Tipps zum Vortragen einer klassischen Rolle (Vorsprechen an der Schauspielschule)?

8 Antworten

Jedem talentierten Schauspieler mit gutem Gespür für die Schönheit von Sprache schießen die Tränen in die Augen, wenn in einem klassischen Stück eine historischer Charakter derart gut gesprochen und gespielt ist, wie man es im guten Theater hören kann.

Ich selbst bin unglaublich froh, inzwischen endlich das Alter zu haben, nicht mehr die jungen "Liebchen" spielen zu müssen, sondern mich für Maria Stuart interessieren zu dürfen!

Deine Begeisterung für Sprache und Gesprochenes fehlt hier absolut für eine sinnvolle Schauspielausbildung, auch scheinst Du Dich bisher weder mit klassischer Literatur noch mit historischen Filmen oder Theaterstücken jemals freiwillig konfrontiert zu haben. Das ist sehr schlecht für eine Anwärterin auf die Schauspielschule. SPRACHE ist Dein erstes Medium, wenn Du spielen willst. Shakespeare (auch im englischen Original!!) sollte eine Deiner Leidenschaften sein, Du solltest Dich hier zumindest aufgeschlossen interessieren!

Du bist zu jung und unerfahren, um beurteilen zu können, wozu man diese "altertümliche" Sprache braucht, was die Beschäftigung damit lehrt und auf welche Weise sie Dein Sprachvermögen, Sprachtechnik, Artikulation, aber auch Dein Spiel, Deine Mimik und Körpersprache fördert.

Was Du Dir unter "Schauspielen" vorstellst, wird für Seifenopern, Billigproduktionen reichen. Wer ernsthaft Schauspieler werden will, sollte hier ein leidenschaftliches Interesse mitbringen, sich auch mit dem klassischen Theater zu beschäftigen.

Eine kleine Info für Dich: WEIL man in der Schauspielschule bezügl. Theater anhand der ganz großen Rollen und Texte eine sehr fundierte sprachl. Ausbildung erhält, werden insbsondere Leute, die vom Theater kommen, für große Filmrollen sehr gern genommen - sie sind besser ausgebildet und haben durch das "übertriebene" Theaterspiel, wie Du es nennst, ein ganz anderes Sprach- und Darstellungsvermögen. Sie verfügen über Techniken, die jeder Filmrolle Brillianz verleihen.

JEDER ausgebildete Schauspieler kann die "Deutlichkeit" seines Spiels je nach Rolle, Anlass und gefragtem Ausdruck sehr fein justieren, sie forcieren, überziehen oder zurücknehmen - aber jemand, der nur Film kennengelernt hat, könnte nicht Theater spielen.

Du willst nicht Schauspielerin werden. Du willst das Image haben, das Du in "modernen" Serien und Filmen bei Schauspielern wahrnimmst. Dass Dir der Sinn für die Schönheit, die Genialität und Ausdruckskraft historischer Dramen, Texte und Charaktere so völlig fehlt, ist nicht gerade ein Zeichen für das Vorhandensein der Art von Sensibilität und Bewusstheit, die ein Schauspieler zwingend mitbringen sollte.

Du solltest über Deinen Berufswunsch nachdenken - vielleicht muss es doch nicht ausgerechnet eine künstlerische Ausbildung sein, solange Du die größte hierin enthaltene Kunst nicht begreifst.

Auch in Herr der Ringe und dem Hobbit wurde mit einer solchen Sprache gearbeitet. Nicht bemerkt? Warum nicht? Es ist deutlich hörbar, in jeder Szene! Sieh Dir den 2. Hobbit mal im englischen Original an! Abgesehen von den Stimmen, die phantastisch sind (Thorin / Richard Armitage und Thranduil / Lee Page, ear-candy!!) stimmen hier dann auch Ausdruck und Worte überein und der gesamte Ausdruck des Charakters wird viel dichter.

DAS ist gewaltig gegen die deutsche Synchronisation, die dagegen absolut schwach rüberkommt. Beide, Lee Page und Richtard Armitage, sind nicht zufällig THEATER-Profis. Das ist zum Niederknien. Es wäre für jeden Schauspieler eine Gnade und Ehre und künstlerische Chance, diese Thranduil-Texte sprechen zu dürfen. Oder Hamlet. Oder Oberon oder Titania. Und wie ärgerlich, wenn man den Umgang damit nie gelernt hat, weil man sich dafür "zu modern" fühlt. Was im Grunde heißt: Man hatte kein Bock drauf. Oder schlichtweg nicht das Talent und die Seele dafür.

