Wäre der Unfall in Tschernobyl verhindert worden wenn das Graphit in den Spitzen der Steuerstäben sich etwas weiterhin hinten befunden hätte?

6 Antworten

Vermutlich nicht. Bedingt durch die "Xenon-Vergiftung" "mussten" übermäßig viele Steuerstäbe herausgefahren werden, um die Kiste überhaupt am Laufen zu halten, was in jedem normalen Betriebszustand so nie notwendig gewesen wäre. Die Graphitspitzen hatten imo das inzwischen unvermeidbare nur noch wesentlich beschleunigt.

Sobald durch die weitere Durchführung des "Versuches" der Primärkreislauf nicht mehr gekühlt wurde, hätte der positive Dampfblase nkoeffizient wohl auch ohne die Graphitspitzen genügt, die Katastrophe auszulösen, weil durch die dadurch stattfindende Reaktivitätszunahme auch das Xenon abgebaut wurde.

AZ-5 war als Notabschaltung für den Kernreaktor des Typs RMBK-1000 gedacht gedacht, jedoch nicht unter solchen Umständen. AZ-5 wurde erst betätigt wie es schon zu spät war und die Katastrophe schon im vollem Gange war. Die Auslösung der Notabschaltung hat es nicht direkt verursacht, allerdings beschleunigt. In der Serie (Chernobyl) wird dies auch gut erklärt warum dies geschehen war.

Jedoch gibt es eine ganze Reihe an Möglichkeiten wie man dies Katastrophe von Reaktor 4 hätte verhindern können. Die einfachste Lösung: Djatlow hätte den Reaktor nach Abfall der Leistung unter 20% komplett herunterfahren müssen und nicht die Reaktivität der Brennstäbe erhöhen.

Die kompliziertere und teurere Antwort: Das Kernkraftwerk gar nicht in Betrieb nehmen dürfen. Im Laufe der Jahre (Und noch heute) kommt es in Russland immer wieder zu Unfällen in der Kernchemie durch veraltete Technik oder weil an Dingen gespart worden, die im Falle eines Ernstfalles (oder einer einfachen Übung) zu katastrophalen Ereignissen führen können.


Peppie85  10.07.2021, 06:29

sein wir doch mal ehrlich, wenn wir murphys law betrachten, und ich meine nicht beverly hills cop! (eddy murphy) dann ist der betrieb einer solchen höchstrisikotechnologie aus meiner sicht so wie so fragwürdig.

siehe transrapid - 2, in worten ZWEI fahrzeuge auf der Strecke, beide von der gleichen instanz kontrolliert, und trotzdem kam es zur kollision...

betrachtet man sich, welche weitreichendeden folgen selbst ein "kleineres" unglück in einem solchen reaktor nach sich zieht, dann ist es in der tat zeit, von solchen technologien abschied zu nehmen.

das einzige was mich letzten endes an dem mal ja, dann nein, dann wieder doch ja, atomaustrieg gestört hat oder stört ist, dass lauffähige meiler mit restbrennstoff abgeschaltet werden, da der weiterbetrieb das gleiche risiko birgt, wie das kontrollierte abklingen lassen.

abgesehen davon, ist es nur eine frage der zeit, bis sich die stahlfressenden bakterien, die sich nachweislich in den hochradioaktiven kreisläufen von diversen demontierten anlagen gefunden haben, duch die wandungen der castorbehälter, in denen die brennstäbe ihre letzte ruhe finden sollen nagen.

ich würde wie gesagt sagen, dass neue anlagen zu errichten gegenüber zukünftigen generationen verantwortungslos ist. erst recht, wo wir noch garnicht wissen, wohin mit dem ganzen mist später, wenn der brennstoff abgenutzt ist, und oder der reaktor außer dienst geht.

lg, anna

gonzo1233  18.07.2021, 23:20
@Peppie85

Hallo Anna, es freut mich, dass du so fit in allen Technikthemen bist und viele Informationen für die Leserschaft parat hast.


Das Tschernobyl Thema ist ja deutlich komplexer und die Spitzen der Steuerstäbe spielten da keine nennenswerte Rolle.

1. Es handelt sich hier um einen militärischen Reaktor zur Atombombenproduktion, diese sind deutlich instabiler im Betriebsverhalten als unsere sicheren Druckwasserreaktoren.

2. Der 3500 Tonnen schwere Grapitkern (ist zwingend nötig für die Bombenproduktion) war das nächste Problem (unsere Reaktoren haben nur Wasser als Moderator), das brennende Graphit hat 4% des Reaktorkerns in die Atmosphäre befördert - sonst wäre die Strahlung in der Region geblieben und wir hätten nichts davon bemerkt.

