Was ist der Unterschied zwischen Kolonialismus und Imperialismus?

8 Antworten

Die Begriffe überschneiden sich inhaltlich zu einem großen Teil.

Imperialismus ist das Streben nach Ausweitung/Ausdehnung (Expansion) der Herrschaft und des eigenen Macht- und Einflussbereichs.

Kolonialismus ist das Streben nach Besiedlung und Aneignung fremder (außerhalb der eigenen Grenzen liegender; oft weit weg in Übersee) Gebiete. Eine Kolonie (lateinisch colonia = neu bebautes/bevölkertes Land, Pflanzstadt, Tochterstadt, Kolonie vom Verb colere = bebauen, pflegen, bewohnen) ist ein politisch unselbständiges und nicht gleichberechtigtes, oft von einem räumlich weit entfernten „Mutterland“ dauerhaft abhängiges und seinen Bedürfnissen und Interessen unterworfenes Gebiet (wirtschaftliche Ausbeutung kann die Folge sein). Ein Land und seine Gesellschaft sind fremdgesteuert.

Unterschiede:

Imperialismus kann als Machtkontrolle und Beeinflussung auch durch indirekte Herrschaft und Abhängigkeitsverhältnisse (politisch, wirtschaftlich, kulturell) stattfinden, während Kolonialismus immer auf direkte Herrschaft bezogen ist.

Kolonialismus zielt, auch wenn er ein wesentliches Mittel zur imperialistischen Ausdehnung sein kann (in diesem Fall also eine Ausprägung des Imperialismus), nicht unbedingt darauf, ein Weltreich (Imperium; lateinisch imperium = Befehlsgewalt, Herrschaft, Reich) zu errichten. Das Machtstreben des Imperialismus ist auf die Bildung eines Imperiums ausgerichtet.

Imperialismus konnte auch ohne Aneignung überseeischer Gebiete stattfinden (ein Beispiel für bestimmte Zeitphasen ist Russland bzw. die Sowjetunion).

Nicht jeder Erwerb einer Kolonie war schon die Errichtung eines Weltreichs.


Spaggalutzi 
Beitragsersteller
 06.03.2012, 22:46

dankeschön.

was ist genau unter "indirekteren und direkter Herrschaft" zu verstehen?

Albrecht  06.03.2012, 22:59
@Spaggalutzi

Bei direkter Herrschaft gehört ein Gebiet auch formal zum Gebiet der es beherrschenden Macht. Es gibt eine Regierung, die von der beherrschenden Macht ausgeübt wird.

Bei indirekter Herrschaft gehört das Gebiet formal nicht zum Gebiet der es beherrschenden Macht und es gibt eine einheimische Regierung. Doch die Beeinflussungen und die Abhängigkeiten aufgrund eines Machtübergewichtes und der Strukturen (Politik, Wirtschaft, Medien und ähnliche Bereiche) sind sehr groß und tatsächlich übt ein anderer Staat in einem Gebiet in einem großen Umfang Herrschaft aus.

Spaggalutzi 
Beitragsersteller
 06.03.2012, 23:03
@Albrecht

aber beim Imperialismus zielt man doch auch auf direkte Herrschaft oder nicht?

Albrecht  06.03.2012, 23:12
@Spaggalutzi

Imperialismus geschieht nicht in jedem Fall in Form direkter Herrschaft. Eine Absicht, direkte Herrschaft auszuüben, besteht nicht immer. Möglicherweise entwickelt sich ein Zielen auf direkte Herrschaft später - so etwas steht einem Streben nach Bildung eines Weltreichs nicht völlig fern. Dies ereignet sich aber nicht immer und unbedingt.

breitengrad50  07.03.2012, 07:02
@Albrecht

Hallo @Albrecht: Wirklich gekonnt und perfekt beantwortet. Aber ob indirekt oder direkt Herrschaft ausgeübt wurde, war nicht so differenziert ( fast idealiter) zu sehen, sondern rudimentär und durchschlagend ging es um Besitz und Einfluss, um Sicherung, um dortige Infrastruktur und "Verkündigung" nach daheim. Alle Kolonialmächte ( Macht) hatten die Absicht zu herrschen, zu besitzen, auf Dauer zu stabilisieren. Es ging letzten Endes um ein Imperium und auch immer um (wenn auch manchmal versteckt) Imperialismus.---- Zur Anfrage : Sie ist berechtigt; beide Begriffe sind immanent wirksam und bedingen sich gegenseitig; sie sind nicht sauber zu trennen. Vorsicht: Wir Europäer färben unsere Leistungen.

