Warum wollte Bismarck unbedinkt Elsaß-Lothringen?

8 Antworten

http://www.reichstagsprotokolle.de/Blatt3_k1_bsb00018324_00545.html: Bei dieser ersten Beratung des Gesetzentwurfs "betreffend die Vereinigung von Elsaß und Lothringen mit dem deutschen Reich" am 02.05.1871 hat Bismarck den Gesetzentwurf ausführlich begründet, und zwar hauptsächlich mit Sicherheitsinteressen: "Der Verwirklichung dieses Gedankens, der Befriedigung dieses unabweisbaren Bedürfnisses zu unserer Sicherheit stand in erster Linie die Abneigung der Einwohner selbst, von Frankreich getrennt zu werden, entgegen. ..." Bismarck sah Elsaß-Lothringen als bisheriges französisches Einfallstor nach Deutschland und wusste im Übrigen, dass die dortige Bevölkerung geteilter Meinung war. Hätte die Bevölkerung drei Alternativen gehabt, hätte sie wohl eher für einen neutralen Staat zwischen Frankreich und Deutschland gestimmt. Es fand aber keine Befragung statt. Bismarck konnnte sich damals wohl nicht vorstellen, dass das französische Revanchebedürfnis so stark und langdauernd sein würde und dass später eine so große Koalition gegen Deutschland entstehen würde.


dbutt 
Beitragsersteller
 30.01.2013, 12:57

Dankeschön für die gute Antwort! Gab es darüber hinaus auch einen wirtschaftlichen Aspekt, wie einige andere Antworter erwähnt haben?

Bruno47  30.01.2013, 14:15
@dbutt

Natürlich waren diese Gebiete auch wirtschaftlich wertvoll für das Reich. Lothringen: Kohle, Eisen und Stahl etc.; Elsaß: Landwirtschaft, Nahrungsmittelindustrie, Textilindustrie etc. Ich habe zu Hause ein Taschenbuch für Kaufleute von 1899, in dem die Erzeugnisse der verschiedenen Städte beschrieben werden. Das würde hier aber zu weit führen.

obgleich dies doch eine dauerhafte Feindschaft mit Frankreich (revanchistische Bewegung) zur Folge hatte, die ihn dann mitunter zu seiner Bündnispolitik zwang um Frankreich zu isolieren?

Das könntest Du genau so gut umdrehen und dann fragen: "Warum wollte Ludwig XIV unbedingt Elsass-Lothringen von Deutschland (damals Österreich), obwohl dies doch eine dauerhafte Feindschaft mit Deutschland usw. etc."

Das Argument ist wirklich nicht gut. Das könnte man dann immer weiter vorbringen, wenn sich ein anderer immer mehr vom eigenen Besitz nehmen würde: man darf es nicht zurück fordern, weil das eine dauerhafte Feindschaft des anderen zur Folge hätte.

In der Tat könnte ich sogar einwenden: wenn der andere sich schon widerrechtlich etwas genommen hat, dann habe ich die Feindschaft schon! Kann mir also gar nicht aussuchen, ob ich sie habe.

Aber Du weisst vermutlich gar nicht, dass Elsass und Lothringen alte Gebiete des Heiligen Römischen Reichs waren, die bis Ende des 17. Jahrhunderts bei Österreich/Habsburg waren und damals erst von Ludwig XIV für Frankreich erobert worden waren?

In der Tat erscheint die Eroberung von Elsass-Lothringen mir aus der damaligen Perspektive logisch und nachvollziehbar. Sowohl der Anspruch hat eine (gewisse und beschränkte) Berechtigung als auch die taktische Überlegung.

Die Rivalität mit Frankreich bestand schon. Denn denke zurück: Frankreich hatte Preussen aufgrund der Emser Depesche den Krieg erklärt, verfolgte den preussischen Aufstieg misstrauisch. Nach der Vereinigung mit den anderen deutschen Staaten war es das noch mehr.

Es war durchaus logisch, sich mit Grossbritannien zu einigen und davon auszugehen, dass eine französische Feindschaft bleiben würde. Dann sollte Frankreich wenigstens geschwächt sein.

