Sind selbst-Diagnosen "valid"?

2 Antworten

Ich beantworte erstmal nur die Frage im Titel (und ich werde mich speziell auf Autismus fokusieren, da ich mich damit am besten auskenne):

Jein. Es kommt meiner Meinung nach auf zwei Faktoren an.

  1. Das Land, in welchem du lebst. Es gibt Länder, die keine (verpflichtenden) Krankenkassenbeiträge haben oder bei denen nur wenig übernommen wird. Solche Diagnosen können dann auch schon mal sehr teuer werden
  2. Wie gut du dich über die Thematik informiert hast. Auf Tiktok rumlungern und den Wikipedia-Artikel zu lesen reicht definitiv nicht aus. Eine jahrelange Beschäftigung mit den Themen ist sehr empfehlenswert. Das heißt: Die passenden Bücher lesen, die passenden YouTuber schauen (am besten von ärztlich diagnostizierten Autisten), auf den richtigen Seiten schauen, in den entsprechenden Gruppen ungerwegs sein, viel mit Autisten (o.Ä) sprechen. Viel hinterfragen, selbst reflektieren. Man muss auch seine Vergangenheit extrem reflektieren können und sein Verhalten.

Das heißt: Ja, unter gewissen Vorraussetzungen finde ich, dass eine Selbstdiagnose valide ist, jedoch nicht so valide wie die von einem spezialisierten Psychiater oder Psychologen. Es ist wichtig, in solch einem Falle immer zu erwähnen, dass man selbstdiagnostiziert ist - Meiner Meinung nach. Man kann sich nämlich - auch nach all so viel Recherche etc. - nie zu 100% sicher sein. Zu sagen "man ist definitiv Autist o.Ä" wäre in meinen Augen falsch.

Aber ich finde halt auch nicht, dass Selbstdiagnosen und die Leute, die sie anwenden, alle verteufelt werden sollten. Vielmehr sollte das von Person zu Person entschieden werden. Wer denkt, auf Tiktok wissenschaftlich fundierte Informationen über die entsprechende Behinderungen/Störung etc. zu bekommen, der liegt halt ganz klar falsch. Oder solche, die denken, weil die Schwiegertochter vom Chef einen Sohn mit Autismus hat, wüssten sie nun alles darüber und könnten sich selbst diagnostizieren.

Wie gesagt: Selbstdiagnosen sollten - in meinen Augen - niemals so viel Gewicht tragen, wie die von einem Fachmann.

Die Sache ist auch die: Oftmals "wollen" Leute unbedingt diese eine Behinderung/Störung etc. Da kann es passieren, dass sie jeden noch so kleinen Charakterzug, der angeblich - laut den Tiktok-Experten, husthust - etwas mit z.B Autismus zu tun hat, ganz groß ausschmücken und sich dann sagen: "Ja, ich habe definitiv Autismus!"

Man übersieht auch (absichtlich) die Tatsache, dass man eine andere Störung etc. haben könnte, wenn man sich auf z.B Autismus eingeschossen hat. Man will unbedingt Autist/Autistin sein, weil das "trendy" ist, weil "gefühlt jeder Zweite das hat" oder weil diese Menschen ein völlig falsches Bild von Autismus haben. (Ein durchweg Positives, womit ich nicht ausdrücken möchte, dass Autismus etwas Negatives ist.)

Alles in einem bin ich da auch skeptisch. Besonders bei (teils Troll-)Fragen hier auf gutefrage über das Thema. Bin ich Autist weil dies, bin ich Autist weil das, ist mein Kumpel Autist, ist meine Kollegin Autistin, ist mein Hund autistisch, autismustritratrullala.

Ich meine, ich habe Leute gesehen die sich selbst als autist betiteln .

Weißt du denn, ob diese Leute selbstdiagnostiziert waren? Vielleicht hatten sie ja tatsächlich eine fachärztliche Diagnose.

Nein, natürlich nicht.

Wenn es nach Tiktok ginge, hätte auch jeder Zweite Tourette. 😉