"Imperialismus" bezeichnet die zielstrebige Erweiterung und den systematischen Ausbau des wirtschaftlichen, militärischen, politischen und kulturellen Macht- und Einfluss-bereiches eines Staates in der Welt. Als Zeitalter des Imperialismus gilt speziell für "Europa" allgemein der Zeitraum zwischen 1870- und 1918. Der amerikanische Imperialismus vollzog sich stattdessen durch die Eroberung riesiger Gebiete Mittel- und Südamerikas mit weitgehender Unterwerfung- und Ausrottung der indigenen Ureinwohner durch die Spanier. Franzosen und Engländer konkurrierten zunächst um die Eroberung der nordamerikanische Landmasse. Nach dem Unabhängigkeitskrieg war die USA als neuer Staat entstanden. Kanada blieb Bestandteil des britischen Weltreiches und Frankreich mußte seine Ambitionen auf Amerika wegen der europäischen Konflikte aufgeben. Die USA eroberte nun die spanischen Besitzungen bis zum Rio Grande im Süden- und eroberte die gewaltige Landmasse Nordamerikas durch Verdrängung und weitgehender Ausrottung der indigenen Völker. Die USA wurde nach dem 1. WK imperialistische Weltmacht und sie setzt diese Politik bis heute fort!

"Kolonialismus" bezeichnet die Ausdehnung der Herrschaftsmacht europäischer Staaten auf außereuropäische Gebiete mit dem vorrangigen Ziel der wirtschaftlichen Ausbeutung! Die seinerzeit noch weitgehend unterentwickelten Länder Asiens- und Schwarzafrikas wurden ohne Rücksicht auf die kulturelle Entwicklung der betroffenen Völker vereinnahmt. Den Eingeborenen wurden die jeweiligen europäischen Werte übergestülpt- und des Weitern als Menschen 2. Klasse behandelt. Die Bodenschätze der unterworfenen Gebiete- und deren Einwohner wurden rücksichtslos ausgebeutet. Die Kolonialzeit endete nach dem 1. Wk durch eine schrittweise Entkolonialisierung und Übergabe der Souveränität. Das führte in den ausgebeuteten, ausgebluteten Ländern- und deren entwurzelten Menschen zu gewaltigen Problemen. Die geraubten angestammten Lebensstrukturen und die plötzliche neu gewonnene Unabhängigkeit führte zwangsläufig zu neuen Spannungen zwischen den verschiedenen Völkern, die im Verlauf der Staatswerdung zu Kriegen führten, die teilweise bis heute andauern!


nowka2  08.03.2012, 02:38

sehr gute antwort.deshalb DH (hoch 10)

Kolonialismus, dass waren staaten welche kolonien gründeten um das "mutterland" zu bestärken. Es wurden in der Kolonialzeit viele güter nach Europa gebracht, dies hat dort die wirtschaft angekurbelt und es gab viele neue luxus güter wie kakao. Aber natürlich war sicher auch ein Machtgedanke da. Der Machtgedanke ist im Imperialismus stärker, da geht es nur um Macht und Rohstoffe. Afrika wurde zum beispiel quasi unter den europäern aufgeteilt, aber alle haben von einem weltreich geträumt. Die Römer waren auch Imperialisten, so auch Alexander der Große.

Kolonialismsu ist heute wohl kaum noch möglich, man kann den USA aber möglicherweise Imperialismus vorwerfen. Dieser ist also noch gegenwärtig.


Spaggalutzi 
Beitragsersteller
 06.03.2012, 22:22

Dankeschön :)

John345  06.03.2012, 22:26
@Spaggalutzi

Die Golfkriege in jüngsterzeit, hier steht der machtgedanke vermutlich nicht ganz so weit vorne, aber man besetzt das land und fördert rohstoffe deutlich billiger ins mutterland.

Kolonialismus - Länder "ergattern" kolonien im ausland um billige rohstoffe ins inland zu bringen und die wirtschaft zu fördern. Imperialismus - Länder wollen eine Weltmacht stellung einnehmen ergo sie erobern andere Gebiete um ihre macht auszuweiten. Zeit während und nach der industrialisierung.


Spaggalutzi 
Beitragsersteller
 06.03.2012, 22:21

ok danke. aber es geht auch um verbesserte handelsmöglichkeiten und so was beim Imperialismus oder?

und regiert in beiden fällen dann das land, welches das gebiet eingenommen hat?

Imperialismus ist Streben der Obrigkeit mit Ziel die Bevölkerung fremden Landes mit politischen, ökonomischen, kulturellen und ideologischen Mitteln zu beeinflussen, auszubeuten, abhängig zu machen und direkt oder indirekt zu beherrschen.

Kolonialismus ist enger mit Imperialismus verbunden und steht für Streben v.a. europ. Staaten durch Erwerb von Kolonien von Rohstoffquellen zu anzubinden, Märkte für Absatz und Siedlungsmöglichkeiten zu errichten und Machtstellung im Kräftefeld zu sichern.