Dein Bewusstsein für Sprachliches scheint nicht sehr ausgeprägt zu sein. Auch beim deutschen Film brauchen wir ganz dringend viel mehr gute Sprecher - bisher kommen die überwiegend vom Theater.

Als Bühnenschauspielerin schalte ich grundsätzlich weg, wenn in "modernen" Filmen oder Serien insbesondere die jüngeren Darsteller nicht wissen, wie man spricht - und dadurch dann ihre Rolle versemmeln und nicht ansatzweise rausholen, was drin steckt. Ich empfinde das als nicht zumutbar - auf dem Hintergrund meines Wissens darum, WIE GUT man sowas sprechen "könnte" - wenn man es denn gelernt hat.

Du müsstest einmal bei Sprechproben mit dabei sein, wenn Theater-Schauspieler ihre Charktere über denText erarbeiten. Wenn man hier den Prozess von ersten experimentellen "Entwürfen" bis hin zur Verschmelzung von Text und Rolle verfolgt erhält man einen Eindruck davon, wo hier sprachliches und darstellerisches Talent ansetzt - und dass es trainierte Techniken braucht, damit aus theoretischen Rollenentwürfen lebendige Charaktere werden. Diese lebendigen Charaktere findet man nicht in den deutschen Soap-Operas, weil hier aus Kostengründen kaum befähigte Darsteller beschäftigt werden.


holodeck  22.05.2014, 16:30
Jedem talentierten Schauspieler mit gutem Gespür für die Schönheit von Sprache schießen die Tränen in die Augen ..

Du sagst es.
Und jedem empfindsamen Zuschauer/Zuhörer auch.

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Nein, ich verstehe nicht, was du meinst.

Die Typen mit dem Fernsehkram haben weit überwiegend gar keine Schauspielschule besucht, sondern spielen immer sich selbst. Eine Sprache, die heute nicht mehr üblich (???) ist, beherrschen sie meist auch nicht, nicht einmal korrektes Hochdeutsch von heute, sondern nuscheln, was das Zeug hält.

Ein Schauspieler, der auf der Schauspielschule das gesamte Handwerkszeug und die ganze Bandbreite der Darstellung lernen will, findet weder die Sprache unüblich, noch die Reaktionen überzogen, sondern möchte sich in die Personen einfühlen, die so sprachen und so fühlten, und sie dem Publikum begreiflich, verständlich machen. Dafür begeistert er sich.

Wenn dich das nicht begeistert, lass das Projekt Schauspielschule fallen.


Lackaffe 
Beitragsersteller
 27.08.2011, 15:54

Also, jetzt tue nicht so, als sei das eine Sprache, mit der heute jedermann vertraut ist. Oder spricht man heute etwa noch so? Für die heutige Zeit ist das eine unübliche Sprache! Ein hessischer Dialekt ist für jemanden aus Bayern oder generell für Bayern auch unüblich!! Natürlich ist das eine schöne Sprache, nur leider nicht so leicht nach zu empfinden, wenn man eigentlich eine andere Sprachmelodie gewohnt ist. Ich sage ja nicht, dass das grundsätzlich schlecht ist, ich wollte doch nur ein paar Tipps, wie man damit besser zurecht kommen kann!! Immer diese Leute, die auf allem herumhacken müssen!

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Lackaffe 
Beitragsersteller
 27.08.2011, 15:57
@Lackaffe

ach und noch etwas: wenn Du Dich mit Theater usw auskennst, dann müsstest Du wissen, dass man anders Theater spielt, als in Filmen oder im richtigen Leben. Im Theater sind Dinge meistens überzogener dargestellt! Das ist ja auch gut so! Aber im alltäglichen Leben, würde man sich nicht so verhalten, da sind die Handlungen viel nüchterner und reservierter!

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cyberoma  27.08.2011, 22:46
@Lackaffe

Du hast immerhin an Sprache und Reaktionen der klassischen Stücke rumgenörgelt. Dabei liegt das Problem bei dir, du kannst sie anscheinend nicht nachempfinden. Wenn du sie so gering einschätzt, dass du sie nur "wohl oder übel" hinnimmst, um die Aufnahmeprüfung zu bestehen, und wenn du eigentlich nur "moderne Rollen und Fernsehkram" spielen willst, was willst du dann auf einer Schauspielschule?
Meine Antwort ist so, weil deine Frage so war.

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Lackaffe 
Beitragsersteller
 28.08.2011, 12:40
@cyberoma

Ich hab halt bis jetzt nur Erfahrung mit modernen Rollen usw gehabt. Wer sagt, dass ich an den klassischen Stücken nicht auch Freude finden werde? Aber um das zu können, muss ich erstmal wissen, wie ich so eine Rolle am besten spiele.

