Was würdet ihr sagen sind die PRO UND KONTRAS im Buddhismus?

5 Antworten

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Ich bin Soto-Zen-Buddhist und möchte mich dazu äußern

Meiner Meinung nach sind die Stärken gleichzeitig auch die Schwächen des Buddhismus - denn abhängig vom Menschen wird er es unterschiedlich bewerten.

So kommt der Buddhismus ohne Gott, göttliche Gebote, Propheten, die Vorstellung einer ewigen Seele, oder das Konzept von Sünde und deren Bestrafung aus.

Für viele Menschen ist es positiv, dass sie somit keiner höheren Wesenheit irgendeinen Gehorsam schulden und auch nicht an womöglich veraltete und unzeitgemäße Gebote gebunden sind und keiner Strafe ausgesetzt werden.

Anderen Menschen fehlt jedoch das Gefühl einer liebevollen Führung durch einen Übervater, der ihnen mit Geboten zudem eine klare Struktur für ihr Leben vorschreibt. Außerdem können Gottesgläubige auf seine Vergebung und Barmherzigkeit hoffen.

Im Buddhismus gibt es diese Barmherzigkeit und Vergebung nicht - jeder muss mit den Konsequenzen seiner Handlungen selbst leben und kann sich nicht durch Buße und Reue von seiner seelischen Belastung befreien. Er muss sich selbst vergeben.

Nachteilig ist auch, dass der Buddhismus zu unkritisch gesehen wird - manipulative Lehrer, finanzielle Ausbeutung, jahrzehntelanger sexueller Missbrauch, all das gibt es auch im Buddhismus und ist in der allgemeinen Öffentlichkeit kaum bekannt.

Positiv zu bewerten ist, dass der Buddhismus zum kritischen Hinterfragen aller Lehren auffordert - auch der des Buddha selbst. Es bedarf also nicht der absoluten Hingabe und vorbehaltlosen Glaubenstreue gegenüber Dogmen und Schriften.

Nachteilig ist, dass viele "Westler" einige Unterschiede nicht wahrnehmen und ihre christlich geprägten Moralvorstellungen in den Buddhismus übertragen - dann wird "Karma" irrtümlich zum Äquivalent zur "Bestrafung von Sünden".

Der teilweise zu hörende Vorwurf, der Buddhismus sei zu komplex, weil er zu viele Traditionslinien, Gruppen und Sekten enthalte, ist dagegen meiner Ansicht nach falsch - auch das Christentum hat unzählige Formen und Sondergruppen.

Diese Vielfalt führt teilweise dazu, dass Menschen sich ihren "Wohlfühl-Buddhismus" zusammenbasteln - ein bisschen Theravada, ein bisschen Vajrayana, eine Prise Zen - und diese Beliebigkeit schwächt die authentische Weitergabe meiner Meinung nach.

Soweit meine ersten, spontanen Gedanken zum Thema.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Seit etwa 40 Jahren praktizierender Buddhist

Enzylexikon  31.03.2020, 18:37

Vielen Dank für den Stern. :-)

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Pro: Die umfangreichen Aussagen Buddhas sind bis heute (im Pali-Kanon) fast unverändert erhalten geblieben und uns (zumindest im Westen) frei zugänglich.

Contra: Der Pali-Kanon ist in keinster Weise didaktisch aufgebaut und überfordert ob seiner Fülle die meisten Interessierten, die sich dann mit dubiosen Deutungen aus zweiter, dritter (usw.) Hand zufrieden geben (müssen).

Buddha lehrte, daß alles vergänglich ist - das gilt auch für seine eigene Lehre. Es gibt nur noch Einzelne, die die wahre Bedeutung zumindest ansatzweise erkennen. Wichtig aber ist, daß jeder von uns auch bei nur teilweiser Umsetzung seiner Lehren Vorteile sowohl für sich selbst als auch für andere erzielt.

Buddhisten wollen aus eigener Kraft die Erleuchtung (oder Erweckung) erreichen.

Sie sind nicht auf das Wohlwollen eines anderen Wesens angewiesen.

Religion hat keine Pro und Kontras.