Blickwechsel 29. Mai 2024
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Verhindert luzides Träumen nicht die eigentliche Funktion des Träumens?

1 Antwort

Vom Beitragsersteller als hilfreich ausgezeichnet

Hallo LaveaNova,

diese Annahme klingt an sich tatsächlich logisch und es ist auch die Sorge vieler, dass es die eigentliche Funktion des Träumens raubt. Jedoch konnten mit wissenschaftlichen Forschungen keine Hinweise darauf gefunden werden, dass dadurch ein Nachteil entsteht. Es kommt dadurch allgemein betrachtet nicht zu psychischen Krankheiten und auch die Schlafqualität ist davon nicht beeinträchtigt. Selbst bei Klarträumern, die jahrelang fast täglich luzide Träume haben, scheint es nicht problematisch zu sein, wobei man auch sagen muss, dass es natürlich auch der individuellen Umstände entsprechend Ausnahmen geben kann.

Die Annahme dazu ist, dass luzides Träumen nicht bedeutet, dass man den kompletten Trauminhalt an sich reißt. Es gibt immer noch Elemente, die vom Unterbewusstsein dargestellt werden. Auf diese Weise kann das Unterbewusstsein trotzdem (ver)arbeiten. Hinzu kommt, dass wir die eigentliche Bedeutung von Träumen noch nicht voll und ganz kennen. Wenn wir davon ausgehen, dass in Träumen nur symbolisch Inhalte dargestellt werden, die wir am Tag zuvor erlebt haben und die gewissen Assoziationen und Erwartungen aus dem Unterbewusstsein getriggert haben, dann hat das Unterbewusstsein in diesem Sinne auch keine verarbeitende / heilende Aufgabe, sondern ist am aufräumen und ausmisten. Und das kann es auch, wenn wir im luziden Zustand sind.

Forschungen von Paul Tholey haben im Gegenteil sogar gezeigt, dass der bewusste Eingriff in Träume, speziell sogar Albträume, die Psyche besser heilen kann, als wenn wir die Träume unbewusst erleben. Auf diese Weise können wir dieProbleme, die im Unterbewusstsein liegen, bewusst machen und auch in der Realität bewusst angehen. In manchen Fällen hat es schon ausgereicht, sich der Probleme bewusst zu werden, um einen wiederkehrenden Albtraum für immer zu beenden. Das lässt mich persönlich auch annehmen, dass unser Unterbewusstsein eine Helikopter-Mom ist. Es will uns viel zu sehr vor Schaden behüten, wodurch es auch beim Darstellen der Träume eine Symbolsprache verwendet, um das eigentliche Problem zu zensieren. Die zweite Zensur ist dann das Vergessen des Traums. Jedoch ist diese Überfürsorge nicht gut und es müssen negative Dinge auch bewusst aufgearbeitet werden (sonst bräuchten wir auch keine Psychotherapeuten).

Liebe Grüße! :)

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Oneironautin seit 2017

LaveaNova 
Beitragsersteller
 29.05.2024, 15:25

Deine Antwort ist tiefgründig, fachlich informiert und vollkommen überzeugend, womit ich nicht gerechnet hätte. Vielen Dank dafür!

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