3. Die Notkühlung war hart abgeschaltet - das darf niemals geschehen und dies steht auch so im Betriebshandbuch jedes Reaktors.

4. Der Reaktorschutz hat den unzulässig instabilen Betriebszustand erkannt und hat begonnen den Reaktor abzufahren. Wenn der Reaktorschutz greift, so geschieht das Abfahren vollautomatisch - niemand braucht etwas tun und darf auch nichts tun. Der Schlaumeier von Schichtführer wollte genau das verhindern und hat den Reaktor unzulässiger weise vollständig seiner Kühlung beraubt. Die Hauptkühlmittelpumpen dürfen bei laufendem Reaktor niemals außer Betrieb genommen werden.

Der Schichtleiter hat trotz jahrzehntelanger Erfahrung alles bewusst falsch gemacht, was möglich war.

Die Presse hat sich auch redlich bemüht, die wahre Ursache zu verschleiern und hat statt dessen von einem fehlgeschlagenen Test berichtet. Dass dies ein militärischer Reaktor war, habe ich nirgends gelesen, dafür aber mehrmals die Aussage, dass Kernkraft generell unsicher ist.

Ich habe mehrere Jahre in den Kernkraftwerken Brokdorf und Grohnde gearbeitet und war schon erstaunt viel viel Sicherheit da eingebaut ist, von der 56m durchmessenden druckdichten Stahlkugel die den ganzen Primärkreis umschliesst angefangen, über das druckdichte A-Gebäude um die Stahlkugel, bis hin zu den 4 automatisch startenden Notstromdieseln, den vierfach aufgebauten Reaktorschutz, das gepanzerte Notstandsgebäude.

Wenn es überhaupt keinen Strom mehr gibt, springen die 4 Notspeisediesel per Pressluftstarter an.

Wenn alle vorherigen Maßnahmen versagen, werden von den Notspeisedieseln automatisch 4x360 m3 Bor in den Reaktor gepumpt um die Reaktion abzusteuern.

Wegen den strahlenden Restmaterialien sorgt die Presse auch für viel Wirbel. Da die Strahlung zum Quadrat der Entfernung abnimmt, genügt es das Material zusammen mit militärischer Munition (regensicher) zu lagern; die Bewachung ist dann sicher gestellt. Bergwerke sind meiner Meinung nach nicht nötig.

Die CO2 freie Energieerzeugung durch sichere Druckwasserreaktoren sorgt für eine stabile Grundlasterzeugung - das sollten wir nicht verspielen. Die Chinesen bauen aktuell 31 neue Reaktoren für stabile Energieerzeugung und stehen dazu.

Vorrangig sollten die fossile Kraftwerke ersetzt werden, denn nur diese sind katastrophal fürs Klima.

LG Günther

Peppie85  19.07.2021, 07:08
@gonzo1233

ich wollte jetzt auch garnicht so ins deteil gehen, sondern nur darauf hinweisen, dass eben jede technologie fehleranfällig ist. und eben das risiko eines "weltunterganges" besteht...

lg, anna

Doktorelektrik  08.01.2022, 22:28
@Peppie85

Anna, das ist so nicht richtig, und du weißt es auch besser.

Deine Meinung in Ehren, aber diese Aussagen zum Transrapid wie zur Kernenergie oder zum "Waffen-Plutoniumbrüter" in Tschernobyl sind grundfalsch in den Ursachen und der Analyse.

Ich denke kaum, dass du deinen FI nach Murphys Law einbaust - dann besteht Lebensgefahr!

Ich bin keine Physikerin

Aber ich denke nicht das man das Verhindern hätte können der "unfall" ist ja Passiert weil ein Test weit auserhalb der für den Betrieb des Reaktors zugelassenen werte Durchgeführt wurde


Saltsan 
Beitragsersteller
 10.07.2021, 05:45

Richtig. Aber die schlussendliche Explosion war dennoch unmöglich gewesen. Die Explosion würde schlussendlich vom Graphit in den Spitzen der Steuerstäbe ausgelöst, als AZ-5 betätigt wurde.

Ich bin auch kein Physiker. Aber um zu verstehen was in Tschernobyl passiert ist, muss man kein Atomphysiker sein.

