Was hat Hannibal davon abgehalten, gleich gegen Rom zu ziehen?

7 Antworten

Eine ganz andere These, die einige Forscher aufstellten und die auch Joachim Fernau in seinem „Cäsar lässt grüßen“ aufgreift ist auch spannend.

in der ersten Phase seines Einfalls in Italien hatte er durch den Anschluss rebellierender Völker eine recht große Armee. Nach der Schlacht am Trasimenischen See gab es kein nennenswertes römisches Heer mehr und er hätte damals Rom erobern können, da man diese Stadt mit hundertausenden Einwohnern und den langen Stadtmauern kaum lange hätte halten können.

Die These ist, dass er als kultivierter, gebildeter Abkömmling einer noblen Familie tatsächlich moralische Bedenken hatte und er nicht einfach das Leben Hundertausender missachten wollte.

Er wollte die Macht Roms beschneiden und reduzieren, es auf eine Art Staatsstaat zurückwerfen, aber nicht ausradieren.

aus diesem Grund geriet er auch mit der karthagischen Oberschicht aneinander, denn es ist bezeichnend, dass Karthago in dieser Zeit zwar Nachschub nach Spanien brachte aber nicht nach Italien, obwohl dies möglich gewesen wäre.

Seine eigene Haltung wurde ihm zum Verhängnis, denn nach dieser Phase begannen die Römer ja bekanntlich, ihn von jeder Versorgung abzuschneiden und einzukesseln.

Die Frage wird von der wissenschaftlichen Forschung diskutiert, wobei die Meinungen nicht vollständig übereinstimmen. Einen guten Zugang und Aussagen zu der Frage bieten gute Biographien und Darstellungen zu Hannibal:

Pedro Barceló, Hannibal (Beck'sche Reihe ; 2092). Beck : München, 2007, 122 Seiten. ISBN 978-3-406-43292-7

Pedro Barceló, Hannibal. Stratege und Staatsmann. Klett-Cotta : Stuttgart 2004, 319 Seiten. ISBN 3-608-94301-3

Karl Christ, Hannibal (Gestalten der Antike), Primus-Verlag : Darmstadt 2003; Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2003. 251 Seiten; ISBN 3-89678-472-2; ISBN 3-534-15414-2

Jakob Seibert, Hannibal. Wissenschaftliche Buchgesellschaft : Darmstadt 1993. XX, 552 Seiten. ISBN 3-534-12029-9

Jakob Seibert, Forschungen zu Hannibal. Wissenschaftliche Buchgesellschaft : Darmstadt 1993, XIX, 437 Seiten. ISBN 3-534-12091-4

Jakob Seibert, Hannibal. Feldherr und Staatsmann. (Zaberns Bildbände zur Archäologie), Zabern : Mainz 1997. ISBN 3-8053-1800-6

Die Überlieferung gibt nicht Hannibals Motive an, nach dem Sieg in der Schlacht von Cannae (216 v. Chr.) die Stadt Rom anzugreifen.

Es bleiben nur Vermutungen.

Rom war zwar stark geschwächt, aber befestigt und nicht wehrlos. Eine schnelle Eroberung im Sturmangriff war nicht wahrscheinlich. Die Eroberung von Sagunt hatte 9 Monate gedauert. Eine langandauernde Belagerung konnte mit Gefahren verbunden sein: Seuchen, Einschließung durch neu gebildete römische Heere, schwierig zu ersetzende Verluste an Soldaten, Nachschub- und Verpflegungsprobleme, psychologische Folgen eines Fehlschlags. Eine mögliche Einnahme der Stadt hätte ihn eventuell in eine unflexible und eingeigelte Lage gebracht, in der er seine größte Stärke, die Reiterei, nicht gut entfalten konnte. Vielleicht war ihm der Faktor Zeit wichtig. Die Geschwindigkeit und Dynamik seines Siegeszuges hätte verlorengehen können.

Hannibals Fähigkeiten in der Belagerungstechnik (Poliorketik) waren nicht groß. Er hat auf diesem Gebiet offenbar nicht sehr viel gelernt (von seinem Vater oder anderen vermittelt oder durch Erfahrungen in Spanien). Schwere Geräte konnte er schlecht bei seinem Zug über die Alpen mitnehmen. Auch später hat mit Belagerungen Schwierigkeiten gehabt.

Hannibal hat die strategische Entscheidung getroffen, einen Versuch zu unternehmen, die Städte in Italien vom römischen Bundesgenossensystem loszulösen und für sich zu gewinnen.

