Überlappende Gene?

1 Antwort

Hi,

hier liegen tatsächlich 2 Gene für 2 verschiedene Proteine an einem Genort.

Das ist eigentlich das Gegenteil von dem, was ihr bisher gelernt habt, dass an einem Genort ein Gen liegt und es ist auch ein Spezialfall, der bei Viren und Mitochondrien auftritt. Unten steht ja auch "Gene auf DNA des Phagen", also haben wir es hier in der Tat mit Virus-Genen zu tun, denn Phagen sind Viren, die Bakterien befallen.

In der oberen Abb. (A) sieht man die Abschrift (das Transkript) der Virus-DNA, in Form einer mRNA und darüber ist dargestellt, dass diese mRNA für ein Protein codiert, die Aminosäuresequenz ist angegeben "Met(Start)-Gly-Thr..." u.s.w.

Nun zeigt sich aber, dass in der gleichen DNA-Sequenz noch ein zweites Protein verschlüsselt ist. Dessen Startpunkt liegt an einer anderen Stelle, überlappend mit der DNA-Sequenz für das erste Protein und dies ist unter der mRNA dargestellt "Met(Start)-Leu-Leu..." u.s.w.

Wie kann das sein? Bei genauerem Hinsehen sieht man, dass das zweite Protein von einer Nukleotidsequenz codiert wird, die um eine Base verschoben ist, quasi neben der Basenfolge des oberen Proteins liegt (die eckigen Klammern einmal vergleichen). Man nennt das ein anderes Leseraster.

Wenn wir Codons haben, die aus 3 Buchstaben bestehen, "A-B-C", dann kann der Startpunkt an 3 Stellen liegen, nämlich auf dem A, auf dem B oder auf dem C. In diesem Fall liegt der eine Startpunkt "AUG" für Methionin ganz links "auf dem A" (auf der ersten Stelle des 3er-Codes) und der zweite Startpunkt "AUG", um eine Base nach rechts verschoben, "auf dem B" (auf der zweiten Stelle des 3er-Codes). Hier liegen also 2 Gene an einem Genort, in zwei verschiedenen Leserastern der DNA (bzw. mRNA). Da muss man schon wirklich einen kreativen Tag haben, um das für ein Schulbuch zu verwenden.

Das Ganze ist unten nochmal auf einer Genkarte des betreffenden Virus (Phagen) dargestellt, wo man sieht, dass Gene des Phagen eindeutig überlappen. In Gen A liegt Gen A', in dem Teil in dem sich A und A' überlappen, liegt zudem noch Gen B und der Beginn von Gen K. K überlappt wiederum mit Gen C und Gen D und Gen E überlappen sich ebenfalls teilweise.

Ein Phage oder Virus hat allgemein ein nicht besonders großes Erbgut, denn es muss ja jeweils in kleine Capside hineinpassen und diese DNA-Fracht dann in Wirtszellen gebracht werden. Da kann man nicht mit einem riesen Aparillo ankommen. Diese überschaubaren Genomgrößen (DNA-Längen) nutzt das Virus optimal aus, indem hier mehrere Gene an Genorten übereinander liegen, indem ihre Information auf verschiedenen Leserastern des gleichen DNA-Abschnittes liegt. LG


Tillbi 
Beitragsersteller
 26.08.2020, 16:47

Kannst du mir das Konzept der 2.Abb erklären? Das wäre echt lieb

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Tillbi 
Beitragsersteller
 26.08.2020, 19:48
@CliffBaxter

Danke, könntest du mir als letztes vielleicht noch erklären wie das dann in Abb.2 gelesen wird.

Vieeelllen Dannkkk

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CliffBaxter  26.08.2020, 22:46
@Tillbi

normalerweise liegen Gene in einem Leseraster der DNA, hintereinander auf der DNA https://www.jimmunol.org/content/jimmunol/178/11/7162/F3.large.jpg

Abb. B zeigt, dass das bei Viren nicht der Fall sein muss. Hier liegen Gene mitunter in verschiedenen Leserastern, im gleichen DNA-Abschnitt, nach der in A gezeigten Methode der Verschiebung des Leserasters mit Beginn der Codonabfolge auf der 1., 2. oder auf der 3. Base ein und derselben Basensequenz. Das ist absolut beeindruckend, weil ungewöhnlich.

So kommt es, dass A und A' überlappen, Gen B und der Beginn von Gen K überlappen. K mit Gen C überlappt und Gen D und Gen E teilweise überlappen. Diese Blöcke (Gene) liegen normalerweise hintereinander.

Der Selektionsdruck bei Viren scheint darauf gerichtet zu sein, möglichst viel Information auf kleinem Raum unterzubringen. Das haben Viren mit dieser Überlappung erreicht, sie nutzen den gleichen DNA-Abschnitt in all seinen 3 Leserastern gleichzeitig, normalerweise wird nur eines genutzt, dann würden diese Blöcke (Gene) auf einer Karte alle hintereinander liegen. LG

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CliffBaxter  26.08.2020, 23:04
@Tillbi

das Erstaunliche ist, dass die Basensequenz, die durch das erste Protein in Abb. A über der mRNA ja bereits festgelegt ist, nur durch Verschiebung in ein anderes Leseraster, überhaupt ein 2. funktionsfähiges Protein ergibt.

Demonstriere es im übertragenen Sinn an unserer Sprache, ich wähle nur Wörter mit 3 Buchstaben für die Codons des oberen Proteins, sie ergeben jeder für sich einen Sinn und verschiebe das Leseraster um 1 Base (Buchstaben) nach rechts:

DIE-KUH-LAG-AUF-DEM-HEU-UND-TAT-NIX

IEK-UHL-AGA-UFD-EMH-EUU-NDT-ATN-IX_

Der Satz wird dadurch sinnlos. Bei dem Virus ergibt dieses 2. Leseraster des gleichen DNA/mRNA-Abschnittes ein 2. funktionsfähiges Protein! Außergewöhnlich. LG

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