Warum gibt es so viele Sprachen die ä, ö und ü nutzen aber außer deutsch keine andere die alle drei gleichzeitig verwendet?

Klinghaus  25.12.2024, 21:59

Geht es um die Schreibung oder die Aussprache? Das Finnische, Norwegische und Ungarische haben jeweils alle drei Laute: Ä Ö Y / Æ Ø Y / E Ö Ü.

germanmuslim06 
Beitragsersteller
 26.12.2024, 13:50

Um die Schreibung

3 Antworten

Vom Beitragsersteller als hilfreich ausgezeichnet

Gute Frage. Ich denke, man muss da zwischen der Schreibweise, also den Buchstaben, und der Aussprache unterscheiden. Im Schwedischen schreibt man zwar kein ü, spricht es aber in vielen Wörtern, die mit u geschrieben werden.

jul (Weihnachten) wird meist [jʉːl] gesprochen, manche sprechen aber auch ein u.

Viele Wörter, die mit o geschrieben werden, werden mit einem u ausgesprochen.

tom (leer) wird [tum] gesprochen.

In Finnland schreibt man nicht ü, sondern y. Also puu = Baum, pyy = Haselhuhn.

Pyy – Wikipedia

Aber du hast schon insofern recht, als dass viele Turksprachen, Ungarisch, Finnisch und auch die nordgermanischen Sprachen (wie Norwegisch, Schwedisch usw.) allesamt die Vokale kennen, die wir eben ö und ü schreiben. Dies sind "front rounded vowels", man sieht das hübsch auf dieser Karte hier:

WALS Online - Feature 11A: Front Rounded Vowels

Das ä ist phonetisch gesehen etwas anders, das kommt einem offenen e nahe, und im Ungarischen unterscheidet man e (offen) von é (geschlossen).
Siehe z.B. egészséges ("gesund"), was beide Sorten enthält. Das ungarische e ähnelt in der Aussprache unserem ä, das unbetonte e in "danke" fehlt dort.

Aber diese Verwendung von Akzenten wird eher selten gemacht (Französisch nutzt e, é und è). Schwedisch und Finnisch nutzen das auch bei uns gebräuchliche ä (wobei Finnisch auch einen Doppelvokal ää kennt, siehe sää = Wetter).

Statt der Schreibweise ä gibt es im Dänischen æ (jærpe = Haselhuhn).
Übrigens kennt auch Isländisch diesen Buchstaben (snæ = Schnee).

Der Ursprung liegt in den lateinischen Doppellauten AE und OE, die durch Sprachwandel von der Antike zum Mittelalter zusammengezogen und als ä und ö ausgesprochen wurden.

Im Deutschen gab es dann im Mittelalter auch eine Sprachentwicklung, bei der aus bestimmten Vokalen sogenannte Umlaute entstanden sind, z. B. beim Bilden der Mehrzahl von Hahn (Hähne), Huhn (Hühner) und Vogel (Vögel). Den Umlaut von A konnte man noch mit E schreiben, aber für ü und ö fehlten lateinische Buchstaben. Man hat deshalb auf die Buchstabenkombinationen AE und OE zurückgegriffen (die im Mittellatein ja ä und ö gesprochen wurden) und hat in entsprechender Weise auch das UE gebildet.

Statt der Doppelbuchstaben ist man dann dazu übergegangen, das e über den Grundbuchstaben zu setzen. In der eckigen Frakturschrift ist das kleine e über den Buchstaben dann zu zwei Strichen reduziert worden, in der Antiqua-Druckschrift zu zwei Punkten. Die Schreibweise hatte auch den Vorteil, dass die unterschiedlich ausgesprochenen Wortformen ähnlich geschrieben werden anstatt einen Buchstaben ganz auszutauschen wie bei Hahn-Hehne oder Huhn-Hyhner

Andere Länder haben diese Schreibweise übernommen, als sie begannen, ihre Landessprachen zu verschriftlichen. Sie haben dann nur die Buchstaben übernommen, die sie für ihre Laute brauchten. Andere Sprachen haben hingegen AE oder Æ und OE bzw. Œ behalten.

Zwei ähnliche Buchstaben gibt es übrigens im Deutschen nicht oder nicht mehr: ë und ÿ. Auf Französisch haben die zwei Punkte oben (Trema) aber eine andere Funktion: Sie zeigen an, dass man den Buchstaben getrennt sprechen muss: Citro-ën, nicht Citrœn. Ähnlich ist es mit ÿ in einigen (wenigen) französischen Ortsnamen. Früher wurde noch die Kombination ij im Niederländischen und Frühneuhochdeutschen zu ÿ zusammengezogen. Im Spanischen wird ein eigentlich stummes u in gu als auszusprechen markiert: pingüino (Pinguin) würde sonst pingino gesprochen.

Woher ich das weiß:Recherche

Im Estnischen werden alle drei, also ä, ö und ü verwendet. Also so wie im Deutschen auch ;)

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung