Was ist eine negative Integration im Bezug auf Bismarck?

1 Antwort

Es geht um die Politik, die Otto von Bismarck als Reichskanzler (1871 – 1890) des deutschen Kaiserreiches betrieben hat.

Integration ist die Herstellung eines Ganzen (einer Gemeinschaft) und die Einbindung in dieses Ganze bzw. das Sich-Einfügen in das Ganze. Bestimmte Regeln und/oder Werte sind eine gemeinsame Grundlage, die akzeptiert wird. Negative Integration geschieht, wenn eine Verneinung die wesentliche Grundlage bildet (irgendwer oder irgendetwas wird abgelehnt). Dabei sind zwei Blickrichtungen möglich:

1) Verschiedene Gruppen werden in der Ablehnung und Bekämpfung eines Feindes geeint.

2) Eine Gruppe erfährt Ablehnung, Druck, Verfolgung, Ausgrenzung, Diskriminierung, Unterdrückung und schließt sich gegen ihre Gegner zusammen

Bismarck hat versucht, durch Ausgrenzung und Bekämpfung von inneren und äußeren angeblichen »Reichsfeinden« Bevölkerungsgruppen in einer staatstragenden Haltung gegenüber dem deutschen Kaiserreich und zu einer Unterstützung seiner Politik zusammenzubinden.

Bismarck hat öfters innenpolitisch scharfe Gegensätze vorangetrieben. Ein Ziel war dabei, eine Mehrheit sich sonst zum Teil widerstreitender Kräfte hinter sich zu bringen (zu sammeln) und gegen jemand als Feind zu führen (»Reichstreue« gegen »Reichfeinde«).

Neben nationalen Minderheiten im Deutschen Reich (z. B. Polen) betraf die Gegnerschaft vor allem kirchennahe Katholiken und die sozialdemokratische/sozialistische Arbeiterbewegung.

Den Kulturkampf (mit einem Gegensatz zwischen Staatsautorität und Autorität der Kirche) 1871 bis etwa 1878) rechtfertigte Bismarck mit der Verteidigung staatlicher Interessen, die durch die katholische Kirche gefährdet seien. Er begründete die Maßnahmen als Abwehr »reichsfeindlicher« Gesinnung. Er warf dem politischen Katholizismus Bekämpfung der nationalen Einheit vor. Nationale Minderheiten im Deutschen Reich mit katholischer Religion wie die Polen und die dadurch aufgeworfenen Probleme verstärkten Bismarcks Einstellung. Die Katholiken, besonders die Ultramontanen (lateinisch ultra montes = „jenseits der Berge“, also südlich der Alpen, wo der Vatikan liegt) deutete er als Befehlsempfänger des Papstes. Bismarck unterstellte sogar die Neigung, sich mit den ebenfalls als »Reichfeinden« abgestempelten Sozialisten zu verbünden.

Das Sozialistengesetz („Gesetz gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie“) von 1878 (bis 1890 verlängert) ermöglichte Verbote sozialdemokratischer/sozialistischer Vereine (Parteien und andere Organisationen), Druckschriften und politischer Versammlungen. Verhaftungen konnten geschehen. Bismarck hat - auch mit falschen Vorwürfen - eine Furcht vor revolutionären Bestrebungen und gewaltsamen Umsturzversuchen geschürt. Politische Kräfte (z. B. Nationalliberale und Konservative) wurden durch Furcht und Ablehnung von Gegnern zusammengebunden. Insofern geschah »negative Integration«

Bei Katholiken und Sozialdemokraten hat die Anfeindung zu einem inneren Zusammenschließen beigetragen. Diese mit Vorbehalten, Abneigungen und Gegnerschaft zur Regierung des Staates verbundene Reaktion auf Bekämpfung kann auch als »negative Integration« eingeordnet werden.

Vgl. zu Herschaftstechniken wie „negative Integration“ und „Sammlungspolitik“:

Hans-Peter Ullmann, Politik im Deutschen Kaiserreich : 1871 – 1918. 2., durchgesehene Auflage. München : Oldenbourg, 2005 (Enzyklopädie deutscher Geschichte ; Band 52), S. 66 - 68


Itsxmeex 
Beitragsersteller
 05.02.2019, 05:50

Danke! :)

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