Im Rückblick gesehen hat er sich möglicherweise falsch entschieden. Wenigstens hat er eine günstige Gelegenheit versäumt. Im Jahr 211 hat er einen Scheinangriff auf Rom unternommen, um die Römer zu einer Aufhebung der Belagerung der Stadt Capua zu veranlassen. Der Plan scheiterte. Das Heranziehen von Spezialisten (in Syrakus lebte damals der bedeutende Gelehrte Archimedes, aber auch einfacherere Praktiker hätten gereicht) für den Bau und den Einsatz von Belagerungsgeräten zu einem frühen Zeitpunkt hätte Hannibals Chancen gesteigert.

Eine Abhandlung, die sich auch mit der Frage beschäftigt ("Exkurs: Warum nicht nach Rom?"), ist ins Internet gestellt worden: http://www.bmlv.gv.at/omz/ausgaben/artikel.php?id=438


JoeWied  25.10.2008, 06:25

Rom war zwar befestigt, hatte aber praktisch kein Militär in der Stadt.

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Albrecht  25.10.2008, 12:54
@JoeWied

In Rom waren 2 Legionen aus Rekruten. Außerdem waren mehrere Tage Zeit, neue Truppen aufzustellen und Reiterverbände aus Norditalien herbeizuholen.

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Mastrodonato  07.10.2016, 23:35
@Albrecht

Eine weitere Frage - gab es nicht später nochmal einen Sturm auf Rom durch die Gallier der Po Ebene o.ä.? Wie haben die das geschafft?

Später war doch Rom nicht mehr befestigt, oder? Es muss ja gewachsen sein - erst irgendwann in der Spätzeit Roms hat man wieder eine Mauer aufgebaut, oder?

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Albrecht  09.10.2016, 01:12
@Mastrodonato

Der »Galliersturm« hat nicht später, nach dem Zweiten Punischen Krieg, stattgefunden, sondern deutlich früher, etwa 390 v. Chr. oder 387 v. Chr. Kelten aus der Poebene haben in der Schlacht an der Allia ein römisches Heer vernichtend besiegt und danach die Stadt Rom erobert.

Bald danach (ab etwa 377 v. Chr.) ist die sogenannte Servianische Mauer errichtet worden, eine große, etwa 11 km lange Stadtmauer. Von ihr wurde vermutlich auch einiges damals unbebaute Gebiet eingeschlossen. Im 1. Jahrhundert v. Chr. ist die Stadt Rom darüber hinausgewachsen.

Nachdem Germanen mehrfach die Alpen überschritten und zeitweise nach Italien vorgedrungen waren, wurde unter Kaiser Aurelian (herrschte 270 - 275 n. Chr.) begonnen, die Aurelianische Mauer zu errichten, und diese unter Kaiser Probus (herrschte 276 - 282 n. Chr.) der vollendet.

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dingsvomdach  24.10.2008, 20:40

Mensch Albrecht, du machst dem Fragesteller die ganzen Hausaufgaben! Deine Mühe und Genauigkeit ist bewunderswert,bekommst ein Däumchen von mir!

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Hallo Danpel,

Hannibal versuchte zunächst die Bundesgenossen Roms auf seine Seite zu ziehen, was ihm jedoch nicht gelang. Hohe zu erwartende Verluste beim Angriff auf eine befestigte Stadt haben ihn wahrscheinlich davon abgehalten. Die wahren Gründe werden jedoch im geschichtlichen Dunkel bleiben. Mit der Einnahme Roms hätte Hannibal sicherlich Zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen! Anlage Karte der damaligen Ereignisse!

Gruß Gabi40

Gruß Gabi40

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Vielleicht hat er sich einfach nicht getraut...er konnte ja nicht genau wissen, wie es jetzt wirklich mit Roms Stärke stand, auch wenn er sich das vermutlich denken konnte, weil sie ihm ja kaum Widerstand geleistet haben. Die Römer hatten damals einen sehr geschickten Konsul (Namen weiß ich leider nicht mehr, Fabius oder so was), der Hannibal sehr lange hingehalten hat, immer vor ihm hergezogen ist und sich nie zur offenen Feldschlacht gestellt hat. Er wurde deshalb später Cunctator ("Zögerer") genannt. Ich könnte mir vorstellen, dass er Hannibal damit sehr verunsichert hat - er musste ja schließlich mit einer Falle rechnen!


Albrecht  24.10.2008, 20:35

Die Hinhaltestratgie mit dem Ziel einer Abnutzung stammt von Quintus Fabius Maximus, dieser war aber in dem Jahr nicht einer der 2 Konsuln.

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Es lag wahrscheinlich Großteil daran das seine Armee geschwächt war und er sie nich aufstocken konnte aber ich würde vermuten das er Rom nicht angegriffen hat weil die Römer es geschafft haben das von seinem Vater eroberte Hispanien (heutige Spanien, Portugal) zu erobern und dabei Hannibals Bruder töteten. Und danach reisten die Römer sofort nach Karthago. Deswegen musste Hannibal unter anderen nach Karthago zurück. Und deswegen hat er Rom nie angegriffen!