Welche Medikamente dürfen Notfallsanitäter verabreichen?

2 Antworten

Von Experten SaniOnTheRoad und CreeperNicol bestätigt

Zunächst einmal, dürfen sie es erst seit einer entsprechenden Änderung des Notfallsanitätergesetzes (NotSanG) Anfang dieses Jahres offiziell tun. Der neue §2a NotSanG, gestattet seither Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitätern die Ausübung heilkundlicher Maßnahmen, einschließlich heilkundlicher Maßnahmen invasiver (in den Körper eindringender) Art, also auch Medikamentengaben, wenn:

1.) Sie diese Maßnahmen in ihrer Ausbildung erlernt haben und beherrschen und

2.) Die Maßnahmen jeweils erforderlich sind, um Lebensgefahr oder wesentliche Folgeschäden von der Patientin oder dem Patienten abzuwenden.

Diese Befugnis gilt bis zum Eintreffen der Notärztin oder des Notarztes oder bis zum Beginn einer weiteren ärztlichen, auch teleärztlichen Versorgung.

Grundvoraussetzung ist demnach, dass sie die heilkundlichen Maßnahmen/ die Notfallmedikamente in ihrer Ausbildung erlernt haben und beherrschen. Welche dies sind, ist nicht abschließend bundesweit einheitlich geregelt, die "Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitäter" (NotSanAPrV), konkreter deren Anlage 1 zum Unterricht an staatlich anerkannten Schulen, ist hier lückenhaft. Anstelle ganz konkrete Notfallmedikamente wie beispielsweise Adrenalin zu benennen, heißt es in der NotSanAPrV lediglich soetwas wie "medikamentöse Therapien zur Sicherung der Atmung" oder "medikamentöse Therapien und Infusionstherapien zur Stabilisierung des Kreislaufes". Weil dass so ist, haben der Deutsche Berufsverband Rettungsdienst (DBRD) e.V. und der Bundesverband der ärztlichen Leiter Rettungsdienst (BV- ÄLRD) e.V. im Jahre 2014 als das NotSanG in Kraft getreten ist den sogenannten "Pyramidenprozess" initiert. In diesem Erörterungsgespräch unterschiedlicher medizinischer Fachgesellschaften unter Leitung der oben aufgeführten Verbände, wurde unter anderem ein Medikamentenkatalog festgelegt, dieser beinhaltet insgesamt 25 Notfallmedikamente mit dem jeweilig dazugehörigen notfallmedizinischen Zustandsbild.

https://www.dbrd.de/images/aktuelles/2014/Anlage_4_-_Medikamentenkatalog.pdf

Da es damals §2a NotSanG noch nicht gab, heißt es darin, dass sich die Anwendung aus den standarisierten Areitsanweisungen der ärztlichen Leiter Rettungsdienst (ÄLRD) ergibt.

Da dieser "Pyramidenprozess" jedoch keinen Gesetzescharakter hat, kann er von den Bundesländern angewendet werden, er muss es aber nicht. In den meisten deutschen Bundesländern, findet er Anwendung, zwei Bundesländer, Baden- Württemberg und Bayern, haben jedoch davon abweichende, eigene Regelungen erlassen. In Baden- Württemberg, dienen die "Handlungsempfehlungen für Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitäter" des Sozialministeriums als Grundlage für die Ausbildung und in Bayern der sogenannte "Katalog über 1c- Maßnahmen" der bayerischen ärztlichen Leiter Rettungsdienst. Während die Handlungsempfehlungen eigentlich alle im "Pyramidenprozess" aufgeführten Notfallmedikamente enthalten und lediglich Nitrendipin durch Urapidil ersetzt worden ist, ist der Katalog der bayerischen ÄLRD wesentlich abgespeckter und enthält anstatt 25 lediglich 15 Medikamente.

Neben der eigenverantwortlichen Applikation aufgrund von §2a NotSanG, kann der örtlich verantwortliche ÄLRD weiterhin standardisierte Arbeitsanweisungen (SAA oder SOP) erstellen, hier muss die Gabe nicht an Lebensgefahr oder an drohende wesentliche Folgeschäden geknüpft sein sondern kann z.B. auch ein Antimetikum sein.

Nach der deutschen Rechtslage generell als ausgeschlossen gilt jedoch die eigenverantwortliche Applikation von Betäubungsmitteln durch Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitäter, da der gesonderte Arztvorbehalt in §13 Betäubungsmittelgesetz (BtMG) deren Applikation ausschließlich im Rahmen einer ärztlichen Behandlung gestattet. Die Gabe ohne Notarzt, kann daher maximal aufgrund einer strafrechtlichen Rechtfertigung über den "rechtfertigenden Notstand" in §34 des Strafgesetzbuches (StGB) stattfinden, damit, setzt sich der NotSan jedoch einem juristischen Risiko aus.

Mfg

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Rettungsdienst🚑, sehr großes Interesse an Notfallmedizin.

Nichtärztliches Personal darf diejenigen Medikamente geben, die von der ärztlichen Leitung Rettungsdienst für den genau beschrieben Fall freigegeben wurden. Das ist von Stadt zu Stadt, von Landkreis zu Landkreis (und in allen Bundesländern sowieso) unterschiedlich. Bei der Feuerwehr, bei der ich arbeite, darf der NFS und RS Recht viel, in der direkten Nachbarstadt darf selbst der NFS keinen i.v.- Zugang mit kristalloider Infusion legen. Rettungsdienst ist leider immer noch extremes "Kirchturmdenken": jeder Landkreis, jede Stadt, jedes Bundesland macht alles anders (und natürlich besser) als der Nachbar.

Eine konkrete, explizite Antwort kann dir auf diese Frage niemand geben.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung