René Descartes: "Ich denke, also bin ich"?

8 Antworten

Descartes geht davon aus, dass wir Menschen im Grunde nichts sicher über die Welt wissen können. Schließlich nehmen wir sie bloß über unsere Sinne wahr, und denen können wir nicht blind vertrauen (z.B. gibt es ja optische Täuschungen). MIT EINER AUSNAHME: Wenn man denkt, kann man sich sicher sein, dass man existiert. Wenn ich in diesem Moment etwas denke, geschieht das auch wirklich. "Ich denke, also bin ich" ist demnach ein Beweis für die eigene Existenz.


rompi  13.01.2011, 15:48

Deine eigene Interpretation?

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Insurgentes  14.02.2011, 19:25
@rompi

Mh, eigentlich so in Philo gelernt... Du verunsicherst mich ;-)

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Descartes versucht in der 2. Meditation, als Grundlage etwas Unbezweifelbares aufzuweisen. Wenn/solange ich zweifle, ist kein Zweifel möglich, dass ich zweifle und ich es bin, der zweifelt. Das Denken erfaßt unmittelbar: Denken schließt eine Existenz des in diesem Augenblick Denkenden ein und wer tatsächlich in einem Augenblick denkt, muss daher existieren. „Ich bin, ich existiere; das ist gewiss.“ (lateinisch: Ego sum, ego existo, certum est.); später auch: „Ich denke, also bin ich.“ (Ego cogito, ergo sum.)

Damit ist ein erster unbezweifelbarer Satz aufgestellt. Er ist ein beispielhafter Maßstab für richtiges Wissen. Als wahr kann gelten, was ähnlich wie dieser Satz klar und deutlich erfasst wird.

René Descartes versteht Ideen als mentale Akte (geistige Tätigkeiten), die Gegenstände repräsentieren. Die Bildung eines wahren Urteils setzt die Bildung einer richtig repräsentierenden Idee voraus. Descartes zufolge liegt dies nur vor, wenn eine klare und distinkte (deutliche) Idee gebildet wird. Nach den Meditationes 3, 2 wird als allgemeine Regel für Evidenz aufgestellt: wahr ist alles, was ich sehr klar und deutlich erfasse (Illud omne verum est, quod valde clare & distincte percipio).

klar: dem aufmerksamen Geist gegenwärtig und offenkundig

deutlich: bei Voraussetzung der Stufe der Klarheit von allen übrigen Dingen so getrennt und unterschieden, daß sie gar keine andern als klare Merkmale in sich enthalten, die Vorstellung/Idee ist nicht nur in ihrem Gehalt richtig erfaßt, sondern auch unvermischt mit anderem allein in ihrer eigenen Tätigkeit gesehen (Principia 1, 45)

Réne Descartes hat das Wissen der Prüfung durch einen methodischen Zweifel unterworfen.

Dieser hat mehrere Stufen:

1) Grundlage: Beruhen Meinungen auf einer zuverlässigen Grundlage oder stützen sie sie sich auf unzuverlässige Informationen der Sinneswahrnehmung?

2) Zustand: Befinden sich Menschen bei ihren Meinungen in einem Zustand des Wachseins oder des Träumens?

3) Autonomie: Sind die Meinungen die eines unabhängigen Subjekts oder eines Spielballs eines bösen Geistes?

Was für richtig gehalten wird, ist durch die Sinneswahrnehmung oder über sie vermittelt empfangen worden, die Sinneswahrnehmung kann aber täuschen, daher ist es nicht klug, ihr ganz zu vertrauen.

Die Existenz von etwas kann nur eingebildet sein und es fehlt ein zuverlässiges Mittel, Wach- und Traumzustand auseinanderzuhalten, solange nichts mit Gewissheit feststeht. Ein übermächtiges und verschlagenes Wesen könnte Menschen täuschen, auch durch Einwirkung auf den Verstand.

Die Erkenntnis der eigenen Existenz ergibt sich als einzige einfach aus einem „ich denke“ und hält auch einem radikalen Zweifel stand, weil dieser Zweifel ja selbst eine eigene Denktätigkeit ist.

Die Erkenntnis der eigenen Existenz ist nach der vom Descartes vertretenen philosophischen Ansatz nicht nur eine einfache private Intuition, sondern kann aufgrund allgemein erklärbarer Gründe Geltung beanspruchen. Die Denktätigkeit beim „ich denke“ (cogito) enthält allgemeine und begriffliche Bestimmungen und deren allgemein-notwendiges Verhältnis mit. Aus dem Ichvollzug folgt das Wissen um die Existenz des Ich und umgekehrt wäre das Ich nicht existent, wenn es nicht dächte. Daher existiert das Ich nur, wenn es denkt, und es denkt nur, wenn es existiert. Für das Ich ist im Denken sein Existieren gedanklich-notwendig inbegriffen. Im Begriff eines Denkenden ist in allen möglichen Fällen der seiner Existenz miteingeschlossen bzw. vorausgesetzt. Zu jeder Zeit und in alle möglichen Welten ist der Vollzug des Denkens nicht vom Begriff der Existenz abtrennbar (Anwendung des Satzes vom zu vermeidenden Widerspruch).

Als Hilfe können Bücher zu Descartes in einer Bibliothek nützlich sein, z. B.:

Geneviéve Rodis-Lewis, René Descartes. In: Frankreich und Niederlande (Grundriss der Geschichte der Philosophie. Begründet von Friedrich Ueberweg. Völlig neu bearbeitete Ausgabe. Herausgegeben von Helmut Holzhey. Die Philosophie des 17. Jahrhunderts – Band 2/1). Herausgeben von Jean-Pierre Schobinger. Basel : Schwabe, 1993, S. 305 - 315

Dominik Perler, René Descartes. Original-Ausgabe, 2., erweiterte Auflage. München : Beck, 2006( Beck'sche Reihe : Denker ; 542), S. 68 – 82 (Der methodische Zweifel) und S. 139 – 148 (Das Cogito-Argument)

Rainer Schäfer, Zweifel und Sein : der Ursprung des modernen Selbstbewusstseins in Descartes' cogito. Würzburg : Königshausen & Neumann, 2006, S. 161 – 166 (Das Erlebnis des Ichgedankens: Selbstbewusstsein als reiner Gedanke und als zeitliches Erlebnis)


rolfmengert  14.01.2011, 10:30

Sehr profunde und vollständige Antwort. Da hat man doch einmal eine Bestätigung, dass dieses Forum einen echten Wert hat.

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berkersheim  13.01.2011, 19:03

Ergänzung Albrecht - historisch:

Wikipedia (Cogito ergo sum): "Vor Descartes hatte bereits Augustinus in seinem Gottesstaat (XI, 26) mit der unmittelbaren Selbstgegebenheit des Denkenden argumentiert:[1] „Si enim fallor, sum. Nam qui non est, utique nec falli potest. Ac per hoc sum, si fallor. Quia ergo sum, si fallor, quomodo esse me fallor, quando certum est me esse, si fallor?“ („Selbst wenn ich mich täusche, bin ich. Denn wer nicht ist, kann sich auch nicht täuschen. Und demnach bin ich, wenn ich mich täusche. Weil ich also bin, wenn ich mich täusche, wie sollte ich mich über mein Sein täuschen, da es doch gewiss ist, dass ich bin, gerade wenn ich mich täusche?“)"

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Ich denke er will damit sagen, dass egal was passiert, egal wie viel Geld man aht, egal wie viele Freunde etc.... das Wichtigste ist dass man ein Mensch ist und man ist ein Mensch wenn man denken kann. So lange ich denken kann, bin ich, lebe ich... so langei ch denken kann , ist alles gut...

Descartes geht davon aus, dass Denken - im Gegensatz zu allen anderen Sinneseindrücken - keine Täuschung sein könne. Man erkennt daran seine Existenz. Das hättest du aber auch mit der Suchfunktion rausfinden können. Das haben schon Leute gefragt.

Ich denke also bin ich? Soweit so gut aber WAS bin ich und vorallem WIE. "Ich denke also bin ich" ist doch Stammtischgeschwätz und greift zu kurz bei der Analyse der Art und Weise wie Dinge existieren, nämlich über die Annahme, dass doch wenigstens mal der Analysierende wahre bedingungslose intrinsiche Existenz besitzen müsse. Jedoch ohne jede Begründung wieso aus dem Einen das Andere folgt, eine bequeme Annahme, Glaube keine Gewissheit.


alexnagel81  14.01.2011, 12:44

Sorry, aber bei solchen Antworten denke ich öfters: "Warum gibt es keine "Daumen runter" - Funktion?"

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wiesudenblus  14.01.2011, 13:52
@alexnagel81

An deiner Meinung zur Sache wäre ich mehr interresiert. Gute Argumente? Dann immer her damit.

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