Traditionelles/ Modernes Gedicht
Unser Deutschlehrer gab uns ein Arbeitsblatt mit Arbeitsaufträgen, von denen wir uns einige aussuchen dürfen/ müssen.
Zwei der Aufträge lauten:
Schreibe die Anfangszeilen eines ungereimten traditionellen Liebesgedichtes...
Schreibe die Anfangszeilen eines ungereimten modernen Liebesgedichtes...
Da ich gerne Gedichte schreibe (das heißt noch nicht, dass sie gut sind^^), interessieren mich diese Arbeitsaufträge durchaus, aber kann mir jemand erklären, was die Unterschiede zwischen einem traditionellen und einem modernen Gedicht sind?
Und wenn noch ein paar Sachen dabei sind, auf die ich sonst noch achten sollte, würde ich mich auch freuen, aber muss nicht sein :-)
Danke im Vorraus :-)
2 Antworten
In traditionellen Gedichten ist die Form vorwiegend durch den Klang gestaltet, also akustisch zu erfahren. Man muss diese Gedichte also hören, um ihre Gestalt/Form zu erkennen. Überprüfe das einmal an den Formmerkmalen wie Reim, Versmaß und Vers-Endung, die ich hier oberhalb vorgeführt habe. Lediglich die Strophengliederung ist – auch – sichtbar, also visuell.
Modernes Gedicht. Hier gibt der Dichter jedem Gedicht eine eigene Form, die er zum Teil extra für dieses eine Gedicht erfindet. Natürlich kann er dabei auch auf herkömmliche Formmittel zurückgreifen. Außerdem ist die Form oft eher visuell, also im Druckbild zu erkennen. Man muss diese Gedichte also sehen/lesen, um die Gestalt/Form zu erfahren. Du siehst: traditionelle und moderne Gedichte unterscheiden sich vor allem durch ihre Form.
weiter Hinweise Hier:
http://www.dietrich-schaeckermann.de/interpretation/textsorten.htm#TraditionellesGedicht
Jedes Gedicht der traditionellen Lyrik hat grundsätzlich einen festen, wenn auch manchmal ungewöhnlichen Rhythmus (zu "Metrik", "Versfuß", und "Versmaß" siehe Wikipedia), auch wenn es reimlos ist, s. z.B.
Der Abschied (v. Hölderlin, 1770-1843):
- Trennen wollten wir uns, wähnten es gut und klug?
- Da wir’s taten, warum schreckte wie Mord die Tat?
- Ach, wir kennen uns wenig,
- Denn es waltet ein Gott in uns.
Moderne Lyrik verzichtet auf Versfüße und die Einhaltung von Versmaß. Da kann eine Verszeile durchaus aus nur 1 einzigen Wort bestehen, s. z.B.
Erich Fried (1921-1988)
Aber
du bist wiedergekommen
Du
bist wieder
gekommen
Du
du bist
du bist wieder
Ich bin wieder
weil du bist
Du bist gekommen
du wieder
und immer wieder
wieder du
Du
du
du und ich
immer wieder
und wieder
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Schau dir auch ein paar andere moderne Liebesgedichte an:
http://www.deutsche-liebeslyrik.de/gegenwart/liebeslyrik_gegenwart.htm
Und: im Voraus schreibt man mit nur 1 R (vor + aus) !