Weder noch, entweder oder usw?

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Ich nehme an, daß Deine Frage so gemeint ist, daß A und B beides Singularformen sind. Andernfalls sollte es klar sein, wie Du vorzugehen hast.

In meiner Deutsch-Grammatik von Hentschel und Weydt gibt es ein längliches Kapitel über Kon­­gruenz, das einige dieser Fälle behandelt. Leider kommen die Autoren in vie­len Fällen zum Schluß, daß beides möglich sei, und begründen das nicht weiter.

Also kann ich Dir das letztlich auch nur aus meinem Sprachgefühl beantworten, und das sagt: Verwende Plural, außer wenn es ein klares Argument für Singular gibt.

  • Entweder A oder B trifft zu. Aus meiner Sicht muß das ein Singular sein, weil ja nur genau eines zutreffen kann. Stünde aber wenigstens eines der beiden A und B im Plural, dann müßte auch das Verb in den Plural: Das haben entweder die Katzen oder der Hund gefressen.
  • Weder A noch B treffen zu. Hier bin ich mir weniger sicher, habe aber eine schwache Tendenz zum Plural (beide treffen nicht zu).
  • Nicht nur A, sondern auch B trifft zu. Hier sehe ich eine Asymmetrie und zähle nur das B, denn der Satz sagt etwas über B aus und sagt von sich selbst, daß er nicht von A handelt. Dieser Satz hat ja auch eine andere Bedeutungsnuance, wenn man A und B vertauscht. Hentschel und Weyd lassen aber explizit beides zu. Stünde B im Plural, dann brauchen wir natürlich ein Pluralverb.
  • Sowohl A als auch B treffen zu. Das ist symmetrisch und redet von zweien.
  • A und B treffen zu. Dasselbe wie zuvor.
  • A oder B treffen zu. Hier wird mir zum Verhängnis, daß ich Logiker bin und dieses oder für inclusiv halte, also können auch A und B gleichzeitig zutreffen, und daher nehme ich Plural.

Hentschel und Weydt erwähnen noch eine weitere, etwas altertümlich Konstruk­tion, nämlich die Präposition nebst. Sie geben als Beispielsatz Direktor Meier nebst Gattin wird/​werden zum Tee erwartet. Wie Du siehst, halten sie beide Varianten für richtig, und das halte wiederum ich für unhaltbar, weil die Gattin ja im Dativ steht und folglich nicht als Subjekt gezählt werden darf. In meinem Frust habe ich in der Literatur nach Belegen gesucht und finde dort erwartungsgemäß Singular: was leider dieser Un­glück­­liche nebst mehrern andern für Wahrheit hält (Goethe, Groß­kophta) oder das of­fe­ne, um­gestürzte Schmuckkästchen nebst dem herabgezo­ge­nen Teppich […] zeigte deut­lich die Art (Grillparzer, Kloster bei Sendomir).

Mit dieser Fragestellung verwandt ist die constructio ad sensum, also die Verwendung eines Pluralverbs für eine Menge, auch wenn sie durch ein Singularsubstantiv ausge­drückt wird: Eine Menge Leute kam/​kamen zum Sommerschlußverkauf. Ich habe diese Konstruktion nie gemocht und verwende fast immer Singular für das Verb, aber der Plural ist bei solchen Sätzen weitverbreitet. Goethe stimmt mir allerdings zu: Wie eine große Menge Volks […] sich über Menin, Comines, Verwich, Lille verbreitet (Egmont).

Woher ich das weiß:Hobby – Angelesenes Wissen über Sprach­geschich­te und Grammatik