten Vokabellisten drankamen, die sich höchstwahrscheinlich nicht einmal nach einem Thema richten, das für dich sinnvoll ist.

Sobald die Zielgruppe "Ausländer" reinkommt, fallen die Ressourcen oft in sich zusammen, weil man die Sprache plötzlich auf unnatürliche Weise nutzt, ganz nach dem Motto: "Das muss man hier jetzt vereinfachen, sonst verstehen die das nicht!" oder "Das ist so zwar nicht natürlich, aber wir können es nicht natürlich bringen, da das in dem Buch noch nicht drankam!"

Das ist nur auch der Fall, wenn du direkt mit einem Japaner sprichst. Wenn man mit jemanden spricht, der eine Sprache nicht gut kann, fängt man schnell an, Formulierungen unnatürlich anzupassen.

Deswegen ist es am besten, diesen Punkt aus der Gleichung zu entfernen, indem man zunächst mit Dingen lernt, bei denen das kein Faktor ist. Irgendein Buch oder Anime wird sich nicht auf dich einstellen und du wirst gefordert, die komplett natürliche Nutzung der Sprache nachvollziehen zu können. Das Niveau sucht man sich dann lieber danach aus, wie es Japaner selbst bekommen: Altersstufen.

Lehrbücher bringen dich nichtmal auf ein Niveau, wo du die Sprache jemals wirst anwenden können. Ich hatte zehn Jahre lang mit Lehrbüchern und Co. gelernt. Dann ein Kinderbuch genommen ... musste nach den ersten drei Sätzen kapitulieren, da ich bis dahin nie natürliches Japanisch gelesen hatte. Erst seit ich mich dazu entschied, mich durch komplett normale japanische Werke zu arbeiten, merkte ich, dass ich Fortschritte im Verständnis mache.

Ich kann entsprechend wirklich nur sagen: Lehrbücher sind eine fiese Falle. Sie versprechen Fortschritte, die du nie bekommen wirst. Und sie erklären dir auch nicht, was du wirklich tun musst, um sie letztendlich zu erreichen.

Alles was du mit Lehrbüchern lernst ist, wie du spezifisch auf zuvor gelerntes Wissen zurechtgeschnittene Lehrbuchtexte verstehst und entsprechende Aufgaben lösen kannst. Das hat nur nix mit natürlicher Sprachanwendung zu tun und hilft auch so gut wie gar nicht, Fortschritte in dieser Richtung zu machen. Das haben Sprachkurse ziemlich gut bewiesen. Und es ist auch der Grund, wieso Japaner trotz Jahren des Englischunterrichts häufig kein Englisch können. Oder wieso so viele Japanischkurs-Absolventen die Sprache nicht können.

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Felixno07170 
Fragesteller
 05.11.2023, 19:21
@Kawaraban

Okay, Okay ich werde mal folgendes machen, ich werde mir zuerst das みんなの日本語 kaufen, damit den ganzen JLPT N4 Stoff festigen. Und dann werde ich mir mal ein "einfaches" japanisches Buch kaufen und versuchen das zu lesen. Wenn ich das verstehen sollte lerne ich weiter wie bisher mit Lehrbüchern, wenn sich aber herausstellt das ich nichts verstehe oder nur ein Teil, werde ich mir deinen Kurs zulegen und über andere Wege weiterlernen.

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Kawaraban  06.11.2023, 00:47
@Felixno07170

Rein logisch betrachtet würde ich dir empfehlen, von der anderen Seite ranzugehen: Meine Infos bekommst du, im Gegensatz zu Minna No Nihongo, komplett kostenlos und ohne Anmeldung auf meiner Webseite: https://kawaraban.de/japanisch-lernen/ Der Bonus bei meinem Udemy-Kurs ist primär, dass ich die späteren Kapitel nochmal als Video umgesetzt habe. Vom reinen Wissen her hingegen sind beide inhaltsgleich.

Hol dir dazu ein einfaches japanisches Buch und versuch es dann mit dem Wissen durchzugehen. Wenn es was bringt, kannst du dir als Dank hinterher die Udemy-Version kaufen. Wenn nicht, kannst du auf Minna No Nihongo umsteigen, wenn du dir davon bessere Ergebnisse erhoffst.

Weniger finanzielles Risiko für dich.

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Felixno07170 
Fragesteller
 02.01.2024, 23:19
@Kawaraban

Moin, wollte mich mal zurück melden, Ich lerne zurzeit 50/50 mit dem Minna no Nihongo und anderen Mitteln wie japanischen Videos, Nachrichten und so weiter. Und muss wirklich sagen das ich noch nie so effektiv gelernt habe. Ich möchte mich bei dir einfach mal bedanken das du mich von dem völlig versteiften Lehrbuchweg abgebracht hast.

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