Warum konnten sich die Juden im 2. Weltkrieg nicht einfach als Christen ausgeben?

12 Antworten

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Es tut mir sehr leid, dass Euch in der Schule die Sachen nicht richtig beigebracht werden.

Die Deutschen haben extrem viel Aufwand betrieben, um Juden als Juden zu identifizieren, und sie hatten viele Spitzel, (wie auch im Fall von Anne Frank), die ihnen dabei gehofen haben.

Der Fall von Anne Frank war eigentlich ziemlich typisch für Holland: dort gab es viele Holländer, die halfen, Juden zu verstecken oder die versteckten Judne halfen, zu überlebne. Andererseits gab es auch viele Denunzianten, so dass 2/3 der versteckten Juden in Holland letztlich von den Deutschen entdeckt und in Konzentrationslager deportiert und mehrheitlich ermordet wurden.

Hier hast du ein Beispiel aus Polen, von Kitty Hart-Moxon. Sie hat dort gefälschte Papiere bekommen, wurde aber trotzdem denunziert und nach Auschwitz deportiert.

https://youtube.com/watch?v=ZL7FjsNk90Q


ChoseNaM  11.07.2017, 07:47

Hier hast du ein anderes Beispiel von einer Frau, die sich als nicht jüdisch ausgegeben hat und so überleben konnte. sie erzählt aber auch wie gefährlich und stressig das war...

https://www.youtube.com/watch?v=j0mOA1KAZME

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Habt ihr das wirklich nicht in der Schule gelernt?

Die Deutschen konfiszierten die Meldelisten der jüdischen Gemeinden, man musste Taufscheine vorweisen können, tw. konnte man am Namen erkennen, dass er "jüdisch" war, Männer wurden einfach mitten auf der Strasse aufgefordert, die Hosen runter zu lassen, um zu überprüfen, ob sie beschnitten sind, es gab allenthalben Spitzel, die Juden bei den Deutschen denunzierten.

Nun gab es Länder, wo es bessere Widerstandsnetze gab, und andere, wo man gegen die Boshaftigkeit der Deutschen und der lokalen Bevölkerung keine Chance hatte.

Am besten war Albanien. Albanien wurde ab 1943 von den Deutschen besetzt, und sie haben keinen einzigen Juden ausgeliefert. 1936 gab es dort ca. 200 Juden, am Ende des Krieges ist die jüdische Bevölkerung auf 2000 angestiegen.

Dänemark war auch nicht schlecht, dort hat man den Juden zur Flucht nach Schweden verholfen, übers Meer.

Der Marokkanische König weigerte sich, die Kennzeichnung der Juden zuzulassen, mit dem Argument: Bei mir gibt es keine Juden oder Moslems, ich habe einfach Untertanen.

In Belgien und Frankreich gab es ganz gute Widerstandsnetze, dank denen man Juden verstecken oder ihnen zur Ausreise verhelfen konnte.

In anderen Ländern war es schwieriger. Die relativ höchsten Opferzahlen (in % der jüdischen Bevölkerung) waren  in Jugoslawien, Holland, Balten, Polen, Ungarn, Tschechoslowakei zu vermelden, wo die Deutschen und ihre Kollaborateure 75 bis 95% der jüdischen Bevölkerung ermordeten.

Die Situation war in jedem Land etwas anders: in Holland haben sich viele Juden versteckt (siehe Anne Frank), aber sehr viele wurden auch denunziert. d.h. ein Teil der Bevölkerung wollte helfen, ein anderer Teil kollaborierte total mit den Deutschen.

In Ungarn haben viele ausländische Konsule sich bemüht, zu helfen, (Lutz, Wallenberg) aber der Druck der Deutschen war riesig...

In Polen gab es zwar auch Menschen, die halfen, aber auch viele aktive Antisemiten, die aktiv denunzierten...

Mein Opa musste einen Ariernachweis beantragen, wo sein Stammbaum überprüft wurde.
Das brauchte er für seine Ausbildung.
Und eventuell hat den jeder gebraucht.

Bei der Judenverfolgung ging es nicht um die Religion, sondern nur um die "Rasse",  bzw Abstammung. 

Und diese musste von allen in Deutschland lebenden Menschen nachgewiesen werden, mittels Dokumenten wie Geburtsurkunde, Taufschein usw, und zwar für mehrere Generationen zurück. 

Auch Christen jüdischer Abstammung wurden verfolgt. 

Rein theoretisch dürfte ein "Arier", der zum jüdischen Glauben übergetreten war, ungeschoren bleiben. Da wird es aber nicht so viele gegeben haben...

Es gab da einige Mittel und Wege.

Zum einen den Ariernachweis. Man mußte also nachweisen, daß man von Ariern abstammte - über mehrere Generationen. Daher kamen auch Ausdrucke wie "Halbjude", "Vierteljude", etc.

Dann gab es natürlich Spitzel, die sich einen Vorteil erhofften, wenn sie Juden anschwärzten. Immerhin verloren die Juden Hab und Gut, wenn sie deportiert wurden.

Außerdem mußten Juden sich kenntlich machen, auch im Ausweis. Viele dachte dann, wenn sie machen, was die Regierung verlangt, dann wird es schon nicht so schlimm werden.

Teilweise reichte auch der Name schon aus. Wenn jemand "Schmuel Rosenzweig" hieß, dann mußten die Nazis nicht mal mehr in den Ausweis gucken.

Und jüdische Knaben werden ja kurz nach der Geburt beschnitten. Wäre also bei einem Mann der Verdacht aufgekommen, daß er Jude sein könnte, dann hätte man ihn zwingen können, die Hosen herunterzulassen. Wäre er dann beschnitten gewesen, dann hätte er wohl kaum noch eine Chance gehabt.

Und zum Schluß: Nur weil jemand ein "Nicht-Jude" war, hieß das nicht automatisch, daß er sicher war. In den KZs starben auch viele Christen, aus diversen Gründen. Wenn sie beispielsweise Kommunisten waren, homosexuell, Sinti und Roma oder geistig behindert ...