Ramadan als Nichtmuslimin?
Kann man als gläubiger Christ auch für einige Tage Ramadan ausprobieren? Also verträgt sich das mit dem Christentum? Ich bin dem Islam sehr offen gegenüber und interessiere mich dafür, trotzdem bin ich Christin und frage mich, ob ich auch so streng fasten kann oder es ausprobieren kann, da mir die Grundidee des Ramadan gefällt. Und was würden Muslime dazu sagen? Also fänden sie das gut oder eher unnötig?
15 Antworten
was die Sunniten dazu sagen, ist erstmal ziemlich wurscht. Denn eigentlich solltest du wissen, dass es in deiner eigenen Religion, dem Christentum, eine weitaus ältere Tradition der Fastenzeiten gibt.
Das wird vor allem in der katholischen Kirche und der Orthodoxie gepflegt: die Hauptfastenzeit war von Aschermittwoch bis Ostern (ausschließlich). Und unter Fasten war nicht das gesundheitsschädliche zeitverschobene Essen der Sunniten gemeint, sondern: Man aß in der Fastenzeit eine einzige, bescheidene fleischlose Mahlzeit, und man erlaubte sich auch keine Näschereien, Lieblingsspeisen oder andere Sachen - es diente dazu, seine animalischen Triebe eine Weile bewußt wahrzunehmen und in den Griff zu kriegen, man verzichtete auf die guten Seiten des Lebens, die man sonst für ganz selbstverständlich konsumiert.
Mönche, Nonnen und besonders fromme Laien machten sogar strenges Fasten - also mal eine gewisse Zeit, eine Woche lang oder so, gar nichts essen, nur Wasser trinken. Traditionell: Jesus 30 tägige Fastenzeit in der Wüste. Also das christliche Fasten ist eine geistige Übung über einen gewissen Zeitraum, während die Ramadan-Praxis ein völlig aberwitziges, gesundheitsschädliches zeitverschobenes Nachtfressen ist.
Wenn du als Christ Fasten möchtest, halte dich ans Kirchenjahr. Faste ganz bewußt in der Fastenzeit, und lies im Evangelium dazu.
Du kannst auch persönliche Fastenzeiten (eine Woche) dir auferlegen, um dich von schlechten Gefühlen, von Sündenbewußtsein zu reinigen oder, wenn du zb um etwas bittest, deinem Bittgebet stärkere Macht zu verleihen.
Du kannst auch christlich fasten. Es ist wirklich sehr hilfreich, man widersteht dem Körper und bringt ihn sozusagen "zum schweigen". Währenddessen konzentriert man sich mehr aufs Beten und seine Beziehung mit Gott. Man kann auch mit bestimmten Zielen fasten, z.B. mehr Selbstlosigkeit oder mehr Nächstenliebe usw. zu entwickeln. Wenn man aber einfach nur fastet ohne die Zeit Jesus zu widmen, nennt man es letztenendlich bloß Hunger haben.
Du kannst auch als Christ fasten. Warum ist das weniger wert?
Das, was du ansprichst, nennt sich Synkretismus. Das ist die Vermischung von Glaubensinhalten verschiedener Religionen. Dieses Phänomen hat es schon immer gegeben, auch bei den monotheistischen Religionen.
Was sollte denn dagegen sprechen, sich am Ramadan zu beteiligen? Wenn dich der Islam interessiert, steht es dir doch völlig frei, dich auch an einzelnen Ritualen zu beteiligen. Ich kenne Christen, die an jüdischen Festen wie Chanukkah teilnehmen und sogar in die Synagoge gehen. Umgekehrt gibt es zum Beispiel in Israel häufig Gebetszeremonien, an denen Christen und Muslime gemeinsam teilnehmen. Bei diesen Veranstaltungen wird aus dem Neuen Testament und dem Koran gemeinsam vorgelesen.
Jeder Gläubige sollte sein religiöses Leben so gestalten, dass er sich selbst damit wohlfühlt.
Ich verstehe nicht, wie man auf solche Fragen kommen kann. Als ob Fasten im Christentum verboten wäre.
Selbst ein Atheist darf fasten! Er wird es nur nicht tun, jedenfalls nicht auf diese Weise. Wenn schon, warum dann nicht auf vernünftige Art fasten?