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rosehip  22.05.2014, 16:16
@Lackaffe

Die Basis jeden Rollenverständnisses ist: ERNSTHAFTES INTERESSE. Am Charakter, an der Zeit, in der dieser Charakter agiert - und an seiner entsprechenden Sprache und seinem sozialen, kulturellen und historischen Hintergund. Hast Du ein sprachliches Talent und ein allgemeines historisches Interesse (sollte ein Schauspieler mitbringen!), bist Du autoamatisch interessiert. Bist Du das nicht, dann solltest Du Dich auf beides kritisch prüfen.

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Lackaffe 
Beitragsersteller
 11.06.2014, 03:05
@rosehip

Nur weil man sich profilieren will, sollte man keine drei Jahre alte Diskussion aufwärmen. ^^

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Und wieder jemand, der absolut keinen Plan davon hat, was es tatsächlich heißt, schauspiel zu lernen. Impro und große Szenen die eine tolle wirkung haben kann jeder volltrottel.

Beim spielen muss es darum gehen zu berühren, voll drin zu sein...ganz gleich aus welcher zeit der text stammt oder wie komisch er einem beim lesen vorkommt...der inhalt ist doch der, der berührt und wenn er das tut, dann ist es egal wie die Wortwahl ist, oder ob er "altmodisch" oder "überzogen" ist.

Was die Sprache angeht: Sprich den Text auf Sinn. Kümmere Dich nicht ums Versmaß. Das Versmaß trägt Dich von allein, ohne dass Du es bedienst; es überhöht Deine Position als Sprecher, es hebt Dich aus dem Alltäglichen heraus und das ist großartig - genieße es!
Fang aber nicht an, den Text im Rhythmus des Versmaßes zu sprechen, sonst schlafen die Zuhörer ein.

Was die "überzogenen Reaktionen" angeht: Was meinst Du damit? Findest Du Hamlets Reaktionen auf die Mitteilung, dass sein Vater vom eigenen Bruder ermordet wurde und seine Mutter jetzt jede Nacht mit dem Mörder ins Bett steigt, überzogen? Wenn Dir der Geist Deines toten Vaters um Mitternacht mit einer solchen Botschaft erschiene, würdest Du lockerer bleiben?
Wenn Du einen jungen Mann über alles liebst und ihn beim Aufwachen vergiftet neben Dir findest, würdest Du dann im Gegensatz zu Julia sagen: "Hach, das ist ja blöd, Romeo" oder wie?

Wenn Du eine Reaktion überzogen findest, hast Du vielleicht die Szene, die Rolle oder das Stück noch nicht richtig verstanden. Lies es noch mal neu. Du kannst normalerweise davon ausgehen, dass ein Stück, das seit Jahrhunderten erfolgreich aufgeführt wird, ziemlich gut ist. Wenn Dir also etwas daran als schlecht erscheint, liegt es meistens nicht am Stück, sondern an Deinem noch fehlenden Zugang.


Lackaffe 
Beitragsersteller
 27.08.2011, 17:05

Nein, ich meine nicht die Reaktionen an sich überzogen, aber es klingt halt alles ein bisschen so, aufgrund der Sprache und generell wird beim Theater ja alles immer ein wenig überzogener dargestellt, als man sich in Wirklichkeit verhalten würde. Aber danke für Deine Antwort, hat mir geholfen. :)

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hab die restlichen antworten nur überflogen...ich machs kurz und konstruktiv:) vertraue deinem kritischen zugang (aber bleibe konstruktiv;)! du musst nicht "eins mit der figur" werden, also uns nicht die vollständige illusion bieten können - jedoch deine rolle darin (deine positionierung in text, von dir als heutiger mensch) glaubhaft spielen;). da darf ruhig eine differenz von dir und dieser rolle, was sie in der situation sagt und du nicht zu 100% teilst, erkennbar sein - wenn du diesen doppelausdruck, diese gratwanderung schaffst - hut ab. es ist nur sehr subtil herzustellen...da ist praktisch kein zeigen/demonstrieren des gemeinten dabei. zu den übertriebenen reaktionen: halte dich genau an die situation - versuche du sie zu verstehen und halte dich dann an die sprache...ich glaube dann nimmt der glaube, da grosse gestik schwingen zu müssen ab (z.B. kann eine dreifache wortwiederholung (3mal He du!) ja ein bruch,gedankl. umbruch sein und nicht nur die steigerung in eine richtung - probier aus:) - ich glaube wichtig wird sein, dass dein spiel und du lebendig bleiben auf der bühne, du die anbindung zu dir nicht verlierst (also meinst, was du sagst) - hab den Mut dazu - viel glück!