Und in Lothringen gab es bedeutende Eisenerzvorkommen, die mit Kohle zusammen die Grundlage einer Rüstungsindustrie sind. Die Frankreich wegzunehmen, würde es nachhaltig schwächen.

Die heute populäre Ansicht, man hätte auf das Land verzichten sollen, geht von einer Lage aus, die heute besteht, aber nicht damals. Nach 1945 waren beide Seiten nach 80 Jahren Dauerkrieg mit kurzen Pausen erschöpft und wollten ein Ende des Krieges. Da war man dann plötzlich in grosszügiger Laune.

Das konnte aber am Anfang des langen Krieges naturgemäss noch nicht so sein. Denn man ist ja vor der Anstrengung noch nicht erschöpft, oder?

Wenn man heute zeigen will, dass man ein wirklich pazifistisches Verständnis hat, dann sollte man das nicht anhand von ehemaligen Konflikten, die einen gar nicht mehr berühren können - wo es also nichts wert ist - sondern anhand derer, die wir heute haben.

Afghanistan bspw. wäre ein Ort, wo man zeigen könnte, ob man Konflikte vermeiden will, die dauerhafte Feindschaften nach sich ziehen. Die Menschen dort sind nicht gerade erfreut über die ausländische Besatzung. Und man muss sich nicht wundern, wenn man damit Feindschaft hervorruft, die auch Folgen haben kann.

Ich glaube man muß nicht darüber diskutieren, ob Otto von Bismarck Interesse an Elsaß-Lothringen hatte...natürlich war es so.

Man muss da über den Tellerrand hinausblicken und die Situation verstehen, nämlich, dass in der Zeit des Deutsch-Französischen Krieges, Bismarck von einigen "Annahmen" geleitet wurde. Zum Beispiel war er davon überzeugt, dass Napoleon der dritte unbedingt die Rheinprovinz und Westfalen an sich reissen wollte (ca. 1866).

Ich kann mich noch wage an einen Brief von Bismarck an einen Botschafter erinnern, wo man die wirren Gedankengänge und die Stimmung sehr gut nachvollziehen konnte. (Sieg bei Sadowo hätte Franzosen stark verbittert ---> Angriffe und Übernahmen von Teilen von Süddeutschland geplant)

Falls benötigt, kann ich den Brief rauskramen aus meinen alten Unterlagen.

Nach dem Krieg ist Frankreich gezwungen worden, um die Anforderungen des Vertrags von Frankfurt erfüllen. die Zahlung von fünf Milliarden Franken und eine militärische Besetzung durch die deutsche Ost-Frankreich, bis die Schulden bezahlt sind und , annektierte zu Deutschland Elsass und 1/3Lothringen .. Bismarck wusste in diesem Moment, als dass er Alsace-Lorraine beschlagnahmt, setzt er Deutschland nach Vergeltung durch die Französisch. Unter dem Druck des deutschen Generalstabs und der Kaiser, muss es dennoch sich ergeben


dbutt 
Beitragsersteller
 30.01.2013, 12:56

Bitte was? Ich verstehe nichts von dem was du da geschrieben hast.

Das hat zumindest mal 2 Gründe. Der maßgebliche Grund ist vor allem der, dass Lothringen eine ausgeprägte Eisenindustrie besaß, die für die Industrialisierung Deutschlands recht nützlich war. Da eine Rivalität zwischen Frankreich und Deutschland bestand, kam es auch Bismarck auch darauf an, Frankreich zu schwächen, auf dass es sich nicht nach dem Krieg 1871 gegen Deutschland erhebe. Argumentiert wurde auch damit, dass Elsaß-Lothringen ja im Laufe der Geschichte immer mal wieder zu Deutschland gehörte und nun halt heim ins Reich geführt werde. Die gleichfalls vorherrschende deutsche Sprache vereinfachte bis zu einem gewissen Grad die Einverleibung, gleichzeitig diente sie der Rechtfertigung der Annexion.