Was versteht ihr unter "intellektueller Isolation"?

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Ich schätze, das ist eine ungebräuchliche Formulierung. Ich habe jedenfalls nie von einer „intellektuellen Isolation“ gehört, was aber sicherlich die Frage nicht unbeantwortbar macht.

Sich intellektuell zu isolieren, könnte meiner Auffassung nach auf einem ganzen Spektrum möglicher Ausprägungen passieren. Eine solche Ausprägung könnte etwa als Steigerung oder Variante der sozialen Isolation daherkommen. Darunter ließe sich eine (möglicherweise bewusste) Entscheidung verstehen, sich gegen übrige Teile der Gesellschaft abzugrenzen, um das eigene Denken vor äußeren menschlichen Einflüssen zu bewahren. Die Motivation hierfür könnte in Klausur liegen, dem Ersinnen, im Stillen mit sich selbst und seinen Vorstellungen zu verhandeln. In anderen Fällen (und das trifft vielleicht besonders auf neuro-atypische Menschen zu) kann Isolation ein Erfordernis sein, um die eigenen Gedanken überhaupt hören zu können und nicht im Rauschen der Umwelt zu ersticken.

Ich selbst habe noch eine weniger gut motivierte, aber dafür persönliche Lesart der intellektuellen Isolation. Ich genieße etwa das Bild des Gelehrten, der das intellektuelle Exil wählt, um sich unbehelligt mit eigenen Studien zu beschäftigen. Das greift sicherlich wieder das Motiv der Klausur auf. Aber im Gegensatz zu der oben genannten Deutung, sehe ich hier eher eine philosophische und vielleicht romantisch aufgeladene Motivation. Damit meine ich den Wunsch, sich zu isolieren, um sich im Sinne der altvorderen Universaldenker dem reinen Wissenserwerb zu widmen und in reine geistige Arbeit abzutauchen. Das ist jedenfalls ein Thema, das in meinen Tagträumen wiederkehrend eine große Rolle spielt.