Was sagt Livius konkret in seinem Vorwort (ab urbe condita)?

2 Antworten

In der Vorrede (praefatio) seines Geschichtswerkes nennt und begründet Livius sein Thema, erörtert Ziele und Nutzen der Geschichtsschreibung und legt sein Bild vom Verlauf der Geschichte und der in ihr wirkenden Kräfte vor. Seine Absicht (Intention) ist vor allem moralisch und didaktisch (belehrend).

Livius beabsichtigt die römische Geschichte von der Gründung Roms bis zur Gegenwart darzustellen. Er erwähnt eine eigene Unsicherheit, ob sich die Mühe lohnen wird und ob er Anerkennung und Ruhm ernten wird. Gründe für mögliche Zweifel sind 1) eine große Menge an Geschichtsschreibern als Vorgänger, 2) der riesige Umfang des Stoffes, 3) ein eher auf die Gegenwart gerichtetes Leserinteresse der meisten Menschen.

Für Livius ist aber die Zuwendung zur Vergangenheit (römische Frühzeit) eine angenehme und erbauliche Befreiung von Beunruhigung und Sorgen der Gegenwart, die zu einem Abweichen von der Wahrheit führen könnten. Er hat Vorbehalte gegen die Echtheit der göttlichen Ursprünge in dichterischen Erzählungen, erklärt aber ein verklärtes Bild für erlaubt.

Für die Beurteilung sind Lebensführung, sittliches Verhalten und die Fähigkeit zu den Staat voranbringenden Leistungen maßgebend. Die römische Geschichte teilt er in einen Aufstieg zum Weltreich (imperium) durch militärische und moralische Stärke und einen durch sittlichen Verfall bedingten Niedergang (zunächst allmählich, dann ein jäher Sturz zur Krise der Gegenwart) ein. Dies ist typisch für eine moralische Geschichtschreibung. Die Gegenwart ist ein Tiefpunkt, in dem die Römer weder ihre Fehler/Misstände noch die Heilmittel dagegen ertragen können (nec vitia nostra nec remedia pati possumus).

Livius hält an der Geschichtsschreibung für besonders heilsam und nützlich, lehrreiche Beispiele (exempla) für gutes und schlechtes Handeln vorzuführen (die einen nachahmenswert, die anderen zu vermeiden). Die römische Geschichte zeichnet sich seiner Meinung durch einen besonders großen Vorrat an guten Beispielen und eine erst sehr späte Ausbreitung von Untugenden aus. Die Intention ist eine Handlungsorientierung, die von einer Rückbesinnung auf Tugenden und die Sitte der Vorfahren ausgeht.

Zum Verständnis können Bücher über Livius helfen, z. B.:

Erich Burck, Das Geschichtswerk des Titus Livius. Heidelberg : Winter, 1992 (Bibliothek der klassischen Altertumswissenschaften ; N.[eue] F.[olge], Band 87 : 2. Reihe). ISBN 978-3-533-04559-5


justmr  13.01.2021, 13:11

Danke, das war echt hilfreich, obwohl es schon 11 Jahre her ist 👍

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Albrecht hat das sehr gut beschrieben und soll einen Stern bekommen...!!! :))