Was sind Vor- und Nachteile vom demokratischen Erziehungsstil?

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Der antiautoritäre Stil

Der dänische Familientherapeut

Jesper Juul

nennt es auch „Elterndiktatur“. Strenge Eltern, viele Regeln, hohe
Erwartungen, Belohnung und Bestrafung kennzeichnen diesen
Erziehungsstil. Die Eltern bestimmen weitgehend den Tagesablauf, gehen
nur selten emotional auf ihr Kind ein. Die Auswirkungen des autoritären
Stils auf das Kind: Aggression, Unselbstständigkeit, mangelndes
Selbstwertgefühl. Diese Art der Erziehung war vor allem bei den
Nachkriegsgenerationen üblich und gilt inzwischen als veraltet.
Bestandteile davon finden wir heute immer noch vor.

Laissez-Faire Stil

Kinder dürfen (fast) alles, genießen Freiheit. Es gibt gar keine Grenzen oder keine verlässlichen. Das Kind soll sich entfalten können. Es hört selten ein „Nein“, entscheidet nach dem Lustprinzip. Dabei lernt es nie, mit negativen Emotionen um- und auf andere Menschen einzugehen oder Rücksicht zu nehmen. Weitläufig betrachtet „pflegen“ sowohl Eltern diesen Stil, die ihre Kinder vernachlässigen, als auch Eltern, die ihren Nachwuchs verhätscheln und vor jedem Un-Glück bewahren.

Vielfach ist zu beobachten, dass Eltern sogar
innerhalb eines Tages zwischen dem autoritären und antiautoritären Stil
hin- und herwechseln. Ein verlässlicher Rahmen fehlt den Kindern, sodass
sie ihn durch ihr Verhalten oft selbst einfordern.

Der demokratische Stil

Er gilt inzwischen als der Erziehungsstil, der am

ehesten eine positive Entwicklung der Kinder unterstützt. Eltern sehen
sich in der Verantwortung, ihre Kinder zu führen und zu begleiten. Sie
geben den Rahmen vor. Sie sind jedoch offen für die Bedürfnisse ihrer
Kinder, gewähren ihnen gewisse Freiheiten. Eltern und Kinder befinden
sich im Austausch und besprechen wichtige Entscheidungen gemeinsam. Ein
großer Pluspunkt dieses Erziehungsstils ist die emotionale Sicherheit.
Sie ermöglicht es den Kindern, sich zu eigenständigen, selbstbewussten
und leistungsbereiten Persönlichkeiten zu entwickeln, die anderen
Menschen mit Respekt und Wertschätzung begegnen. 

Die verschiedenen Erziehungsstile und ihre
Charakteristika erlauben uns, die eigenen Vorstellungen einzuordnen und
gegebenenfalls zu überprüfen. Die richtige Erziehung gibt es nicht, auch
können wir niemals im Sinne unserer Kinder alles richtig machen. 

Was eine gute Eltern-Kind-Beziehung braucht

Laut Juul sind Kinder von Beginn an
vollwertige Menschen. Sie brauchen Eltern, die ihnen mit Respekt
begegnen und liebevoll Nein sagen können. Viel wichtiger als perfekt zu
sein ist es, authentisch zu sein.

simplify-Tipp: Probieren Sie es aus! Erziehen
Sie einmal nicht so, wie „man“ es tut, sondern folgen Sie dem, was
Ihnen persönlich wichtig ist. „Ich will, dass ihr heute früh ins Bett
geht, weil wir morgen viel vorhaben“, hat auf Kinder eine ganz andere
Wirkung als: „Kleine Kinder bleiben nicht so lange auf! Ab ins Bett mit
euch!“

Viele Experten sind sich einig, dass die Ermutigung
neben Respekt, Liebe und gemeinsamer Freude wesentlich zu einer
positiven Eltern-Kind-Beziehung beiträgt.

simplify-Tipp: Verzichten Sie einmal auf
Kritik! Bedanken Sie sich stattdessen bei Ihrem Kind für etwas, das Sie
sehen und wertschätzen, z. B. seine Unterstützung im Haushalt, seine
kreative Zeichnung etc.

Ebenfalls zentral für eine gute Beziehung – übrigens
auch zwischen Erwachsenen – ist es, zwischen der Person und ihrem
Verhalten zu unterscheiden. Ihr Kind ist nicht sein Verhalten!

simplify-Tipp: Achten Sie auf den feinen
Unterschied zwischen "Du bist aber auch ungeschickt!" und "Eben hast du
dich einfach ungeschickt verhalten." Wenn Sie Ihr Kind mit seinem
Verhalten verwechseln und das auch zeigen (Aussage 1), werten Sie es
immer wieder ab. Zeigen Sie ihm stattdessen, dass Sie sein Verhalten
nicht gutheißen (Aussage 2), bringen Sie ihm als Mensch trotzdem Respekt
entgegen.

Manchmal sind wir als Eltern selbst unzufrieden,
gestresst und kaum kooperationsbereit. Dann können wir nur schwer auf
die Nöte und Bedürfnisse unserer Sprösslinge eingehen. Das ist
vollkommen in Ordnung, weil menschlich!

simplify Tipp: Stehen Sie auch für sich
selbst ein! Für Kinder ist es wichtig, dass sie sich gehört und gesehen
fühlen. Sie können z. B. eine Entscheidung vertagen, indem Sie sagen:
"Ich höre deinen Wunsch. Und ich kann das jetzt gerade nicht
entscheiden. Heute Abend rede ich gerne mit dir darüber, wenn ich etwas
zur Ruhe gekommen bin." Einige Familien haben einen festen Tag in der
Woche, an dem sie gemeinsam Wichtiges, wie z. B. Konfliktsituationen,
besprechen.

Emotionen begegnen uns während der ganzen
Erziehungsphase – sowohl unsere eigenen als auch die unserer Kinder. Sie
lassen sich nicht wegreden oder ignorieren, wohl aber anerkennen und
benennen. Selbst Kinder sind für ihre Emotionen bereits selbst
verantwortlich.

simplify Tipp: Gehen Sie offen und einfühlsam
mit Emotionen um. Bleiben Sie z. B. gelassen, wenn Ihr Kind
herummeckert: "Ich sehe, du bist frustriert, weil ich dir das nicht
erlaube. Das kann ich gut verstehen." Verzichten Sie auf das "Aber", das
Einlenken, das Beschwichtigen. Indem Sie Ihre eigenen Emotionen
ebenfalls ausdrücken, bleiben Sie authentisch: "Ich ärgere mich gerade,
weil ich nun zu spät zur Arbeit komme." Achten Sie dabei auf
Ich-Botschaften: nicht "... weil du zu lange getrödelt hast", sondern
"... weil ich nun zu spät zur Arbeit komme."

Dies sind nur einige Tipps, um eine
Richtungsänderung im Erziehungsstil zu bewirken. Dabei ist es wie so oft
im Leben: Alles braucht seine Zeit! Selbstbewusstsein entsteht nicht
von heute auf morgen, weil Sie Ihr Kind mehr ermutigen oder weniger
abwerten. Wenn Sie es liebevoll begleiten und Ihre Haltung klar zum
Ausdruck bringen, ermöglichen Sie ihm langfristig die Chance zu wachsen.