Roman440  11.07.2021, 18:00
@Saltsan

Hätten sie AZ-5 nicht getätigt, dann wäre der Reaktor auch explodiert. Wären die Dieselgeneratoren nicht defekt gewesen und hätten sie den Test nicht die ganze Zeit verschoben, dann wäre es sehr wahrscheinlich gewesen, dass es nicht zu so einem Unfall gekommen wäre. Dazu wollten sie den Test ja eigentlich schon früher durchführen (1984). Dieser wurde ja immer wieder verschoben...

die haben ja gerade absichtlich eine leistungssteigerung gewollt .. also egal wie ... die wären wegen unkenntnis immer den falschen weg gegangen. sie wollten eine leistungssteigerung und haben erst dagegen gesteuert als die leistungssteigerung "zu hoch" war


Doktorelektrik  08.01.2022, 22:34

Faktor 100 ist "ein wenig zu hoch" - tja, wenn man fast alle Bremsstäbe zieht und es fast 1 Minute dauert, sie wieder einzufahren,..... Oh hätten sie nur die "Gebrauchsanweisung" (Betriebsvorschriften zur Mindestanzahl der eingefahrenen Bremsstäbe waren korrekt formuliert) gelesen.... Und für die Beurteilung des Restschwungs der rotierenden Turbinen-Generatoreinheit hätte es des aktiven Reaktors nicht bedurft....

Das Personal hat ganz augenscheinlich im wahrsten und hier tödlichen Sinn des Wortes damit herumgespielt.

DeathyWolf  10.07.2021, 07:08

Das ist nicht ganz richtig. Die Leistungssteigerung wurde von Genosse Djatlow (Dem leitenden Ingenieur) beordert, nachdem die Reaktorfunktion bei dem Test unter 20% gefallen war. Der Schichtleiter Akimow war Währenddessen gegen dieses Vorhaben und hätte man auf diesen gehört, dann wäre der Reaktor komplett herunter gefahren. Dies hätte zwar zur Folge gehabt, dass ein Viertel der Sowjetunion keinen Strom mehr für ein paar Tage gehabt hätte, allerdings wären weniger Menschen ums Leben gekommen. Daraufhin hätte es auch Untersuchungen gegeben wie genau es zu sowas kommen konnte.

Schließlich hat jedoch die Explosion des Kernreaktors auch zum Fall der Sowjetunion mit beigetragen.

iqKleinerDrache  09.01.2022, 00:06
@DeathyWolf

ich habe da einen beitrag gesehen wonach jemand aus Kiew angerufen hat und verlangt hat den Test abzubrechen, weil sie mehr Energie brauchen. Normal hätten sie ihn nicht abbrechen dürfen bevor er komplett durchgelaufen ist. Da es aber Freitag abend war und die Leute die den Test angefangen hatten und wussten wie er richtig zu beenden ist nicht da waren, haben die anwesenden es falsch gemacht. Sie hätten eben am besten den Anruf ignorieren müssen und warten bis der Test nach vorgesehener Zeit selbst beendet ist. Nur dann wären wohl einige entlassen worden am nächsten Tag.

Gute Frage! Zu dem "Unfall" in Tschernobyl kam es, weil an dem Wochenende in dem Atommeiler ein Belastungstest gefahren wurde, der völlig aus dem Ruder lief. Eine andere Position des Graphits hätte diesen GAU mit Sicherheit nicht verhindert. Übrigens war dies nicht der erste gravierende Vorfall in dem dortigen AKW.


gonzo1233  21.05.2022, 22:51

Es ist kein Test aus dem Ruder gelaufen, das stimmt einfach nicht, obwohl die Presse das so behauptet.

Der automatische Reaktorschutz wollte den instabilen Reaktor automatisch abfahren und hätte das auch gemacht, wenn die Bediener nicht alle Kühlpumpen sabotiert hätten.

Saltsan 
Beitragsersteller
 10.07.2021, 05:48

Okay.

Aber nehmen wir an, das Bor in den Steuerstäben wäre zuerst in den Reaktor nach AZ-5 eingedrungen. Wäre ein massiver Leistungsabfall möglich gewesen, bevor das Graphit den Kern erreichte?
Wenn ja, wäre der Strahlenanstieg nicht eher gering gewesen, dadurch das vorher noch Bor eindrang?

droolintrenne  10.07.2021, 05:54
@Saltsan

Ich weiß genau, was du meinst. Aber glaub mir, diese Diskussion ist völlig müßig und meines Erachtens angesichts der Katastrophe, die sich tatsächlich ereignet hat, auch ziemlich zynisch. Bei dem Belastungstest an dem Wochenende ist in diesem AKW ziemlich viel falsch gelaufen und es insofern total sinnfrei zu überlegen, was passiert wäre, wenn irgendein ganz spezieller Aspekt anders gewesen wäre.

Saltsan 
Beitragsersteller
 10.07.2021, 08:34
@droolintrenne

Kurz: "Ich weiß es nicht" hätte es auch getan.
Trotzdem danke.